p2b_504.001 sich auf den mit dem Rhythmus verbundenen Tanz und auf die Chöre; der p2b_504.002 Dialog wurde recitativartig vorgetragen &c.
p2b_504.003 Unser Melodrama schreibt sich aus dem vorigen Jahrhundert her. Die p2b_504.004 erste Anregung zu demselben gab J. J. Rousseau, dessen Pygmalion lediglich p2b_504.005 ein von Musik begleiteter, dramatisch gehaltener Monolog war. Nach diesem p2b_504.006 Vorbild bearbeitete in Deutschland der Schauspieler Brandes (+ 1799 in p2b_504.007 Berlin) die Kantate Ariadne auf Naxos von Gerstenberg, um seiner in der p2b_504.008 lyrischen Deklamation bedeutenden Frau eine Glanzpartie zu schaffen. Die p2b_504.009 stimmungsvolle begleitende Musik lieferte ihm G. Benda, und dieser wurde p2b_504.010 somit der erste Begründer des musikalischen Teils unseres Melodramas.p2b_504.011 Es folgten nun bis in die Neuzeit viele Melodramen, von denen p2b_504.012 folgende bekannter geworden sind: Gotters Medea (mit Bendas Begleitung); p2b_504.013 Meißners (und Neefes) Sophonisbe, Lichtenbergs (und Voglers) Lampedo;p2b_504.014 Ramlers Cephalus und Prokris, Rambachs Theseus auf Kreta, Kaffkas p2b_504.015 Rosamunde, W. v. Gerstenbergs Minona, Bertuchs Polyxena, G. Conrads p2b_504.016 (Prinz Georgs von Preußen) Phädra, Gubitz' (und B. A. Webers) p2b_504.017 Sappho, Heinrich Drehers (Musik mit Einflechtung von Melodien zu Körner'= p2b_504.018 schen Liedern von Rich. Genee) Theodor Körner, Albertis (und Reineckes) p2b_504.019 Der Mutter Gebet u. a.
p2b_504.020 Schauspieler, die in der Deklamation glänzen wollten, veranlaßten auch p2b_504.021 melodramatische Bearbeitung episch=lyrischer Gedichte, z. B. Der Gang nach dem p2b_504.022 Eisenhammer von Ans. Weber; Die Glocke, Die Bürgschaft &c. von P. Lindpaintner; p2b_504.023 Der Taucher von Uber; Klopstocks Frühlingsfeier von Zumsteeg; p2b_504.024 die Balladen: Der Heideknabe, Die Flüchtlinge, Schön-Hedwig von Schumann; p2b_504.025 Bürgers Lenore von Liszt u. a.
p2b_504.026 Aber auch in Schauspiele und in Opern schob man episodische melodramatische p2b_504.027 Scenen ein, die sich von vortrefflicher Wirkung erwiesen, namentlich, p2b_504.028 wenn es galt, durch die Musik den dunkeln schlummernden Empfindungen p2b_504.029 Raum zu gewähren und einen weihevollen, stimmungsreichen Eindruck zu schaffen. p2b_504.030 Vorzügliche Verwendung fand das Melodrama in dieser Beziehung in der Preziosa, p2b_504.031 und im Freischütz durch Weber; in der Kerkerscene der Oper Fidelio p2b_504.032 durch Beethoven; in Struensee durch Meyerbeer; im Sommernachtstraum durch p2b_504.033 Mendelssohn; ferner am Schlusse von Egmont, wo die Musik den Tod Egmonts p2b_504.034 verklärt und seinen letzten Schlaf versüßt. Auch Schumann fügte vielen p2b_504.035 Stellen des Byronschen Manfred (z. B. Erscheinung der Geisterfee &c.) melodramatische p2b_504.036 Musikbegleitung ein u. s. w.
p2b_504.037 Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß das Melodrama (in welchem - p2b_504.038 nach Bouterwecks Ästhetik - zwei das gleiche Ziel erstrebende Künste mit besonderer p2b_504.039 Höflichkeit einander Platz machen, wenn die eine der andern in den p2b_504.040 Weg tritt) in unserer Gegenwart zu den unpopulären Gattungen gehört, da p2b_504.041 wir für Steigerung des Gefühls die Rede lieber mit dem Gesang vertauschen. p2b_504.042 Jndes wird das Melodrama immerhin hervorragenden Deklamatoren erwünscht p2b_504.043 bleiben, wie es denn auch unzweifelhaft für angehende dramatische Komponisten p2b_504.044 ein vorzügliches Mittel zur Erreichung der Befähigung ist, die Musik von einer
p2b_504.001 sich auf den mit dem Rhythmus verbundenen Tanz und auf die Chöre; der p2b_504.002 Dialog wurde recitativartig vorgetragen &c.
