Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_534.001 p2b_534.007 p2b_534.010 Warum bist Du so beklommen, p2b_534.012 Herz! warum so ungestüm? p2b_534.013 Verlaß Dich nur auf Gott! p2b_534.014 Einstens werd' ich ihm noch danken, p2b_534.015 Meinem Retter, meinem Gott! p2b_534.016 p2b_534.019 p2b_534.024 § 198. Die Kantate. p2b_534.028 p2b_534.033 p2b_534.034 p2b_534.001 p2b_534.007 p2b_534.010 Warum bist Du so beklommen, p2b_534.012 Herz! warum so ungestüm? p2b_534.013 Verlaß Dich nur auf Gott! p2b_534.014 Einstens werd' ich ihm noch danken, p2b_534.015 Meinem Retter, meinem Gott! p2b_534.016 p2b_534.019 p2b_534.024 § 198. Die Kantate. p2b_534.028 p2b_534.033 p2b_534.034 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0556" n="534"/><lb n="p2b_534.001"/> und Gemeinde im Singen abwechseln) komponiert hat. Beispielsweise <lb n="p2b_534.002"/> zeigt der 38. Psalm in schönster Weise die Einteilung in parallele Halbverse: <lb n="p2b_534.003"/> <hi rendition="#c"><list><item><hi rendition="#aq">I. </hi><list rendition="#leftBraced"><item><hi rendition="#aq">A.</hi> Herr, strafe mich nicht in Deinem Zorn,</item><lb n="p2b_534.004"/><item><hi rendition="#aq">B</hi>. Und züchtige mich nicht in Deinem Grimm.</item></list></item><lb n="p2b_534.005"/><item><hi rendition="#aq">II. </hi><list rendition="#leftBraced"><item><hi rendition="#aq">A</hi>. Denn Deine Pfeile stecken in mir,</item><lb n="p2b_534.006"/><item><hi rendition="#aq">B</hi>. Und Deine Hand drücket mich u. s. w.</item></list></item></list></hi></p> <p><lb n="p2b_534.007"/> Man vgl. auch die Mendelssohnsche Übersetzung von Psalm 42 u. 43,31: <lb n="p2b_534.008"/> <hi rendition="#c"><list><item><list rendition="#leftBraced"><item><hi rendition="#aq">A</hi>. Gleich wie lechzet ein Reh nach klarem Quell,</item><lb n="p2b_534.009"/><item><hi rendition="#aq">B</hi>. Also lechzet mein Herz nach Dir, o Gott &c.</item></list></item></list></hi></p> <p><lb n="p2b_534.010"/> dann die dreimalige Unterbrechung mit einem Refrain von fünf kurzen Zeilen:</p> <lb n="p2b_534.011"/> <lg> <l>Warum bist Du so beklommen,</l> <lb n="p2b_534.012"/> <l>Herz! warum so ungestüm?</l> <lb n="p2b_534.013"/> <l>Verlaß Dich nur auf Gott!</l> <lb n="p2b_534.014"/> <l>Einstens werd' ich ihm noch danken,</l> <lb n="p2b_534.015"/> <l>Meinem Retter, meinem Gott!</l> </lg> <p><lb n="p2b_534.016"/> Einige Psalmen des alten Testaments sind dramatisch, z. B. Psalm 20, <lb n="p2b_534.017"/> 118 &c.; andere sind rein episch, z. B. 114 &c.; andere didaktisch; die meisten <lb n="p2b_534.018"/> sind tief lyrisch.</p> <p><lb n="p2b_534.019"/> Durch die musikalische Komposition der Psalmen wurde von jeher eine <lb n="p2b_534.020"/> große Wirkung erreicht. Diese Komposition erfolgte in der Regel in Motetten= <lb n="p2b_534.021"/> oder Kantatenform. Man bezeichnete auch das so entstandene Musikstück mit <lb n="p2b_534.022"/> dem Namen <hi rendition="#g">Psalm</hi> und unterschied nur je nach dem Jnhalt: Bitt=, Lob=, <lb n="p2b_534.023"/> Bußpsalmen &c.</p> <p><lb n="p2b_534.024"/> Die wirkungsvollsten Psalmen schuf von den Älteren Marcello, von den <lb n="p2b_534.025"/> Neueren Kapellmeister Fr. Schneider in Dessau († 1853), Mendelssohn-Bartholdy, <lb n="p2b_534.026"/> Liszt u. a. (Von freien Textbearbeitungen vgl. <hi rendition="#aq">I</hi> 50.)</p> </div> <lb n="p2b_534.027"/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#c">§ 198. Die Kantate.</hi> </head> <p><lb n="p2b_534.028"/> 1. Kantate (ital. <hi rendition="#aq">cantate</hi> von <hi rendition="#aq">cantare</hi>) ist dem Wortsinn nach jedes <lb n="p2b_534.029"/> größere elegische, religiöse Gesangsstück. Jm heutigen, bestimmten Sinn <lb n="p2b_534.030"/> versteht man jedoch darunter eine in Musik gesetzte größere Dichtung <lb n="p2b_534.031"/> lyrischen Charakters, welche Arien, Duette, Recitative, Chöre &c. enthält <lb n="p2b_534.032"/> und unter Jnstrumentalbegleitung zum Vortrag gelangt.</p> <p><lb n="p2b_534.033"/> 2. Es giebt neben den kirchlichen Kantaten auch weltliche.