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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.

Bald wurde für ein Ehrengeschenk zum Doktor¬
jubiläum des Ordinarius gesammelt.

Dann hatte er eine Fensterscheibe in der Klasse
zerschlagen.

Sehr oft drängte es ihn, eine Klassikervorstellung
im Theater zu besuchen.

Ein Kamerad war gestorben, ein sehr guter
Freund von ihm: Da mußte ein Kranz her.

Unendlich häufig mußten Bücher gebunden,
Hefte gekauft, neue Schulausgaben angeschafft
werden.

Aus Versehen hatte er Tinte über den Atlas
seines Nachbars gegossen. Ein ekliger Kerl, wie der
war, wollte er ihn ersetzt haben.

Es war erstaunlich, wie leicht ihm die Lügen
fielen. Er schmückte sie sogar mit ersichtlichem
Vergnügen novellistisch aus. Erzählte z. B. die
ganze Lebensgeschichte des jubilanten Ordinarius,
ahmte ihn nach, führte eine ganze Komödie von
ihm auf -- Alles freieste Erfindung; und
das Ehepaar Wiehr wollte sich ausschütten vor
Lachen.

Aber auch diese kleinen Mittel halfen nicht auf
die Dauer. Stilpe starrte ins Leere und fand
nichts.

Stilpe.

Bald wurde für ein Ehrengeſchenk zum Doktor¬
jubiläum des Ordinarius geſammelt.

Dann hatte er eine Fenſterſcheibe in der Klaſſe
zerſchlagen.

Sehr oft drängte es ihn, eine Klaſſikervorſtellung
im Theater zu beſuchen.

Ein Kamerad war geſtorben, ein ſehr guter
Freund von ihm: Da mußte ein Kranz her.

Unendlich häufig mußten Bücher gebunden,
Hefte gekauft, neue Schulausgaben angeſchafft
werden.

Aus Verſehen hatte er Tinte über den Atlas
ſeines Nachbars gegoſſen. Ein ekliger Kerl, wie der
war, wollte er ihn erſetzt haben.

Es war erſtaunlich, wie leicht ihm die Lügen
fielen. Er ſchmückte ſie ſogar mit erſichtlichem
Vergnügen novelliſtiſch aus. Erzählte z. B. die
ganze Lebensgeſchichte des jubilanten Ordinarius,
ahmte ihn nach, führte eine ganze Komödie von
ihm auf — Alles freieſte Erfindung; und
das Ehepaar Wiehr wollte ſich ausſchütten vor
Lachen.

Aber auch dieſe kleinen Mittel halfen nicht auf
die Dauer. Stilpe ſtarrte ins Leere und fand
nichts.

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[116/0130] Stilpe. Bald wurde für ein Ehrengeſchenk zum Doktor¬ jubiläum des Ordinarius geſammelt. Dann hatte er eine Fenſterſcheibe in der Klaſſe zerſchlagen. Sehr oft drängte es ihn, eine Klaſſikervorſtellung im Theater zu beſuchen. Ein Kamerad war geſtorben, ein ſehr guter Freund von ihm: Da mußte ein Kranz her. Unendlich häufig mußten Bücher gebunden, Hefte gekauft, neue Schulausgaben angeſchafft werden. Aus Verſehen hatte er Tinte über den Atlas ſeines Nachbars gegoſſen. Ein ekliger Kerl, wie der war, wollte er ihn erſetzt haben. Es war erſtaunlich, wie leicht ihm die Lügen fielen. Er ſchmückte ſie ſogar mit erſichtlichem Vergnügen novelliſtiſch aus. Erzählte z. B. die ganze Lebensgeſchichte des jubilanten Ordinarius, ahmte ihn nach, führte eine ganze Komödie von ihm auf — Alles freieſte Erfindung; und das Ehepaar Wiehr wollte ſich ausſchütten vor Lachen. Aber auch dieſe kleinen Mittel halfen nicht auf die Dauer. Stilpe ſtarrte ins Leere und fand nichts.

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/130>, abgerufen am 18.12.2024.