p2b_514.001 4. Gluck begründete nach 1750 eine eigentlich dramatische Oper, p2b_514.002 die mit der bis dahin vorwiegend lyrischen Richtung brechend, den p2b_514.003 Schwerpunkt in die Dichtkunst (d. i. in die Macht und Wahrheit des p2b_514.004 Ausdrucks) verlegte. Zur Blüte wurde die Oper durch Mozart gebracht, p2b_514.005 der italienische Melodik mit deutscher Charakteristik und Tiefe zu verbinden p2b_514.006 wußte. Karl Maria v. Weber ist der Schöpfer der romantischen p2b_514.007 Oper. Der Vollender der deutschen Oper durch Begründung p2b_514.008 eines deutsch=nationalen Musikdramas ist Richard Wagner.
p2b_514.009 1. Entstehung der Oper in Jtalien. Die Oper verdankt ihr Dasein p2b_514.010 keiner organischen, völkerpsychologischen Notwendigkeit, wie das Drama, p2b_514.011 sondern der geistreichen Spekulation hervorragender Gelehrter und Künstler der p2b_514.012 Renaissance. Als die Menschheit durch Zurückführung auf die klassischen Werke der p2b_514.013 Alten wieder neuen Lebensstoff erhielt und sich eine Befreiung des künstlerischen p2b_514.014 Anschauens von dem Banne des kirchlichen Dogmas und der Scholastik durch p2b_514.015 eine geschmackvolle Verweltlichung der Kunstidee nach dem Muster der Antike p2b_514.016 vollzog, waren es vor allem die klassischen Tragödien der Griechen, welche zur p2b_514.017 Nachbildung entflammten und Einfluß auf die großartigen Aufzüge an den Höfen p2b_514.018 der Sforza und Medici in Jtalien übten und zweifelsohne das erste Experiment p2b_514.019 dramatischer Komposition (d. i. eines gesanglichen Dramas, einer ersten Oper) p2b_514.020 durch den gelehrten Forscher und Verehrer der Alten, Giovanni Bardi, Grafen p2b_514.021 von Vernio veranlaßten (vielleicht auch durch Alfonso della Viola aus Ferrara, p2b_514.022 sofern derselbe schon 1541 das musikalische Drama Orbecche zur Aufführung p2b_514.023 brachte und dadurch zuerst Deklamation mit Gesang verband). Geistreiche Gelehrte p2b_514.024 und Künstler waren es also, welche die zukünftige Oper, die sog. nuova musicap2b_514.025 in ihren Anfängen schufen und schon Mitte des 16. Jahrhunderts die Gründung p2b_514.026 besonderer Theater für diese Art Musik veranlaßten. (Sie kamen bei Bardi di p2b_514.027 Vernio zusammen; Vincenzo Galilei, der Vater des berühmten Astronomen, p2b_514.028 war es, der mit Beihülfe Bardis in der Schrift Dialogo della musica antica p2b_514.029 e moderna 1581 ein energisches Wort für Erneuerung der antiken p2b_514.030 Musik einlegte und von den Komponisten forderte, daß sie auf die Betonung p2b_514.031 der Worte achten und lernen möchten, wie der Liebende zur Geliebten, um ihr p2b_514.032 Herz zu rühren, wie der Klagende, Furchtsame, Lustige spricht; er begründete p2b_514.033 den Einzelgesang oder die nuova musica, die der Sänger Caccini ausführte.)
p2b_514.034 Als ein erstes Opernsujet wird das von Opitz ins Deutsche übersetzte (I 52), p2b_514.035 bekannte Hirtengedicht Dafne vom Dichter Ottavio Rinuccini genannt, das, vom p2b_514.036 Sänger Jacopo Peri komponiert, 1597 zu Florenz mit größtem Beifall privatimp2b_514.037 zur Aufführung gelangte.
