Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_002.001 p3b_002.003 p3b_002.008 p3b_002.014 p3b_002.018 p3b_002.023 p3b_002.027 p3b_002.029 p3b_002.033 p3b_002.001 p3b_002.003 p3b_002.008 p3b_002.014 p3b_002.018 p3b_002.023 p3b_002.027 p3b_002.029 p3b_002.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0028" n="2"/><lb n="p3b_002.001"/> Aber furchtbārĕ und fūrchtlōsĕ spricht niemand, höchstens fūrcht ̆ barĕ, wo sodann <lb n="p3b_002.002"/> fūrchtbār reiner Spondeus [– –] wird.)</p> <p><lb n="p3b_002.003"/> 5. Eine betonte Silbe kann den Vollton einbüßen und für die <lb n="p3b_002.004"/> Thesis geeignet werden, wenn sie sich mit der nachfolgenden so verschmilzt, <lb n="p3b_002.005"/> daß man von einer Art Enklisis (Zurückwerfen des Accentes) <lb n="p3b_002.006"/> sprechen könnte, z. B. Fraŭ Mēisterin sagte zu &c., oder: Hĕrr Vāter, <lb n="p3b_002.007"/> ihr &c., oder: Ăch, Mūtter, ăch, Mūtter &c.</p> <p><lb n="p3b_002.008"/> 6. Umgekehrt kann ausnahmsweise sogar ein Artikel oder eine <lb n="p3b_002.009"/> Präposition zur Länge erhoben und für die Arsisstellung geeignet werden, <lb n="p3b_002.010"/> wenn der Vollton sie trifft: <hi rendition="#aq">a</hi>. der weit von seinem Substantiv <lb n="p3b_002.011"/> abgerückte Artikel z. B.: O zeigt │ mir dēn │ von ihr │ gelieb │ ten <lb n="p3b_002.012"/> Freund! <hi rendition="#aq">b</hi>. die den Gegensatz hervorrufende Präposition z. B.: Nĭcht <lb n="p3b_002.013"/> vōr │ dem Walde liegt der Feind.</p> <p><lb n="p3b_002.014"/> 7. Es ist nicht nötig, daß jeder Satz mit einem Jambus endige. <lb n="p3b_002.015"/> Vielmehr können einzelne Sätze trochäisch (– ⏑) schließen und die nachfolgenden <lb n="p3b_002.016"/> Sätze trotzdem mit Jamben beginnen, da die Pausen hinzugerechnet <lb n="p3b_002.017"/> werden dürfen.</p> <p><lb n="p3b_002.018"/> 8. Da unsere Sprache trochäischen Grundcharakter hat, also <lb n="p3b_002.019"/> das Einsetzen mit der Arsis fordert, so werden dem Lernenden mehr <lb n="p3b_002.020"/> trochäische Satztakte in die Quere kommen, als er wünschen mag. Er <lb n="p3b_002.021"/> wird dieselben vermeiden können, wenn er Wörter mit Vorsilben einfügt <lb n="p3b_002.022"/> (z. B. vĕrgēben, gĕlēiten, bĕsprēchen, ĕrnǟhren &c.).</p> <p><lb n="p3b_002.023"/> 9. Ein Kunstmittel, jambische Takte zu erhalten, besteht auch <lb n="p3b_002.024"/> darin, daß man zwischen volltonige, schwere Silben (z. B. That, Wort) <lb n="p3b_002.025"/> sog. Flickwörter oder auch Flexionssilben einschiebt (z. B. Thāt <hi rendition="#g">und</hi> <lb n="p3b_002.026"/> Wōrt, oder Thātĕn, Wōrte).</p> <p><lb n="p3b_002.027"/> 10. Aus phonetischen Gründen ist eine Abwechselung der Vokale <lb n="p3b_002.028"/> in den Arsen wünschenswert.</p> <p><lb n="p3b_002.029"/> 11. Zu vermeiden sind mehrere, dicht hinter einander kommende, <lb n="p3b_002.030"/> einsilbige Wörter, da jedes derselben den Hochton verdient und somit <lb n="p3b_002.031"/> durch Vereinigung vieler derselben der Rhythmus ins Schwanken gebracht <lb n="p3b_002.032"/> werden kann.</p> <p><lb n="p3b_002.033"/> 12. Da wir uns in unserer Einführung in die Technik des Versbaus <lb n="p3b_002.034"/> auf Anregung durch nur wenige Beispiele beschränken müssen, so <lb n="p3b_002.035"/> ist es jedem anheimzugeben, sich nach weiterem Material umzusehen. <lb n="p3b_002.036"/> Zur Umbildung der Prosarede in den jambischen Rhythmus eignen <lb n="p3b_002.037"/> sich wegen ihrer fortlaufenden, dem dichterischen Ausdruck freien Spielraum <lb n="p3b_002.038"/> gewährenden Perioden vorzugsweise Monologe, beschreibende und <lb n="p3b_002.039"/> erzählende Lesestücke und Naturschilderungen &c.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0028]
