Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_119.001 Stand droben am Rand, auf schwindliger Höh', und er knickte mit Zittern p3b_119.002 p3b_119.007die Rose, p3b_119.003 Wo bald er nicht mehr ward fürder gesehn, denn er stürzte hinab in den p3b_119.004 Abgrund. p3b_119.005 Doch sterbend das Grab ihm schmückte sodann das ersehnte, das herrliche p3b_119.006 Röslein. 8. Alexandriner. p3b_119.008Auf hohem Felsen blüht ein Alpenröslein rot; p3b_119.009 p3b_119.020Jch möcht' es brechen gern, doch wär es mir zum Tod. p3b_119.010 Wie bist du, Röslein, doch so zaubrisch anzusehn, p3b_119.011 Wirst du nicht mein, so muß vor Sehnsucht ich vergehn. p3b_119.012 Dich schau ich immerfort, du bist mein bestes Gut, p3b_119.013 Dich muß ich brechen bald, mag fließen auch mein Blut. p3b_119.014 Jch heft' ans Mieder dich der Herzgeliebten mein, p3b_119.015 Hat sie nur Freude dran, wird's Lohn genug mir sein. - p3b_119.016 Jn kühnem Wagnis steigt er auf zur Felsenwand p3b_119.017 Und knickt die Rose schon mit banggestreckter Hand. p3b_119.018 Doch kehrt er nicht zurück, er stürzet tief hinab, p3b_119.019 Das Alpenröslein nur schmückt sterbend ihm das Grab. 9. Hinkejamben. p3b_119.021An hohen Felsen blühet rot das Alpröslein, p3b_119.022 p3b_119.033Gern würd' ich's brechen, doch dies bringt den Tod sicher. p3b_119.023 Du bist, o Röslein, anzusehen ganz zaubrisch; p3b_119.024 Nach dir vor heißer Sehnsucht fast vergehn muß ich. p3b_119.025 Seit ich dich schaue bist du mein Begehr einzig, p3b_119.026 Dich muß ich brechen, ob es auch mein Blut kostet. p3b_119.027 Ans Mieder meiner Liebsten will ich dich heften; p3b_119.028 Hat sie nur Freud' an dir, ist mir's genug lohnend. - p3b_119.029 Waghalsig steigt er auf an steilen Felswänden p3b_119.030 Und knickt die Rose droben mit der Hand glücklich; p3b_119.031 Doch kehrt er nicht zurück mehr, sondern stürzt abwärts, p3b_119.032 Und nur sein Grab noch schmücket sterbend Alpröslein. 10. Hendekasyllabus. p3b_119.034Hoch am Felsen erblüht das rote Röslein, p3b_119.035
Doch zu brechen es, ist zum Tod gefährlich. p3b_119.036 Röslein, zauberisch blühest du da droben, p3b_119.037 Daß mein Sehnen nach dir mich fast vergehn macht. p3b_119.038 Jmmer schau' ich dich an mit süßem Streben; p3b_119.039 Brechen muß ich dich noch, ob auch mein Blut fließt. p3b_119.040 Schön am Mieder der Liebsten sollst du prangen; p3b_119.041 Wenn sie deiner sich freut, ist's Lohn genug mir. - p3b_119.001 Stand droben am Rand, auf schwindliger Höh', und er knickte mit Zittern p3b_119.002 p3b_119.007die Rose, p3b_119.003 Wo bald er nicht mehr ward fürder gesehn, denn er stürzte hinab in den p3b_119.004 Abgrund. p3b_119.005 Doch sterbend das Grab ihm schmückte sodann das ersehnte, das herrliche p3b_119.006 Röslein. 8. Alexandriner. p3b_119.008Auf hohem Felsen blüht ein Alpenröslein rot; p3b_119.009 p3b_119.020Jch möcht' es brechen gern, doch wär es mir zum Tod. p3b_119.010 Wie bist du, Röslein, doch so zaubrisch anzusehn, p3b_119.011 Wirst du nicht mein, so muß vor Sehnsucht ich vergehn. p3b_119.012 Dich schau ich immerfort, du bist mein bestes Gut, p3b_119.013 Dich muß ich brechen bald, mag fließen auch mein Blut. p3b_119.014 Jch heft' ans Mieder dich der Herzgeliebten mein, p3b_119.015 Hat sie nur Freude dran, wird's Lohn genug mir sein. ─ p3b_119.016 Jn kühnem Wagnis steigt er auf zur Felsenwand p3b_119.017 Und knickt die Rose schon mit banggestreckter Hand. p3b_119.018 Doch kehrt er nicht zurück, er stürzet tief hinab, p3b_119.019 Das Alpenröslein nur schmückt sterbend ihm das Grab. 