p2b_504.003 Unser Melodrama schreibt sich aus dem vorigen Jahrhundert her. Die p2b_504.004 erste Anregung zu demselben gab J. J. Rousseau, dessen Pygmalion lediglich p2b_504.005 ein von Musik begleiteter, dramatisch gehaltener Monolog war. Nach diesem p2b_504.006 Vorbild bearbeitete in Deutschland der Schauspieler Brandes († 1799 in p2b_504.007 Berlin) die Kantate Ariadne auf Naxos von Gerstenberg, um seiner in der p2b_504.008 lyrischen Deklamation bedeutenden Frau eine Glanzpartie zu schaffen. Die p2b_504.009 stimmungsvolle begleitende Musik lieferte ihm G. Benda, und dieser wurde p2b_504.010 somit der erste Begründer des musikalischen Teils unseres Melodramas.p2b_504.011 Es folgten nun bis in die Neuzeit viele Melodramen, von denen p2b_504.012 folgende bekannter geworden sind: Gotters Medea (mit Bendas Begleitung); p2b_504.013 Meißners (und Neefes) Sophonisbe, Lichtenbergs (und Voglers) Lampedo;p2b_504.014 Ramlers Cephalus und Prokris, Rambachs Theseus auf Kreta, Kaffkas p2b_504.015 Rosamunde, W. v. Gerstenbergs Minona, Bertuchs Polyxena, G. Conrads p2b_504.016 (Prinz Georgs von Preußen) Phädra, Gubitz' (und B. A. Webers) p2b_504.017 Sappho, Heinrich Drehers (Musik mit Einflechtung von Melodien zu Körner'= p2b_504.018 schen Liedern von Rich. Genée) Theodor Körner, Albertis (und Reineckes) p2b_504.019 Der Mutter Gebet u. a.
p2b_504.020 Schauspieler, die in der Deklamation glänzen wollten, veranlaßten auch p2b_504.021 melodramatische Bearbeitung episch=lyrischer Gedichte, z. B. Der Gang nach dem p2b_504.022 Eisenhammer von Ans. Weber; Die Glocke, Die Bürgschaft &c. von P. Lindpaintner; p2b_504.023 Der Taucher von Uber; Klopstocks Frühlingsfeier von Zumsteeg; p2b_504.024 die Balladen: Der Heideknabe, Die Flüchtlinge, Schön-Hedwig von Schumann; p2b_504.025 Bürgers Lenore von Liszt u. a.
p2b_504.026 Aber auch in Schauspiele und in Opern schob man episodische melodramatische p2b_504.027 Scenen ein, die sich von vortrefflicher Wirkung erwiesen, namentlich, p2b_504.028 wenn es galt, durch die Musik den dunkeln schlummernden Empfindungen p2b_504.029 Raum zu gewähren und einen weihevollen, stimmungsreichen Eindruck zu schaffen. p2b_504.030 Vorzügliche Verwendung fand das Melodrama in dieser Beziehung in der Preziosa, p2b_504.031 und im Freischütz durch Weber; in der Kerkerscene der Oper Fidelio p2b_504.032 durch Beethoven; in Struensee durch Meyerbeer; im Sommernachtstraum durch p2b_504.033 Mendelssohn; ferner am Schlusse von Egmont, wo die Musik den Tod Egmonts p2b_504.034 verklärt und seinen letzten Schlaf versüßt. Auch Schumann fügte vielen p2b_504.035 Stellen des Byronschen Manfred (z. B. Erscheinung der Geisterfee &c.) melodramatische p2b_504.036 Musikbegleitung ein u. s. w.
p2b_504.037 Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß das Melodrama (in welchem ─ p2b_504.038 nach Bouterwecks Ästhetik ─ zwei das gleiche Ziel erstrebende Künste mit besonderer p2b_504.039 Höflichkeit einander Platz machen, wenn die eine der andern in den p2b_504.040 Weg tritt) in unserer Gegenwart zu den unpopulären Gattungen gehört, da p2b_504.041 wir für Steigerung des Gefühls die Rede lieber mit dem Gesang vertauschen. p2b_504.042 Jndes wird das Melodrama immerhin hervorragenden Deklamatoren erwünscht p2b_504.043 bleiben, wie es denn auch unzweifelhaft für angehende dramatische Komponisten p2b_504.044 ein vorzügliches Mittel zur Erreichung der Befähigung ist, die Musik von einer
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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