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Aber furchtbārĕ und fūrchtlōsĕ spricht niemand, höchstens fūrcht ̆ barĕ, wo sodann p3b_002.002
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Thesis geeignet werden, wenn sie sich mit der nachfolgenden so verschmilzt, p3b_002.005
daß man von einer Art Enklisis (Zurückwerfen des Accentes) p3b_002.006
sprechen könnte, z. B. Fraŭ Mēisterin sagte zu &c., oder: Hĕrr Vāter, p3b_002.007
ihr &c., oder: Ăch, Mūtter, ăch, Mūtter &c.
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6. Umgekehrt kann ausnahmsweise sogar ein Artikel oder eine p3b_002.009
Präposition zur Länge erhoben und für die Arsisstellung geeignet werden, p3b_002.010
wenn der Vollton sie trifft: a. der weit von seinem Substantiv p3b_002.011
abgerückte Artikel z. B.: O zeigt │ mir dēn │ von ihr │ gelieb │ ten p3b_002.012
Freund! b. die den Gegensatz hervorrufende Präposition z. B.: Nĭcht p3b_002.013
vōr │ dem Walde liegt der Feind.
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7. Es ist nicht nötig, daß jeder Satz mit einem Jambus endige. p3b_002.015
Vielmehr können einzelne Sätze trochäisch (– ⏑) schließen und die nachfolgenden p3b_002.016
Sätze trotzdem mit Jamben beginnen, da die Pausen hinzugerechnet p3b_002.017
werden dürfen.
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8. Da unsere Sprache trochäischen Grundcharakter hat, also p3b_002.019
das Einsetzen mit der Arsis fordert, so werden dem Lernenden mehr p3b_002.020
trochäische Satztakte in die Quere kommen, als er wünschen mag. Er p3b_002.021
wird dieselben vermeiden können, wenn er Wörter mit Vorsilben einfügt p3b_002.022
(z. B. vĕrgēben, gĕlēiten, bĕsprēchen, ĕrnǟhren &c.).
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9. Ein Kunstmittel, jambische Takte zu erhalten, besteht auch p3b_002.024
darin, daß man zwischen volltonige, schwere Silben (z. B. That, Wort) p3b_002.025
sog. Flickwörter oder auch Flexionssilben einschiebt (z. B. Thāt und p3b_002.026
Wōrt, oder Thātĕn, Wōrte).
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10. Aus phonetischen Gründen ist eine Abwechselung der Vokale p3b_002.028
in den Arsen wünschenswert.
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11. Zu vermeiden sind mehrere, dicht hinter einander kommende, p3b_002.030
einsilbige Wörter, da jedes derselben den Hochton verdient und somit p3b_002.031
durch Vereinigung vieler derselben der Rhythmus ins Schwanken gebracht p3b_002.032
werden kann.
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auf Anregung durch nur wenige Beispiele beschränken müssen, so p3b_002.035
ist es jedem anheimzugeben, sich nach weiterem Material umzusehen. p3b_002.036
Zur Umbildung der Prosarede in den jambischen Rhythmus eignen p3b_002.037
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