9. Hinkejamben. p3b_119.021An hohen Felsen blühet rot das Alpröslein, p3b_119.022 p3b_119.033Gern würd' ich's brechen, doch dies bringt den Tod sicher. p3b_119.023 Du bist, o Röslein, anzusehen ganz zaubrisch; p3b_119.024 Nach dir vor heißer Sehnsucht fast vergehn muß ich. p3b_119.025 Seit ich dich schaue bist du mein Begehr einzig, p3b_119.026 Dich muß ich brechen, ob es auch mein Blut kostet. p3b_119.027 Ans Mieder meiner Liebsten will ich dich heften; p3b_119.028 Hat sie nur Freud' an dir, ist mir's genug lohnend. ─ p3b_119.029 Waghalsig steigt er auf an steilen Felswänden p3b_119.030 Und knickt die Rose droben mit der Hand glücklich; p3b_119.031 Doch kehrt er nicht zurück mehr, sondern stürzt abwärts, p3b_119.032 Und nur sein Grab noch schmücket sterbend Alpröslein. 10. Hendekasyllabus. p3b_119.034Hoch am Felsen erblüht das rote Röslein, p3b_119.035
Doch zu brechen es, ist zum Tod gefährlich. p3b_119.036 Röslein, zauberisch blühest du da droben, p3b_119.037 Daß mein Sehnen nach dir mich fast vergehn macht. p3b_119.038 Jmmer schau' ich dich an mit süßem Streben; p3b_119.039 Brechen muß ich dich noch, ob auch mein Blut fließt. p3b_119.040 Schön am Mieder der Liebsten sollst du prangen; p3b_119.041 Wenn sie deiner sich freut, ist's Lohn genug mir. ─ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0145" n="119"/> <lb n="p3b_119.001"/> <lg> <l>Stand droben am Rand, auf schwindliger Höh', und er knickte mit Zittern</l> <lb n="p3b_119.002"/> <l> <hi rendition="#et">die Rose,</hi> </l> <lb n="p3b_119.003"/> <l>Wo bald er nicht mehr ward fürder gesehn, denn er stürzte hinab in den</l> <lb n="p3b_119.004"/> <l> <hi rendition="#et">Abgrund.</hi> </l> <lb n="p3b_119.005"/> <l>Doch sterbend das Grab ihm schmückte sodann das ersehnte, das herrliche</l> <lb n="p3b_119.006"/> <l> <hi rendition="#et">Röslein.</hi> </l> </lg> <lb n="p3b_119.007"/> <p> <hi rendition="#c">8. <hi rendition="#g">Alexandriner.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_119.008"/> <lg> <l>Auf hohem Felsen blüht ein Alpenröslein rot;</l> <lb n="p3b_119.009"/> <l>Jch möcht' es brechen gern, doch wär es mir zum Tod.</l> <lb n="p3b_119.010"/> <l>Wie bist du, Röslein, doch so zaubrisch anzusehn,</l> <lb n="p3b_119.011"/> <l>Wirst du nicht mein, so muß vor Sehnsucht ich vergehn.</l> <lb n="p3b_119.012"/> <l>Dich schau ich immerfort, du bist mein bestes Gut,</l> <lb n="p3b_119.013"/> <l>Dich muß ich brechen bald, mag fließen auch mein Blut.</l> <lb n="p3b_119.014"/> <l>Jch heft' ans Mieder dich der Herzgeliebten mein,</l> <lb n="p3b_119.015"/> <l>Hat sie nur Freude dran, wird's Lohn genug mir sein. ─</l> <lb n="p3b_119.016"/> <l>Jn kühnem Wagnis steigt er auf zur Felsenwand</l> <lb n="p3b_119.017"/> <l>Und knickt die Rose schon mit banggestreckter Hand.</l> <lb n="p3b_119.018"/> <l>Doch kehrt er nicht zurück, er stürzet tief hinab,</l> <lb n="p3b_119.019"/> <l>Das Alpenröslein nur schmückt sterbend ihm das Grab.</l> </lg> <lb n="p3b_119.020"/> <p> <hi rendition="#c">9. <hi rendition="#g">Hinkejamben.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_119.021"/> <lg> <l>An hohen Felsen blühet rot das Alpröslein,</l> <lb n="p3b_119.022"/> <l>Gern würd' ich's brechen, doch dies bringt den Tod sicher.</l> <lb n="p3b_119.023"/> <l>Du bist, o Röslein, anzusehen ganz zaubrisch;</l> <lb n="p3b_119.024"/> <l>Nach dir vor heißer Sehnsucht fast vergehn muß ich.</l> <lb n="p3b_119.025"/> <l>Seit ich dich schaue bist du mein Begehr einzig,</l> <lb n="p3b_119.026"/> <l>Dich muß ich brechen, ob es auch mein Blut kostet.