</p> <p><lb n="p2b_534.034"/> 1. Jn Hinsicht auf Begriffsbestimmung der Kantate herrschte bis zur <lb n="p2b_534.035"/> Stunde große Unklarheit. Die einen (z. B. Sulzer in feiner Ästhetik) nennen <lb n="p2b_534.036"/> sie ein <hi rendition="#g">kleines</hi> Musikstück von rührendem Jnhalt, die andern (z. B. Zedler <lb n="p2b_534.037"/> in Halle) ein <hi rendition="#g">langes</hi> Musikstück, dessen Text italienisch sei u. s. w. Wieder <lb n="p2b_534.038"/> andere bezeichnen jedes größere religiöse oder elegische Gesangsstück als Kantate, <lb n="p2b_534.039"/> sofern dieses Stück nicht als Motette, Sanktus &c. hinreichend charakterisiert sei. <lb n="p2b_534.040"/> Jn früherer Zeit nannte man Kantate jedes Werk, das sich nicht direkt an die <lb n="p2b_534.041"/> Worte der beiden Testamente anlehnte oder seinen Stoff aus denselben entnahm, </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [534/0556]
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und Gemeinde im Singen abwechseln) komponiert hat. Beispielsweise p2b_534.002
zeigt der 38. Psalm in schönster Weise die Einteilung in parallele Halbverse: p2b_534.003
I. A. Herr, strafe mich nicht in Deinem Zorn,
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B. Und züchtige mich nicht in Deinem Grimm.
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II. A. Denn Deine Pfeile stecken in mir,
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B. Und Deine Hand drücket mich u. s. w.
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Man vgl. auch die Mendelssohnsche Übersetzung von Psalm 42 u. 43,31: p2b_534.008
A. Gleich wie lechzet ein Reh nach klarem Quell,
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B. Also lechzet mein Herz nach Dir, o Gott &c.
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dann die dreimalige Unterbrechung mit einem Refrain von fünf kurzen Zeilen:
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Warum bist Du so beklommen, p2b_534.012
Herz! warum so ungestüm? p2b_534.013
Verlaß Dich nur auf Gott! p2b_534.014
Einstens werd' ich ihm noch danken, p2b_534.015
Meinem Retter, meinem Gott!
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Einige Psalmen des alten Testaments sind dramatisch, z. B. Psalm 20, p2b_534.017
118 &c.; andere sind rein episch, z. B. 114 &c.; andere didaktisch; die meisten p2b_534.018
sind tief lyrisch.
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Durch die musikalische Komposition der Psalmen wurde von jeher eine p2b_534.020
große Wirkung erreicht. Diese Komposition erfolgte in der Regel in Motetten= p2b_534.021
oder Kantatenform. Man bezeichnete auch das so entstandene Musikstück mit p2b_534.022
dem Namen Psalm und unterschied nur je nach dem Jnhalt: Bitt=, Lob=, p2b_534.023
Bußpsalmen &c.
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Die wirkungsvollsten Psalmen schuf von den Älteren Marcello, von den p2b_534.025
Neueren Kapellmeister Fr. Schneider in Dessau († 1853), Mendelssohn-Bartholdy, p2b_534.026
Liszt u. a. (Von freien Textbearbeitungen vgl. I 50.)
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§ 198. Die Kantate. p2b_534.028
1. Kantate (ital. cantate von cantare) ist dem Wortsinn nach jedes p2b_534.029
größere elegische, religiöse Gesangsstück. Jm heutigen, bestimmten Sinn p2b_534.030
versteht man jedoch darunter eine in Musik gesetzte größere Dichtung p2b_534.031
lyrischen Charakters, welche Arien, Duette, Recitative, Chöre &c. enthält p2b_534.032
und unter Jnstrumentalbegleitung zum Vortrag gelangt.
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2. Es giebt neben den kirchlichen Kantaten auch weltliche.
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1. Jn Hinsicht auf Begriffsbestimmung der Kantate herrschte bis zur p2b_534.035
Stunde große Unklarheit. Die einen (z. B. Sulzer in feiner Ästhetik) nennen p2b_534.036
sie ein kleines Musikstück von rührendem Jnhalt, die andern (z. B. Zedler p2b_534.037
in Halle) ein langes Musikstück, dessen Text italienisch sei u. s. w. Wieder p2b_534.038
andere bezeichnen jedes größere religiöse oder elegische Gesangsstück als Kantate, p2b_534.039
sofern dieses Stück nicht als Motette, Sanktus &c. hinreichend charakterisiert sei. p2b_534.040
Jn früherer Zeit nannte man Kantate jedes Werk, das sich nicht direkt an die p2b_534.041
Worte der beiden Testamente anlehnte oder seinen Stoff aus denselben entnahm,
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