Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_010.001 Und an dem Ufer steh' ich lange Tage, p3b_010.002 Das Land der Griechen mit der Seele suchend; p3b_010.003 Und gegen meine Seufzer bringt die Welle p3b_010.004 Nur dumpfe Töne brausend mir herüber. p3b_010.005 Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern p3b_010.006 Ein einsam Leben führt! Jhm zehrt der Gram p3b_010.007 Das nächste Glück von seinen Lippen weg. p3b_010.008 Jhm schwärmen abwärts immer die Gedanken p3b_010.009 Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne p3b_010.010 Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo p3b_010.011 Sich Mitgeborne spielend fest und fester p3b_010.012 Mit sanften Banden aneinander knüpften &c. p3b_010.013 p3b_010.016 Lösung. Von Leopold Schefer. p3b_010.032Geh' fleißig um mit deinen Kindern! Habe p3b_010.033
Sie Tag und Nacht um dich und liebe sie p3b_010.034 Und laß dich lieben einzig schöne Jahre; p3b_010.035 Denn nur den engen Traum der Kindheit sind p3b_010.036 Sie dein, nicht länger! Mit der Jugend schon p3b_010.037 Durchschleicht sie vieles bald - was du nicht bist. p3b_010.038 Und lockt sie mancherlei - was du nicht hast. p3b_010.039 Erfahren sie von einer alten Welt, p3b_010.040 Die ihren Geist erfüllt; die Zukunft schwebt p3b_010.041 Nun ihnen vor. So geht die Gegenwart p3b_010.042 Verloren. Mit dem Wandertäschchen dann p3b_010.001 Und an dem Ufer steh' ich lange Tage, p3b_010.002 Das Land der Griechen mit der Seele suchend; p3b_010.003 Und gegen meine Seufzer bringt die Welle p3b_010.004 Nur dumpfe Töne brausend mir herüber. p3b_010.005 Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern p3b_010.006 Ein einsam Leben führt! Jhm zehrt der Gram p3b_010.007 Das nächste Glück von seinen Lippen weg. p3b_010.008 Jhm schwärmen abwärts immer die Gedanken p3b_010.009 Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne p3b_010.010 Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo p3b_010.011 Sich Mitgeborne spielend fest und fester p3b_010.012 Mit sanften Banden aneinander knüpften &c. p3b_010.013 p3b_010.016 Lösung. Von Leopold Schefer. p3b_010.032Geh' fleißig um mit deinen Kindern! Habe p3b_010.033
Sie Tag und Nacht um dich und liebe sie p3b_010.034 Und laß dich lieben einzig schöne Jahre; p3b_010.035 Denn nur den engen Traum der Kindheit sind p3b_010.036 Sie dein, nicht länger! Mit der Jugend schon p3b_010.037 Durchschleicht sie vieles bald ─ was du nicht bist. p3b_010.038 Und lockt sie mancherlei ─ was du nicht hast. p3b_010.039 Erfahren sie von einer alten Welt, p3b_010.040 Die ihren Geist erfüllt; die Zukunft schwebt p3b_010.041 Nun ihnen vor. So geht die Gegenwart p3b_010.042 Verloren. Mit dem Wandertäschchen dann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0036" n="10"/> <lb n="p3b_010.001"/> <lg> <l>Und an dem Ufer steh' ich lange Tage,</l> <lb n="p3b_010.002"/> <l>Das Land der Griechen mit der Seele suchend;</l> <lb n="p3b_010.003"/> <l>Und gegen meine Seufzer bringt die Welle</l> <lb n="p3b_010.004"/> <l>Nur dumpfe Töne brausend mir herüber.</l> <lb n="p3b_010.005"/> <l>Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern</l> <lb n="p3b_010.006"/> <l>Ein einsam Leben führt! Jhm zehrt der Gram</l> <lb n="p3b_010.007"/> <l>Das nächste Glück von seinen Lippen weg.</l> <lb n="p3b_010.008"/> <l>Jhm schwärmen abwärts immer die Gedanken</l> <lb n="p3b_010.009"/> <l>Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne</l> <lb n="p3b_010.010"/> <l>Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo</l> <lb n="p3b_010.011"/> <l>Sich Mitgeborne spielend fest und fester</l> <lb n="p3b_010.012"/> <l>Mit sanften Banden aneinander knüpften &c.</l> </lg> <p><lb n="p3b_010.013"/><hi rendition="#g">Aufgabe</hi> 1. <hi rendition="#g">Der nachfolgende Stoff soll in jambische Quinare <lb n="p3b_010.014"/> verwandelt werden. (Die Verszeilen sind so gut als möglich durch <lb n="p3b_010.015"/> Taktstriche angegeben.</hi>)</p> <p><lb n="p3b_010.016"/><hi rendition="#g">Stoff.