Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_018.001 p3b_018.029Dann lief sie voller Freuden den steilen Weg zurück, p3b_018.002 Wo andre mühsam klettern, that sie nur einen Schritt. p3b_018.003 Sie eilte zu dem Vater, zu zeigen ihren Fang. p3b_018.004 Der Ritter saß am Tische und aß ein Lendenstück. p3b_018.005 Er richtet nun zur Tochter den hocherstaunten Blick. p3b_018.006 "Was zappelt in der Schürze, das du mir bringst herbei?" p3b_018.007 So rief der tapfre Esser der Riesentochter zu. p3b_018.008 Da naht sie mit der Schürze, zu zeigen ihm den Witz. p3b_018.009 "Ei, sieh doch, lieber Vater, was ich gefangen hab', p3b_018.010 Ein allerliebstes Spielzeug, wie ich's noch nie gesehn. p3b_018.011 Drauf eines nach dem andern stellte sie auf den Tisch. p3b_018.012 Den Pflug und dann die Pferde, zuletzt den Bauer auch. p3b_018.013 Dann schlug sie in die Hände und jubelte vor Freud, p3b_018.014 Wie sich die kleinen Wesen bewegten hin und her. p3b_018.015 Sie rennt voll lauten Jubels im Saale dann herum, p3b_018.016 Zu fangen rasch die Pferde, die sich zur Flucht gewandt. p3b_018.017 Gebietend sprach der Vater, (man merkt ihm an den Ernst): p3b_018.018 Was hast du angerichtet? das ist kein Spielzeug Kind. p3b_018.019 Geh' nur und trag' es wieder hinunter in das Thal; p3b_018.020 Wo du es hergenommen, da stell' es wieder hin. p3b_018.021 Es hilft dir nicht dein Murren und auch dein Weinen nicht, p3b_018.022 Der Bauer ist kein Spielzeug, er baut für uns das Feld, p3b_018.023 Verhungern müßte der Riese, wär' er nicht auf der Welt. p3b_018.024 § 6. Bildung von Alexandrinern. p3b_018.030 p3b_018.034 p3b_018.039 p3b_018.001 p3b_018.029Dann lief sie voller Freuden den steilen Weg zurück, p3b_018.002 Wo andre mühsam klettern, that sie nur einen Schritt. p3b_018.003 Sie eilte zu dem Vater, zu zeigen ihren Fang. p3b_018.004 Der Ritter saß am Tische und aß ein Lendenstück. p3b_018.005 Er richtet nun zur Tochter den hocherstaunten Blick. p3b_018.006 „Was zappelt in der Schürze, das du mir bringst herbei?“ p3b_018.007 So rief der tapfre Esser der Riesentochter zu. p3b_018.008 Da naht sie mit der Schürze, zu zeigen ihm den Witz. p3b_018.009 „Ei, sieh doch, lieber Vater, was ich gefangen hab', p3b_018.010 Ein allerliebstes Spielzeug, wie ich's noch nie gesehn. p3b_018.011 Drauf eines nach dem andern stellte sie auf den Tisch. p3b_018.012 Den Pflug und dann die Pferde, zuletzt den Bauer auch. p3b_018.013 Dann schlug sie in die Hände und jubelte vor Freud, p3b_018.014 Wie sich die kleinen Wesen bewegten hin und her. p3b_018.015 Sie rennt voll lauten Jubels im Saale dann herum, p3b_018.016 Zu fangen rasch die Pferde, die sich zur Flucht gewandt. p3b_018.017 Gebietend sprach der Vater, (man merkt ihm an den Ernst): p3b_018.018 Was hast du angerichtet? das ist kein Spielzeug Kind. p3b_018.019 Geh' nur und trag' es wieder hinunter in das Thal; p3b_018.020 Wo du es hergenommen, da stell' es wieder hin. p3b_018.021 Es hilft dir nicht dein Murren und auch dein Weinen nicht, p3b_018.022 Der Bauer ist kein Spielzeug, er baut für uns das Feld, p3b_018.023 Verhungern müßte der Riese, wär' er nicht auf der Welt. p3b_018.024 § 6. 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Der Lernende möge die letzte Zeile bessern, indem er fragt: Wer <lb n="p3b_018.025"/> wäre nicht auf der Welt? Die Änderung muß lauten: Wä̆r' dĕr Bāuĕr nĭcht <lb n="p3b_018.026"/> āuf dĕr Wēlt. Jn dieser Art fehlen so viele, z. B. Kleist (vgl. S. 28 Z. 7), <lb n="p3b_018.027"/> Gregorovius u. s. w. Die Bezüge müssen logisch und grammatikalisch richtig <lb n="p3b_018.028"/> und schon beim ersten Lesen <hi rendition="#g">verständlich</hi> sein!)</p> </div> <lb n="p3b_018.029"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c">§ 6. Bildung von Alexandrinern.