Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_233.001 C. Übersetzungen aus der griechischen Tragödie. p3b_233.002 p3b_233.004 p3b_233.008 p3b_233.013 p3b_233.017 p3b_233.020 [Beginn Spaltensatz] Stoff (ed. Wecklein): p3b_233.023
Wörtliche Übertragung. p3b_233.102 p3b_233.001 C. Übersetzungen aus der griechischen Tragödie. p3b_233.002 p3b_233.004 p3b_233.008 p3b_233.013 p3b_233.017 p3b_233.020 [Beginn Spaltensatz] Stoff (ed. Wecklein): p3b_233.023
Wörtliche Übertragung. p3b_233.102 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0259" n="233"/> </div> <div n="4"> <lb n="p3b_233.001"/> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">C</hi>. <hi rendition="#g">Übersetzungen aus der griechischen Tragödie</hi>.</hi> </head> <p><lb n="p3b_233.002"/><hi rendition="#g">Vorbemerkung.</hi> Bei der Reproduktion der Chorgesänge der antiken <lb n="p3b_233.003"/> Tragödie in modernen Versformen ist hauptsächlich Folgendes zu beachten:</p> <p><lb n="p3b_233.004"/> 1. Die phraseologische und rhetorische Eigentümlichkeit des Originals ist <lb n="p3b_233.005"/> möglichst genau festzuhalten. Die gereimten Übertragungen dürfen somit nicht <lb n="p3b_233.006"/> bloße Paraphrasen sein, was u. a. Jordan in seiner Vorrede zur Sophokles= <lb n="p3b_233.007"/> Übersetzung einem Übersetzer rügt.</p> <p><lb n="p3b_233.008"/> 2. Um in den Chorgesängen einen dem Original möglichst verwandten <lb n="p3b_233.009"/> Eindruck hervorzubringen, ist es nicht bloß nötig, die für dieselben charakteristische <lb n="p3b_233.010"/> <hi rendition="#g">antistrophische Responsion</hi> streng zu wahren; ─ es gilt auch, <hi rendition="#g">mit <lb n="p3b_233.011"/> längeren und kürzeren Versen,</hi> mit <hi rendition="#g">verschiedenen Taktarten</hi> in ähnlicher <lb n="p3b_233.012"/> Weise zu wechseln, wie es der griechische Dichter gethan hat.</p> <p><lb n="p3b_233.013"/> 3. Neben dem eben Gesagten trägt gefällige Verschränkung der Reime <lb n="p3b_233.014"/> sehr viel dazu bei, den gereimten Strophen die Eintönigkeit zu benehmen und <lb n="p3b_233.015"/> ihnen den Charakter größerer Freiheit und belebterer Mannigfaltigkeit zu verleihen.</p> <lb n="p3b_233.016"/> <p><lb n="p3b_233.017"/><hi rendition="#aq">NB</hi>. Den Anforderungen 1─3 entsprechen in hervorragendster Weise <lb n="p3b_233.018"/> die von uns mehrfach citierten, im Unterricht gut zu verwertenden Übersetzungen <lb n="p3b_233.019"/> von Th. Kayser.</p> <p><lb n="p3b_233.020"/><hi rendition="#g">Aufgabe.</hi> Es ist Strophe und Gegenstrophe des Chorgesangs V. 100 ff. <lb n="p3b_233.021"/> aus Sophokles' Antigone zu übertragen.</p> <lb n="p3b_233.022"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Stoff</hi> (<hi rendition="#aq">ed</hi>. 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C. Übersetzungen aus der griechischen Tragödie. p3b_233.002
Vorbemerkung. Bei der Reproduktion der Chorgesänge der antiken p3b_233.003
Tragödie in modernen Versformen ist hauptsächlich Folgendes zu beachten:
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1. Die phraseologische und rhetorische Eigentümlichkeit des Originals ist p3b_233.005
möglichst genau festzuhalten. Die gereimten Übertragungen dürfen somit nicht p3b_233.006
bloße Paraphrasen sein, was u. a. Jordan in seiner Vorrede zur Sophokles= p3b_233.007
Übersetzung einem Übersetzer rügt.
