Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.

Bild:
<< vorherige Seite
Exempel.

Wir wollen aus der Insul Oüessant an den Gränzen von Bretagne,
die gegen Brest Abendwärts lieget, abschiffen, und gegen das Cap de Fi-
nisterre in Gallicien zu fahren. Wir suchen erstlich in einer Seecharte,
die auf die Manier, wie wir hernach fagen werden, redueiret worden, wie
das Schiff soll geleitet werden, da werden wir dann damerken, daß die
Noute zwischen Südwest und Süd Südwest, das ist, nach der Linie,
welche gegen Südwest . Sud gehet, geschehe; so man nun den rech-
ten Wind darzu hat, muß man das Steuerruder dergestalten wenden,
daß die Linie von Sudwest . Sub accurat mit dem Creutz, das auf dem
Nande des viereckigten Compaßes dezeichnet worden, überein treffe, und
hierdurch kann man, welches zu bewundern ist, den Lauf des Schiffes
dey Nacht wie bey Tag in einem zugeschlossenen Zimmer, eben als wann man
in freyer Lust wäre, dey trüben Wetter, wie bey einem schönen, lenken, so
daß man allezeit wird wissen können, ob das Schiff von seinem rechten Weg,
den solches gehen muß, abweiche.

Von der Veränderung oder Abmeichung des
Magners.

Die Erfahrung hat uns gelehret, daß die Magnetnabel von der wah-
ren Mitternacht abweiche, das ist, daß die Linie nicht vollkommen gegen Nor-
den der Welt gehe, sondern daß selbige zuweilen gegen Morgen, ein ander-
mal aber gegen Abend mehr ober weniger zu unterschiedlichen Zeiten und an
verlchiedenen Oertern abweiche.

Um das Jahr 1665. hatte die Magnetnabel ganz keine Abweichung zu
Paris, an statt daß anjetzo ihre Abweichung allda grösser als 12. Grao von
Mitternacht gegen Abend ist, derowegen muß man dahin absonderlich dedacht
seyn, wie man die Abweichung der Magnetnadel allemalen, so oft eine gute
Gelegenheit sich zeiget, beobachten möge, damit man darauf dey Regie-
rung des Schiffes acht haben könne.

So nun, zum Exempel, die Abweichung der Magnetnadel 10. Grad
groß in der Insel Oüessant von Norden gegen Westen wäre, welche In-
sel wir den Ort von der Abseglung unsers Schiffs supponirel haben, und
daß man accurat nach der Linie von Südwest . Süd gienge, so würde
man an statt an das Cap de Finisterre zu gelangen, in eine andere Gegend,
die um 10. Grad weiter gegen Morgen liegt, kommen, damit man ader hier-
innen ein Hülfsmittel haben möge, muß man das Creutz, welches den
Nhombum der Direction andeutet, auf dem viereckigten Compaß von sei-
ner Stelle thun, und solches gegen Osten um so viel Grad, als die Abwei-

Exempel.

Wir wollen aus der Inſul Oüeſſant an den Gränzen von Bretagne,
die gegen Breſt Abendwärts lieget, abſchiffen, und gegen das Cap de Fi-
nisterre in Gallicien zu fahren. Wir ſuchen erſtlich in einer Seecharte,
die auf die Manier, wie wir hernach fagen werden, redueiret worden, wie
das Schiff ſoll geleitet werden, da werden wir dann damerken, daß die
Noute zwiſchen Südweſt und Süd Südweſt, das iſt, nach der Linie,
welche gegen Südweſt . Sud gehet, geſchehe; ſo man nun den rech-
ten Wind darzu hat, muß man das Steuerruder dergeſtalten wenden,
daß die Linie von Sudweſt . Sub accurat mit dem Creutz, das auf dem
Nande des viereckigten Compaßes dezeichnet worden, überein treffe, und
hierdurch kann man, welches zu bewundern iſt, den Lauf des Schiffes
dey Nacht wie bey Tag in einem zugeſchloſſenen Zimmer, eben als wann man
in freyer Luſt wäre, dey trüben Wetter, wie bey einem ſchönen, lenken, ſo
daß man allezeit wird wiſſen können, ob das Schiff von ſeinem rechten Weg,
den ſolches gehen muß, abweiche.

Von der Veränderung oder Abmeichung des
Magners.

Die Erfahrung hat uns gelehret, daß die Magnetnabel von der wah-
ren Mitternacht abweiche, das iſt, daß die Linie nicht vollkommen gegen Nor-
den der Welt gehe, ſondern daß ſelbige zuweilen gegen Morgen, ein ander-
mal aber gegen Abend mehr ober weniger zu unterſchiedlichen Zeiten und an
verlchiedenen Oertern abweiche.