</hi> </head> <p><lb n="p3b_018.030"/> 1. Bei Bildung des Alexandriners, dieses jambischen Sechstakters, <lb n="p3b_018.031"/> ist darauf zu achten, daß nach dem 3. Takte eine ständige Diäresis <lb n="p3b_018.032"/> eintritt (⏑–⏑–⏑– │ ⏑–⏑–⏑– │ ). Der Satztakt des 3. Verstaktes darf <lb n="p3b_018.033"/> somit nicht den 4. Takt überbrücken.</p> <p><lb n="p3b_018.034"/> 2. Nach Günthers u. a. besonders aber Rückerts Vorgang (Frauentaschenbuch <lb n="p3b_018.035"/> 1825, S. 411) ist es im Deutschen gestattet, dem Alexandriner <lb n="p3b_018.036"/> zuweilen weibliche Endungen zu geben, wodurch er um eine <lb n="p3b_018.037"/> Thesis verlängert wird, also hyperkatalektischen (überzähligen) Abschluß <lb n="p3b_018.038"/> erhält (wie in den S. 19 Z. 4 und 5 angeführten Versen).</p> <p><lb n="p3b_018.039"/> 3. Es ist nicht nötig, daß jederzeit mit der stehenden Diäresis <lb n="p3b_018.040"/> eine syntaktische Pause verbunden werde; im Gegenteil würde fort= </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0044]
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Dann lief sie voller Freuden den steilen Weg zurück, p3b_018.002
Wo andre mühsam klettern, that sie nur einen Schritt. p3b_018.003
Sie eilte zu dem Vater, zu zeigen ihren Fang. p3b_018.004
Der Ritter saß am Tische und aß ein Lendenstück. p3b_018.005
Er richtet nun zur Tochter den hocherstaunten Blick. p3b_018.006
„Was zappelt in der Schürze, das du mir bringst herbei?“ p3b_018.007
So rief der tapfre Esser der Riesentochter zu. p3b_018.008
Da naht sie mit der Schürze, zu zeigen ihm den Witz. p3b_018.009
„Ei, sieh doch, lieber Vater, was ich gefangen hab', p3b_018.010
Ein allerliebstes Spielzeug, wie ich's noch nie gesehn. p3b_018.011
Drauf eines nach dem andern stellte sie auf den Tisch. p3b_018.012
Den Pflug und dann die Pferde, zuletzt den Bauer auch. p3b_018.013
Dann schlug sie in die Hände und jubelte vor Freud, p3b_018.014
Wie sich die kleinen Wesen bewegten hin und her. p3b_018.015
Sie rennt voll lauten Jubels im Saale dann herum, p3b_018.016
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Gebietend sprach der Vater, (man merkt ihm an den Ernst): p3b_018.018
Was hast du angerichtet? das ist kein Spielzeug Kind. p3b_018.019
Geh' nur und trag' es wieder hinunter in das Thal; p3b_018.020
Wo du es hergenommen, da stell' es wieder hin. p3b_018.021
Es hilft dir nicht dein Murren und auch dein Weinen nicht, p3b_018.022
Der Bauer ist kein Spielzeug, er baut für uns das Feld, p3b_018.023
Verhungern müßte der Riese, wär' er nicht auf der Welt.
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(NB. Der Lernende möge die letzte Zeile bessern, indem er fragt: Wer p3b_018.025
wäre nicht auf der Welt? Die Änderung muß lauten: Wä̆r' dĕr Bāuĕr nĭcht p3b_018.026
āuf dĕr Wēlt. Jn dieser Art fehlen so viele, z. B. Kleist (vgl. S. 28 Z. 7), p3b_018.027
Gregorovius u. s. w. Die Bezüge müssen logisch und grammatikalisch richtig p3b_018.028
und schon beim ersten Lesen verständlich sein!)
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§ 6. Bildung von Alexandrinern. p3b_018.030
1. Bei Bildung des Alexandriners, dieses jambischen Sechstakters, p3b_018.031
ist darauf zu achten, daß nach dem 3. Takte eine ständige Diäresis p3b_018.032
eintritt (⏑–⏑–⏑– │ ⏑–⏑–⏑– │ ). Der Satztakt des 3. Verstaktes darf p3b_018.033
somit nicht den 4. Takt überbrücken.
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2. Nach Günthers u. a. besonders aber Rückerts Vorgang (Frauentaschenbuch p3b_018.035
1825, S. 411) ist es im Deutschen gestattet, dem Alexandriner p3b_018.036
zuweilen weibliche Endungen zu geben, wodurch er um eine p3b_018.037
Thesis verlängert wird, also hyperkatalektischen (überzähligen) Abschluß p3b_018.038
erhält (wie in den S. 19 Z. 4 und 5 angeführten Versen).
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3. Es ist nicht nötig, daß jederzeit mit der stehenden Diäresis p3b_018.040
eine syntaktische Pause verbunden werde; im Gegenteil würde fort=
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