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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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§ 28. Bildung gereimter Nibelungenstrophen (Langzeilen).

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1. Die Nibelungenverse können reimlos (vgl. § 5) oder gereimt p3b_082.003
sein. Die gereimten treten als Zweizeilen (Nibelungen-Distichen, Reimpaare), p3b_082.004
wie insbesondere als Vierzeilen (die sog. neuen Nibelungenstrophen) p3b_082.005
auf.

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2. Die neue Nibelungenstrophe umfaßt zwei männliche Reimpaare.

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3. Von einem strophischen Charakteristikum könnte bei ihr höchstens p3b_082.008
insofern die Rede sein, als mit dem Ende der 4. Zeile die syntaktische p3b_082.009
Pause zusammenfällt.

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4. Viele Dichter schließen auch den Satz schon am Ende des p3b_082.011
2. Nibelungenverses, weshalb ihre vierzeiligen sog. neuen Nibelungenstrophen p3b_082.012
nur in der Schreibung als strophische Teilganze erscheinen. p3b_082.013
Bei der Recitation fallen sie in 2 zweizeilige Strophen auseinander.

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5. Als ein Schönheitsmittel empfiehlt sich bei den Nibelungenversen p3b_082.015
die Einfügung von Anapästen.

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6. Wegen der bedeutenden Zeilenlänge der Nibelungenverse ist in p3b_082.017
der Nibelungenstrophe die Einfügung von Cäsurreimen von schöner p3b_082.018
Wirkung. Anastasius Grün versucht diese Form in der ersten Strophe p3b_082.019
von "Des Herrschers Wiege", während er den Cäsurreim in den ferneren p3b_082.020
Strophen wegläßt. Es empfiehlt sich für diese Form gebrochene p3b_082.021
Schreibung. (Vgl. den folgenden Paragraphen.)

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Aufgabe 1. Zweizeilige Strophen ohne Anapäst.

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Der Christbaum.

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Stoff. 1. Du bist wieder gekommen, schöne Weihnachtszeit, | in der p3b_082.025
mir treue Elternliebe den Christbaum weihte! || 2. Heute heult kalter Sturm p3b_082.026
übers Meer, | nur im Geiste sehe ich das Weihnachtsfest. || 3. Erinnerung p3b_082.027
malet mir, was ich entbehre, | und so ist mir im Meere das Weihnachtsfest p3b_082.028
des Erinnerns beschert. || 4. Als Kind bot mir dieser Abend so viel des p3b_082.029
Schönen, | die Freude rötete mir stets die Wangen. || 5. Heute peitscht mir p3b_082.030
der eisige Wind die Flut ins Angesicht, | und färbt meine Wangen mit Purpur p3b_082.031
wie vordem. || 6. Einst winkte mir der gabengeschmückte Tannenbaum, | nach p3b_082.032
dessen Zweigen ich sehnsüchtig blickte. || 7. Heute sind 3 Masten meine Weihnachtsbäume, p3b_082.033
| verziert mit des Eises Silberstangen. || 8. Einst strahlten die p3b_082.034
Lichtlein durchs Grün des Baumes, | heute schimmern viele Sterne im Himmelsraum. p3b_082.035
|| 9. Starr und unverwandt blickt mein Auge zur Höhe, | wie es dereinst p3b_082.036
den Christbaum angeschaut. || 10. So habe ich alles wieder, was ich p3b_082.037
schmerzlich entbehrt, | so ist mir auch im Meere ein Weihnachtsbaum geworden. ||

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Lösung. Von Heinrich von Littrow.

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Bist wieder angekommen, du holde Weihnachtszeit, p3b_082.040
Jn der mir Elternliebe den Christbaum sonst geweiht.
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§ 28. Bildung gereimter Nibelungenstrophen (Langzeilen).

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1. Die Nibelungenverse können reimlos (vgl. § 5) oder gereimt p3b_082.003
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Der Christbaum.

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Stoff. 1. Du bist wieder gekommen, schöne Weihnachtszeit, │ in der p3b_082.025
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Lösung. Von Heinrich von Littrow.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/108>, abgerufen am 21.11.2024.