p2b_514.038 Die erste, öffentlich gegebene, eigentlich große Oper, welche bahnbrechend p2b_514.039 auf das übrige Europa gewirkt hatte, war Euridice von demselben Komponisten. p2b_514.040 Sie wurde bei der Vermählung Heinrichs IV. von Frankreich mit p2b_514.041 Maria von Medici im Jahre 1600 im Theater zu Florenz zum erstenmal p2b_514.042 aufgeführt und enthielt bereits alle Teile der heutigen Oper: a. das Recitativ,p2b_514.043 dessen Stil durch Giulio Caccini und Jacopo Peri vorbereitet war; b. den p2b_514.044 Einzelgesang (Arie), den Galilei veranlaßt hatte, den Carissimi mit
p2b_514.001 4. Gluck begründete nach 1750 eine eigentlich dramatische Oper, p2b_514.002 die mit der bis dahin vorwiegend lyrischen Richtung brechend, den p2b_514.003 Schwerpunkt in die Dichtkunst (d. i. in die Macht und Wahrheit des p2b_514.004 Ausdrucks) verlegte. Zur Blüte wurde die Oper durch Mozart gebracht, p2b_514.005 der italienische Melodik mit deutscher Charakteristik und Tiefe zu verbinden p2b_514.006 wußte. Karl Maria v. Weber ist der Schöpfer der romantischen p2b_514.007 Oper. Der Vollender der deutschen Oper durch Begründung p2b_514.008 eines deutsch=nationalen Musikdramas ist Richard Wagner.
p2b_514.009 1. Entstehung der Oper in Jtalien. Die Oper verdankt ihr Dasein p2b_514.010 keiner organischen, völkerpsychologischen Notwendigkeit, wie das Drama, p2b_514.011 sondern der geistreichen Spekulation hervorragender Gelehrter und Künstler der p2b_514.012 Renaissance. Als die Menschheit durch Zurückführung auf die klassischen Werke der p2b_514.013 Alten wieder neuen Lebensstoff erhielt und sich eine Befreiung des künstlerischen p2b_514.014 Anschauens von dem Banne des kirchlichen Dogmas und der Scholastik durch p2b_514.015 eine geschmackvolle Verweltlichung der Kunstidee nach dem Muster der Antike p2b_514.016 vollzog, waren es vor allem die klassischen Tragödien der Griechen, welche zur p2b_514.017 Nachbildung entflammten und Einfluß auf die großartigen Aufzüge an den Höfen p2b_514.018 der Sforza und Medici in Jtalien übten und zweifelsohne das erste Experiment p2b_514.019 dramatischer Komposition (d. i. eines gesanglichen Dramas, einer ersten Oper) p2b_514.020 durch den gelehrten Forscher und Verehrer der Alten, Giovanni Bardi, Grafen p2b_514.021 von Vernio veranlaßten (vielleicht auch durch Alfonso della Viola aus Ferrara, p2b_514.022 sofern derselbe schon 1541 das musikalische Drama Orbecche zur Aufführung p2b_514.023 brachte und dadurch zuerst Deklamation mit Gesang verband). Geistreiche Gelehrte p2b_514.024 und Künstler waren es also, welche die zukünftige Oper, die sog. nuova musicap2b_514.025 in ihren Anfängen schufen und schon Mitte des 16. Jahrhunderts die Gründung p2b_514.026 besonderer Theater für diese Art Musik veranlaßten. (Sie kamen bei Bardi di p2b_514.027 Vernio zusammen; Vincenzo Galilei, der Vater des berühmten Astronomen, p2b_514.028 war es, der mit Beihülfe Bardis in der Schrift Dialogo della musica antica p2b_514.029 e moderna 1581 ein energisches Wort für Erneuerung der antiken p2b_514.030 Musik einlegte und von den Komponisten forderte, daß sie auf die Betonung p2b_514.031 der Worte achten und lernen möchten, wie der Liebende zur Geliebten, um ihr p2b_514.032 Herz zu rühren, wie der Klagende, Furchtsame, Lustige spricht; er begründete p2b_514.033 den Einzelgesang oder die nuova musica, die der Sänger Caccini ausführte.)
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1. Entstehung der Oper in Jtalien. Die Oper verdankt ihr Dasein p2b_514.010
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/536>, abgerufen am 22.11.2024.
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