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2. Um in den Chorgesängen einen dem Original möglichst verwandten p3b_233.009
Eindruck hervorzubringen, ist es nicht bloß nötig, die für dieselben charakteristische p3b_233.010
antistrophische Responsion streng zu wahren; ─ es gilt auch, mit p3b_233.011
längeren und kürzeren Versen, mit verschiedenen Taktarten in ähnlicher p3b_233.012
Weise zu wechseln, wie es der griechische Dichter gethan hat.
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3. Neben dem eben Gesagten trägt gefällige Verschränkung der Reime p3b_233.014
sehr viel dazu bei, den gereimten Strophen die Eintönigkeit zu benehmen und p3b_233.015
ihnen den Charakter größerer Freiheit und belebterer Mannigfaltigkeit zu verleihen.
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NB. Den Anforderungen 1─3 entsprechen in hervorragendster Weise p3b_233.018
die von uns mehrfach citierten, im Unterricht gut zu verwertenden Übersetzungen p3b_233.019
von Th. Kayser.
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Aufgabe. Es ist Strophe und Gegenstrophe des Chorgesangs V. 100 ff. p3b_233.021
aus Sophokles' Antigone zu übertragen.
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Stoff (ed. Wecklein): p3b_233.023
Strophe I.
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Ἀκτὶς ἀελίου, τὸ κάλ-- p3b_233.025
λιστον ἑπταπύλῳ φανὲν p3b_233.026
Θήβᾳ τῶν προτέρων φάος, p3b_233.027
ἐφάνθης ποτ', ὦ χρυσέας p3b_233.028
ἁμέρας βλέφαρον, Διρκαί-- p3b_233.029
ων ὑπὲρ ῥεέθρων μολοῦσα, p3b_233.030
τὸν λεύκασπιν Ἀργόθεν p3b_233.031
φῶτα βάντα πανσαγίᾳ p3b_233.032
φυγάδα πρόδρομον ὀξυτέρῳ p3b_233.033
κινήσασα χαλινῷ. p3b_233.034
\̔ον ἐφ' ἡμετέρᾳ γῇ Πολυνείκης p3b_233.035
ἀρθεὶς νεικέων ἐξ ἀμφιλόγων p3b_233.036
ἤγαγε· κεῖνος δ' ὀξέα κλάζων p3b_233.037
αἰετὸς \̔ως γῆν ὑπερέπτη, p3b_233.038
λευκῆς χιόνος πτέρυγι στεγανός, p3b_233.039
πολλῶν μεθ' ὅπλων p3b_233.040
ξύν θ' ἱπποκόμοις κορύθεσσιν.
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Wörtliche Übertragung.
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Strahl des Helios, am schönsten erschienenes p3b_233.103
Licht dem siebenthorigen Theben p3b_233.104
unter den früheren, du bist endlich p3b_233.105
erschienen, Auge des goldnen Tages, über p3b_233.106
die dirkeischen Fluten geschritten, und hast p3b_233.107
den weißbeschildeten Mann (Adrastos, p3b_233.108
den Oberfeldherrn, in dem das Heer p3b_233.109
mitbefaßt ist), der von Argos in voller p3b_233.110
Rüstung gekommen, den fliehend vorwärtseilenden p3b_233.111
mit rascherem Zügel in p3b_233.112
Bewegung gesetzt. Jhn hatte gegen p3b_233.113
unser Land Polyneikes infolge hadernden p3b_233.114
Streites herangeführt. Laut p3b_233.115
schreiend wie ein Adler überflog er p3b_233.116
das Land, bedeckt vom Flügel weißen p3b_233.117
Schnees, mit vielen Waffen und samt p3b_233.118
Roßschweifhelmen.
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