zu bemerken, ob derlei nicht Blödsinn zur Folge haben könnte?
-- Nein! schnaubte Doktor Schatzheber, aber, wenn die Wöchnerin nicht bewußtlos wäre, würde ich Sie . . . .; dann wusch er seine Zange in Karbol.
[Abbildung]
Tante Paulinens Benehmen ist schuld daran, daß ich vergessen habe, den Schauplatz von Stilpes Geburt zu nennen. Es vollzog sich dieser Akt in Leißnig, einer kleinen sächsischen Stadt, über die ich in Kürschners Quartlexikon nichts weiter finde, als daß sie an der Freiberger Mulde und nicht weit von dem Schloß Muldenstein liegt. Ich habe auch keinen Anlaß, mich bei diesem Gemeinwesen länger aufzuhalten, denn, wenn ich auch zu Beginn meiner Geschichte eine kleine Stilpopädie zu liefern gedenke, so bin ich doch weit entfernt, mich nach dem preis¬ würdigen Muster des lieben Meisters Rabelais auch mit den Windelerlebnissen meines Freundes zu beschäftigen. Selbst die erste Hose und die Schulzuckertüte bringt mich nicht von dem Vorsatz ab, erst in dem Augenblick einzusetzen, wo mein
Erſtes Buch, erſtes Kapitel.
zu bemerken, ob derlei nicht Blödſinn zur Folge haben könnte?
— Nein! ſchnaubte Doktor Schatzheber, aber, wenn die Wöchnerin nicht bewußtlos wäre, würde ich Sie . . . .; dann wuſch er ſeine Zange in Karbol.
[Abbildung]
Tante Paulinens Benehmen iſt ſchuld daran, daß ich vergeſſen habe, den Schauplatz von Stilpes Geburt zu nennen. Es vollzog ſich dieſer Akt in Leißnig, einer kleinen ſächſiſchen Stadt, über die ich in Kürſchners Quartlexikon nichts weiter finde, als daß ſie an der Freiberger Mulde und nicht weit von dem Schloß Muldenſtein liegt. Ich habe auch keinen Anlaß, mich bei dieſem Gemeinweſen länger aufzuhalten, denn, wenn ich auch zu Beginn meiner Geſchichte eine kleine Stilpopädie zu liefern gedenke, ſo bin ich doch weit entfernt, mich nach dem preis¬ würdigen Muſter des lieben Meiſters Rabelais auch mit den Windelerlebniſſen meines Freundes zu beſchäftigen. Selbſt die erſte Hoſe und die Schulzuckertüte bringt mich nicht von dem Vorſatz ab, erſt in dem Augenblick einzuſetzen, wo mein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0019"n="5"/><fwplace="top"type="header">Erſtes Buch, erſtes Kapitel.<lb/></fw>zu bemerken, ob derlei nicht Blödſinn zur Folge<lb/>
haben könnte?</p><lb/><p>— Nein! ſchnaubte Doktor Schatzheber, aber,<lb/>
wenn die Wöchnerin nicht bewußtlos wäre, würde<lb/>
ich Sie . . . .; dann wuſch er ſeine Zange in<lb/>
Karbol.</p><lb/><figure/><lb/><p>Tante Paulinens Benehmen iſt ſchuld daran,<lb/>
daß ich vergeſſen habe, den Schauplatz von Stilpes<lb/>
Geburt zu nennen. Es vollzog ſich dieſer Akt in<lb/>
Leißnig, einer kleinen ſächſiſchen Stadt, über die ich<lb/>
in Kürſchners Quartlexikon nichts weiter finde, als<lb/>
daß ſie an der Freiberger Mulde und nicht weit<lb/>
von dem Schloß Muldenſtein liegt. Ich habe auch<lb/>
keinen Anlaß, mich bei dieſem Gemeinweſen länger<lb/>
aufzuhalten, denn, wenn ich auch zu Beginn meiner<lb/>
Geſchichte eine kleine Stilpopädie zu liefern gedenke,<lb/>ſo bin ich doch weit entfernt, mich nach dem preis¬<lb/>
würdigen Muſter des lieben Meiſters Rabelais<lb/>
auch mit den Windelerlebniſſen meines Freundes<lb/>
zu beſchäftigen. Selbſt die erſte Hoſe und die<lb/>
Schulzuckertüte bringt mich nicht von dem Vorſatz<lb/>
ab, erſt in dem Augenblick einzuſetzen, wo mein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[5/0019]
Erſtes Buch, erſtes Kapitel.
zu bemerken, ob derlei nicht Blödſinn zur Folge
haben könnte?
— Nein! ſchnaubte Doktor Schatzheber, aber,
wenn die Wöchnerin nicht bewußtlos wäre, würde
ich Sie . . . .; dann wuſch er ſeine Zange in
Karbol.
[Abbildung]
Tante Paulinens Benehmen iſt ſchuld daran,
daß ich vergeſſen habe, den Schauplatz von Stilpes
Geburt zu nennen. Es vollzog ſich dieſer Akt in
Leißnig, einer kleinen ſächſiſchen Stadt, über die ich
in Kürſchners Quartlexikon nichts weiter finde, als
daß ſie an der Freiberger Mulde und nicht weit
von dem Schloß Muldenſtein liegt. Ich habe auch
keinen Anlaß, mich bei dieſem Gemeinweſen länger
aufzuhalten, denn, wenn ich auch zu Beginn meiner
Geſchichte eine kleine Stilpopädie zu liefern gedenke,
ſo bin ich doch weit entfernt, mich nach dem preis¬
würdigen Muſter des lieben Meiſters Rabelais
auch mit den Windelerlebniſſen meines Freundes
zu beſchäftigen. Selbſt die erſte Hoſe und die
Schulzuckertüte bringt mich nicht von dem Vorſatz
ab, erſt in dem Augenblick einzuſetzen, wo mein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/19>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.