</hi> Verkehre viel mit deinen Kindern; │ Tag und Nacht sollst du sie <lb n="p3b_010.017"/> um dich haben und sie lieben │ und dich lieben lassen schöne Jahre lang. │ <lb n="p3b_010.018"/> Nur während des kurzen Kindheitstraumes │ sind sie dein, nicht länger! Schon <lb n="p3b_010.019"/> mit der Jugend │ schleicht vieles durch ihre Brust, was du nicht bist, │ und <lb n="p3b_010.020"/> mancherlei lockt sie an, was du nicht besitzest, │ und sie erfahren von einer alten <lb n="p3b_010.021"/> Welt, │ welche ihren Geist erfüllt; die Zukunft schwebt │ ihnen vor. So geht <lb n="p3b_010.022"/> die schöne Gegenwart │ verloren. Nun zieht der Knabe mit dem Wandertäschchen <lb n="p3b_010.023"/> │ voll Notwendigem hinaus. │ Weinend siehst du ihm nach, bis er verschwindet. <lb n="p3b_010.024"/> │ Nimmer wird er wieder dein! Er kehrt │ zurück, nun liebt er und <lb n="p3b_010.025"/> wählt sich eine Jungfrau. │ Sie leben beide, andere leben auf │ aus ihm ─ <lb n="p3b_010.026"/> du hast nun einen Mann an ihm erhalten, │ einen Menschen, ─ aber kein <lb n="p3b_010.027"/> Kind hast du mehr! │ Nun bringt dir die vermählte Tochter ihre Kinder │ manchmal <lb n="p3b_010.028"/> in dein Haus, um dich zu erfreuen. │ Du hast an ihr eine Mutter, aber <lb n="p3b_010.029"/> kein Kind mehr. │ Darum gehe fleißig mit deinen Kindern um! │ Sei Tag und <lb n="p3b_010.030"/> Nacht um sie und liebe sie │ und lasse dich lieben einzig schöne Jahre lang.</p> <lb n="p3b_010.031"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Lösung. Von Leopold Schefer.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_010.032"/> <lg> <l>Geh' fleißig um mit deinen Kindern! Habe</l> <lb n="p3b_010.033"/> <l>Sie Tag und Nacht um dich und liebe sie</l> <lb n="p3b_010.034"/> <l>Und laß dich lieben einzig schöne Jahre;</l> <lb n="p3b_010.035"/> <l>Denn nur den engen Traum der Kindheit sind</l> <lb n="p3b_010.036"/> <l>Sie dein, nicht länger! Mit der Jugend schon</l> <lb n="p3b_010.037"/> <l>Durchschleicht sie vieles bald ─ was du nicht bist.</l> <lb n="p3b_010.038"/> <l>Und lockt sie mancherlei ─ was du nicht hast.</l> <lb n="p3b_010.039"/> <l>Erfahren sie von einer alten Welt,</l> <lb n="p3b_010.040"/> <l>Die ihren Geist erfüllt; die Zukunft schwebt</l> <lb n="p3b_010.041"/> <l>Nun ihnen vor. So geht die Gegenwart</l> <lb n="p3b_010.042"/> <l>Verloren. Mit dem Wandertäschchen dann</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0036]
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Und an dem Ufer steh' ich lange Tage, p3b_010.002
Das Land der Griechen mit der Seele suchend; p3b_010.003
Und gegen meine Seufzer bringt die Welle p3b_010.004
Nur dumpfe Töne brausend mir herüber. p3b_010.005
Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern p3b_010.006
Ein einsam Leben führt! Jhm zehrt der Gram p3b_010.007
Das nächste Glück von seinen Lippen weg. p3b_010.008
Jhm schwärmen abwärts immer die Gedanken p3b_010.009
Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne p3b_010.010
Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo p3b_010.011
Sich Mitgeborne spielend fest und fester p3b_010.012
Mit sanften Banden aneinander knüpften &c.
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Aufgabe 1. Der nachfolgende Stoff soll in jambische Quinare p3b_010.014
verwandelt werden. (Die Verszeilen sind so gut als möglich durch p3b_010.015
Taktstriche angegeben.)
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Stoff. Verkehre viel mit deinen Kindern; │ Tag und Nacht sollst du sie p3b_010.017
um dich haben und sie lieben │ und dich lieben lassen schöne Jahre lang. │ p3b_010.018
Nur während des kurzen Kindheitstraumes │ sind sie dein, nicht länger! Schon p3b_010.019
mit der Jugend │ schleicht vieles durch ihre Brust, was du nicht bist, │ und p3b_010.020
mancherlei lockt sie an, was du nicht besitzest, │ und sie erfahren von einer alten p3b_010.021
Welt, │ welche ihren Geist erfüllt; die Zukunft schwebt │ ihnen vor. So geht p3b_010.022
die schöne Gegenwart │ verloren. Nun zieht der Knabe mit dem Wandertäschchen p3b_010.023
│ voll Notwendigem hinaus. │ Weinend siehst du ihm nach, bis er verschwindet. p3b_010.024
│ Nimmer wird er wieder dein! Er kehrt │ zurück, nun liebt er und p3b_010.025
wählt sich eine Jungfrau. │ Sie leben beide, andere leben auf │ aus ihm ─ p3b_010.026
du hast nun einen Mann an ihm erhalten, │ einen Menschen, ─ aber kein p3b_010.027
Kind hast du mehr! │ Nun bringt dir die vermählte Tochter ihre Kinder │ manchmal p3b_010.028
in dein Haus, um dich zu erfreuen. │ Du hast an ihr eine Mutter, aber p3b_010.029
kein Kind mehr. │ Darum gehe fleißig mit deinen Kindern um! │ Sei Tag und p3b_010.030
Nacht um sie und liebe sie │ und lasse dich lieben einzig schöne Jahre lang.
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Lösung. Von Leopold Schefer.
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Geh' fleißig um mit deinen Kindern! Habe p3b_010.033
Sie Tag und Nacht um dich und liebe sie p3b_010.034
Und laß dich lieben einzig schöne Jahre; p3b_010.035
Denn nur den engen Traum der Kindheit sind p3b_010.036
Sie dein, nicht länger! Mit der Jugend schon p3b_010.037
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Nun ihnen vor. So geht die Gegenwart p3b_010.042
Verloren. Mit dem Wandertäschchen dann
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/36>, abgerufen am 16.07.2024. |