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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Viertes Buch, zweites Kapitel.
Welt, aber wer sein Reich kannte, diese weiten
kosmischen Räume voll unerhörter Phantasien und
diese bunten Fabelstädte mit den intimsten Winkeln
genießender Ruhe nach rasenden Räuschen, der
wußte, daß seine Welt beträchtlich schöner war, als
unsere. Ein Fakir mit Humor. In der Heimat
seines Geistes, in Indien, wäre er wohl auch ohne
Alkohol weise und heiter gewesen; in Berlin aber
mußte er sehr viel trinken. Doch selbst im Alkohol
blieb er harmonisch. Es schien, als ob er wirklich
die Fakirkunst besäße, sich durch seelische Kräfte
gegen alles Giftige immun zu machen.

Besonders darum beneidete ihn Stilpe, der zu¬
weilen selber merkte, wie der Alkohol an ihm
zehrte, und wie er immer abhängiger von ihm
wurde.

Der zweite der Eigentlichen war der "Peri¬
pathetiker". Auch er repräsentierte Weisheit in einem
ganz unmodernen Sinne. Stilpe behauptete, er
sei die Reincarnation des alten Diogenes, und
diese Meinung traf das Wesen des Peripathetikers
im Ganzen wohl. Nur kam ein gut Teil weicher
Verträumtheit hinzu. Er übertraf den Bären¬
führer noch an sozialer Untergrundslosigkeit, denn
er besaß keinen weiblichen Bären, der ihm kochte.

Viertes Buch, zweites Kapitel.
Welt, aber wer ſein Reich kannte, dieſe weiten
kosmiſchen Räume voll unerhörter Phantaſien und
dieſe bunten Fabelſtädte mit den intimſten Winkeln
genießender Ruhe nach raſenden Räuſchen, der
wußte, daß ſeine Welt beträchtlich ſchöner war, als
unſere. Ein Fakir mit Humor. In der Heimat
ſeines Geiſtes, in Indien, wäre er wohl auch ohne
Alkohol weiſe und heiter geweſen; in Berlin aber
mußte er ſehr viel trinken. Doch ſelbſt im Alkohol
blieb er harmoniſch. Es ſchien, als ob er wirklich
die Fakirkunſt beſäße, ſich durch ſeeliſche Kräfte
gegen alles Giftige immun zu machen.

Beſonders darum beneidete ihn Stilpe, der zu¬
weilen ſelber merkte, wie der Alkohol an ihm
zehrte, und wie er immer abhängiger von ihm
wurde.

Der zweite der Eigentlichen war der „Peri¬
pathetiker“. Auch er repräſentierte Weisheit in einem
ganz unmodernen Sinne. Stilpe behauptete, er
ſei die Reincarnation des alten Diogenes, und
dieſe Meinung traf das Weſen des Peripathetikers
im Ganzen wohl. Nur kam ein gut Teil weicher
Verträumtheit hinzu. Er übertraf den Bären¬
führer noch an ſozialer Untergrundsloſigkeit, denn
er beſaß keinen weiblichen Bären, der ihm kochte.

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[331/0345] Viertes Buch, zweites Kapitel. Welt, aber wer ſein Reich kannte, dieſe weiten kosmiſchen Räume voll unerhörter Phantaſien und dieſe bunten Fabelſtädte mit den intimſten Winkeln genießender Ruhe nach raſenden Räuſchen, der wußte, daß ſeine Welt beträchtlich ſchöner war, als unſere. Ein Fakir mit Humor. In der Heimat ſeines Geiſtes, in Indien, wäre er wohl auch ohne Alkohol weiſe und heiter geweſen; in Berlin aber mußte er ſehr viel trinken. Doch ſelbſt im Alkohol blieb er harmoniſch. Es ſchien, als ob er wirklich die Fakirkunſt beſäße, ſich durch ſeeliſche Kräfte gegen alles Giftige immun zu machen. Beſonders darum beneidete ihn Stilpe, der zu¬ weilen ſelber merkte, wie der Alkohol an ihm zehrte, und wie er immer abhängiger von ihm wurde. Der zweite der Eigentlichen war der „Peri¬ pathetiker“. Auch er repräſentierte Weisheit in einem ganz unmodernen Sinne. Stilpe behauptete, er ſei die Reincarnation des alten Diogenes, und dieſe Meinung traf das Weſen des Peripathetikers im Ganzen wohl. Nur kam ein gut Teil weicher Verträumtheit hinzu. Er übertraf den Bären¬ führer noch an ſozialer Untergrundsloſigkeit, denn er beſaß keinen weiblichen Bären, der ihm kochte.

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/345>, abgerufen am 22.11.2024.