Um das Jahr 1665. hatte die Magnetnabel ganz keine Abweichung zu
Paris, an ſtatt daß anjetzo ihre Abweichung allda gröſſer als 12. Grao von
Mitternacht gegen Abend iſt, derowegen muß man dahin abſonderlich dedacht
ſeyn, wie man die Abweichung der Magnetnadel allemalen, ſo oft eine gute
Gelegenheit ſich zeiget, beobachten möge, damit man darauf dey Regie-
rung des Schiffes acht haben könne.

So nun, zum Exempel, die Abweichung der Magnetnadel 10. Grad
groß in der Inſel Oüeſſant von Norden gegen Weſten wäre, welche In-
ſel wir den Ort von der Abſeglung unſers Schiffs ſupponirel haben, und
daß man accurat nach der Linie von Südweſt . Süd gienge, ſo würde
man an ſtatt an das Cap de Finisterre zu gelangen, in eine andere Gegend,
die um 10. Grad weiter gegen Morgen liegt, kommen, damit man ader hier-
innen ein Hülfsmittel haben möge, muß man das Creutz, welches den
Nhombum der Direction andeutet, auf dem viereckigten Compaß von ſei-
ner Stelle thun, und ſolches gegen Oſten um ſo viel Grad, als die Abwei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <pb facs="#f0316" n="294"/>
        </div>
        <div n="3">
          <head>Exempel.</head><lb/>
          <p>Wir wollen aus der In&#x017F;ul Oüe&#x017F;&#x017F;ant an den Gränzen von Bretagne,<lb/>
die                             gegen Bre&#x017F;t Abendwärts lieget, ab&#x017F;chiffen, und gegen das Cap de                             Fi-<lb/>
nisterre in Gallicien zu fahren. Wir &#x017F;uchen er&#x017F;tlich in einer                             Seecharte,<lb/>
die auf die Manier, wie wir hernach fagen werden,                             redueiret worden, wie<lb/>
das Schiff &#x017F;oll geleitet werden, da werden                             wir dann damerken, daß die<lb/>
Noute zwi&#x017F;chen Südwe&#x017F;t und Süd Südwe&#x017F;t,                             das i&#x017F;t, nach der Linie,<lb/>
welche gegen Südwe&#x017F;t <formula notation="TeX">\frac {1}{4}</formula>. Sud gehet,                             ge&#x017F;chehe; &#x017F;o man nun den rech-<lb/>
ten Wind darzu hat, muß man das                             Steuerruder derge&#x017F;talten wenden,<lb/>
daß die Linie von Sudwe&#x017F;t <formula notation="TeX">\frac {1}{4}</formula>.                             Sub accurat mit dem Creutz, das auf dem<lb/>
Nande des viereckigten                             Compaßes dezeichnet worden, überein treffe, und<lb/>
hierdurch kann man,                             welches zu bewundern i&#x017F;t, den Lauf des Schiffes<lb/>
dey Nacht wie bey                             Tag in einem zuge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zimmer, eben als wann man<lb/>
in freyer                             Lu&#x017F;t wäre, dey trüben Wetter, wie bey einem &#x017F;chönen, lenken, &#x017F;o<lb/>
daß                             man allezeit wird wi&#x017F;&#x017F;en können, ob das Schiff von &#x017F;einem rechten Weg,<lb/>
den &#x017F;olches gehen muß, abweiche. </p>
        </div>
        <div n="3">
          <head>Von der Veränderung oder Abmeichung des<lb/>
Magners.</head><lb/>
          <p>Die Erfahrung hat uns gelehret, daß die Magnetnabel von der wah-<lb/>
ren                             Mitternacht abweiche, das i&#x017F;t, daß die Linie nicht vollkommen gegen                             Nor-<lb/>
den der Welt gehe, &#x017F;ondern daß &#x017F;elbige zuweilen gegen Morgen,                             ein ander-<lb/>
mal aber gegen Abend mehr ober weniger zu                             unter&#x017F;chiedlichen Zeiten und an<lb/>
verlchiedenen Oertern abweiche. </p>
          <p>Um das Jahr 1665. hatte die Magnetnabel ganz keine Abweichung zu<lb/>
Paris, an &#x017F;tatt daß anjetzo ihre Abweichung allda grö&#x017F;&#x017F;er als 12.                             Grao von<lb/>
Mitternacht gegen Abend i&#x017F;t, derowegen muß man dahin                             ab&#x017F;onderlich dedacht<lb/>
&#x017F;eyn, wie man die Abweichung der Magnetnadel                             allemalen, &#x017F;o oft eine gute<lb/>
Gelegenheit &#x017F;ich zeiget, beobachten                             möge, damit man darauf dey Regie-<lb/>