</l> <lb n="p3b_119.027"/> <l>Ans Mieder meiner Liebsten will ich dich heften;</l> <lb n="p3b_119.028"/> <l>Hat sie nur Freud' an dir, ist mir's genug lohnend. ─</l> <lb n="p3b_119.029"/> <l>Waghalsig steigt er auf an steilen Felswänden</l> <lb n="p3b_119.030"/> <l>Und knickt die Rose droben mit der Hand glücklich;</l> <lb n="p3b_119.031"/> <l>Doch kehrt er nicht zurück mehr, sondern stürzt abwärts,</l> <lb n="p3b_119.032"/> <l>Und nur sein Grab noch schmücket sterbend Alpröslein.</l> </lg> <lb n="p3b_119.033"/> <p> <hi rendition="#c">10. <hi rendition="#g">Hendekasyllabus.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_119.034"/> <lg> <l>Hoch am Felsen erblüht das rote Röslein,</l> <lb n="p3b_119.035"/> <l>Doch zu brechen es, ist zum Tod gefährlich.</l> <lb n="p3b_119.036"/> <l>Röslein, zauberisch blühest du da droben,</l> <lb n="p3b_119.037"/> <l>Daß mein Sehnen nach dir mich fast vergehn macht.</l> <lb n="p3b_119.038"/> <l>Jmmer schau' ich dich an mit süßem Streben;</l> <lb n="p3b_119.039"/> <l>Brechen muß ich dich noch, ob auch mein Blut fließt.</l> <lb n="p3b_119.040"/> <l>Schön am Mieder der Liebsten sollst du prangen;</l> <lb n="p3b_119.041"/> <l>Wenn sie deiner sich freut, ist's Lohn genug mir. ─</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0145]
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Stand droben am Rand, auf schwindliger Höh', und er knickte mit Zittern p3b_119.002
die Rose, p3b_119.003
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Abgrund. p3b_119.005
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8. Alexandriner.
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Wie bist du, Röslein, doch so zaubrisch anzusehn, p3b_119.011
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Jch heft' ans Mieder dich der Herzgeliebten mein, p3b_119.015
Hat sie nur Freude dran, wird's Lohn genug mir sein. ─ p3b_119.016
Jn kühnem Wagnis steigt er auf zur Felsenwand p3b_119.017
Und knickt die Rose schon mit banggestreckter Hand. p3b_119.018
Doch kehrt er nicht zurück, er stürzet tief hinab, p3b_119.019
Das Alpenröslein nur schmückt sterbend ihm das Grab.
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9. Hinkejamben.
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An hohen Felsen blühet rot das Alpröslein, p3b_119.022
Gern würd' ich's brechen, doch dies bringt den Tod sicher. p3b_119.023
Du bist, o Röslein, anzusehen ganz zaubrisch; p3b_119.024
Nach dir vor heißer Sehnsucht fast vergehn muß ich. p3b_119.025
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Ans Mieder meiner Liebsten will ich dich heften; p3b_119.028
Hat sie nur Freud' an dir, ist mir's genug lohnend. ─ p3b_119.029
Waghalsig steigt er auf an steilen Felswänden p3b_119.030
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Doch kehrt er nicht zurück mehr, sondern stürzt abwärts, p3b_119.032
Und nur sein Grab noch schmücket sterbend Alpröslein.
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10. Hendekasyllabus.
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Hoch am Felsen erblüht das rote Röslein, p3b_119.035
Doch zu brechen es, ist zum Tod gefährlich. p3b_119.036
Röslein, zauberisch blühest du da droben, p3b_119.037
Daß mein Sehnen nach dir mich fast vergehn macht. p3b_119.038
Jmmer schau' ich dich an mit süßem Streben; p3b_119.039
Brechen muß ich dich noch, ob auch mein Blut fließt. p3b_119.040
Schön am Mieder der Liebsten sollst du prangen; p3b_119.041
Wenn sie deiner sich freut, ist's Lohn genug mir. ─
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