rung des Schiffes acht haben                             könne. </p>
          <p>So nun, zum Exempel, die Abweichung der Magnetnadel 10. Grad<lb/>
groß in                             der In&#x017F;el Oüe&#x017F;&#x017F;ant von Norden gegen We&#x017F;ten wäre, welche In-<lb/>
&#x017F;el wir                             den Ort von der Ab&#x017F;eglung un&#x017F;ers Schiffs &#x017F;upponirel haben, und<lb/>
daß                             man accurat nach der Linie von Südwe&#x017F;t <formula notation="TeX">\frac {1}{4}</formula>. Süd gienge, &#x017F;o würde<lb/>
man an &#x017F;tatt an das Cap de Finisterre zu gelangen, in eine andere                             Gegend,<lb/>
die um 10. Grad weiter gegen Morgen liegt, kommen, damit                             man ader hier-<lb/>
innen ein Hülfsmittel haben möge, muß man das Creutz,                             welches den<lb/>
Nhombum der Direction andeutet, auf dem viereckigten                             Compaß von &#x017F;ei-<lb/>
ner Stelle thun, und &#x017F;olches gegen O&#x017F;ten um &#x017F;o viel                             Grad, als die Abwei-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0316] Exempel. Wir wollen aus der Inſul Oüeſſant an den Gränzen von Bretagne, die gegen Breſt Abendwärts lieget, abſchiffen, und gegen das Cap de Fi- nisterre in Gallicien zu fahren. Wir ſuchen erſtlich in einer Seecharte, die auf die Manier, wie wir hernach fagen werden, redueiret worden, wie das Schiff ſoll geleitet werden, da werden wir dann damerken, daß die Noute zwiſchen Südweſt und Süd Südweſt, das iſt, nach der Linie, welche gegen Südweſt [FORMEL]. Sud gehet, geſchehe; ſo man nun den rech- ten Wind darzu hat, muß man das Steuerruder dergeſtalten wenden, daß die Linie von Sudweſt [FORMEL]. Sub accurat mit dem Creutz, das auf dem Nande des viereckigten Compaßes dezeichnet worden, überein treffe, und hierdurch kann man, welches zu bewundern iſt, den Lauf des Schiffes dey Nacht wie bey Tag in einem zugeſchloſſenen Zimmer, eben als wann man in freyer Luſt wäre, dey trüben Wetter, wie bey einem ſchönen, lenken, ſo daß man allezeit wird wiſſen können, ob das Schiff von ſeinem rechten Weg, den ſolches gehen muß, abweiche. Von der Veränderung oder Abmeichung des Magners. Die Erfahrung hat uns gelehret, daß die Magnetnabel von der wah- ren Mitternacht abweiche, das iſt, daß die Linie nicht vollkommen gegen Nor- den der Welt gehe, ſondern daß ſelbige zuweilen gegen Morgen, ein ander- mal aber gegen Abend mehr ober weniger zu unterſchiedlichen Zeiten und an verlchiedenen Oertern abweiche. Um das Jahr 1665. hatte die Magnetnabel ganz keine Abweichung zu Paris, an ſtatt daß anjetzo ihre Abweichung allda gröſſer als 12. Grao von Mitternacht gegen Abend iſt, derowegen muß man dahin abſonderlich dedacht ſeyn, wie man die Abweichung der Magnetnadel allemalen, ſo oft eine gute Gelegenheit ſich zeiget, beobachten möge, damit man darauf dey Regie- rung des Schiffes acht haben könne. So nun, zum Exempel, die Abweichung der Magnetnadel 10. Grad groß in der Inſel Oüeſſant von Norden gegen Weſten wäre, welche In- ſel wir den Ort von der Abſeglung unſers Schiffs ſupponirel haben, und daß man accurat nach der Linie von Südweſt [FORMEL]. Süd gienge, ſo würde man an ſtatt an das Cap de Finisterre zu gelangen, in eine andere Gegend, die um 10. Grad weiter gegen Morgen liegt, kommen, damit man ader hier- innen ein Hülfsmittel haben möge, muß man das Creutz, welches den Nhombum der Direction andeutet, auf dem viereckigten Compaß von ſei- ner Stelle thun, und ſolches gegen Oſten um ſo viel Grad, als die Abwei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

ECHO: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-09T11:08:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-10-09T11:08:35Z)
ECHO: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-09T11:08:35Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen und Zeilen hinweg werden beibehalten.
  • Marginalien werden jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ausgezeichnet.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/316
Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/316>, abgerufen am 22.11.2024.