Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.

Bild:
<< vorherige Seite

die zween ersten, die wir bemerket haben, eine krumme lorodromische Linie.
Solche ist die Hypothenus eines geradwinklichten sphärischen Triangels,
dessen zwo Seiten der Weg des Schiffes nach der Länge und Breite sind.

Man hat die (Latitudinem) oder Breite insgemein aus der Beobachtung
man hat auch nach dem Compaß den Winkel der Lorodromiä, mit einer oder
der andern von den beyden Seiten; was man aber nach der Trigonometri-
schen Verechnung suchet, ist dieses, daß man wisse, wie groß die zuruckgeleg-
te Länge, wie auch die Lorodromia oder der Lauf des Schiffes seye.

Dieweilen aber diese krumme Linie in den Berechnungen viele Händel
machet, so hat man die Route oder den Lauf vielmehr in einer geraden Linie
haben wollen, und doch dabey dieser geraden Linie die Haupteigenschaft der
Lorodromiä, welches ist die Meridianen allezeit unter einem Winkel durch-
zuschneiden, erhalten müssen. Nun ist das in sofern ganz unmöglich, weil
die Meridiani nicht parallel untereinander laufen, gleichwie sie auch in der
That nicht sind. Dahero hat man die Meridianen parallel supponiren müs-
sen, daraus dann erfolget ist, daß die Grade der Länge, die von dem
Aequator ungleich entfernet sind, von einerley Grösse supponiret worden,
obwolen sie schon allezeit von dem Aequator an nach einem gewissen bekannten
Verhältniß in der That kleiner werden; damit man aber diesen Fehler wie-
der einbringen möge, so werden die Grade der Breite, die nach der Ei-
genschaft einer (Sphaerae) oder Kugel überall gleich sind; in denen Seechar-
ten in eben dem Verhältniß, als diejenige von der Länge hätten abneh-
men sollen, zunehmen müssen. Solchergestalt fällt die Ungleichheit, welche
in den Graden der Länge von verschiedenen Parallelen seyn sollte, auf
die Grade der Breite, auf Art und Weise, wie wir hernach sagen wer-
den.

Die auf solche Manier construirte Charten werden reducirt oder zu ei-
nem Puncte reduciret, benennet, deren man sich insgemein als der besten be-
dienet; die Erfahrung von verschiedenen Jahrhunderten her, hat zu erkennen
gegeben, daß die Schiffleute zu ihrem Gebrauche ganz simple Charten haben
müssen, auf denen die meridian, die Parallele mit dem Aequator, und die
Rhombi, der Winde durch gerade Linien, um desto leichter die Bestim-
mung des Schifflaufes zu finden, vorgestellet werden.

[Abbildung]

die zween erſten, die wir bemerket haben, eine krumme lorodromiſche Linie.
Solche iſt die Hypothenus eines geradwinklichten ſphäriſchen Triangels,
deſſen zwo Seiten der Weg des Schiffes nach der Länge und Breite ſind.

Man hat die (Latitudinem) oder Breite insgemein aus der Beobachtung
man hat auch nach dem Compaß den Winkel der Lorodromiä, mit einer oder
der andern von den beyden Seiten; was man aber nach der Trigonometri-
ſchen Verechnung ſuchet, iſt dieſes, daß man wiſſe, wie groß die zuruckgeleg-
te Länge, wie auch die Lorodromia oder der Lauf des Schiffes ſeye.

Dieweilen aber dieſe krumme Linie in den Berechnungen viele Händel
machet, ſo hat man die Route oder den Lauf vielmehr in einer geraden Linie
haben wollen, und doch dabey dieſer geraden Linie die Haupteigenſchaft der
Lorodromiä, welches iſt die Meridianen allezeit unter einem Winkel durch-
zuſchneiden, erhalten müſſen. Nun iſt das in ſofern ganz unmöglich, weil
die Meridiani nicht parallel untereinander laufen, gleichwie ſie auch in der
That nicht ſind. Dahero hat man die Meridianen parallel ſupponiren müſ-
ſen, daraus dann erfolget iſt, daß die Grade der Länge, die von dem
Aequator ungleich entfernet ſind, von einerley Gröſſe ſupponiret worden,
obwolen ſie ſchon allezeit von dem Aequator an nach einem gewiſſen bekannten
Verhältniß in der That kleiner werden; damit man aber dieſen Fehler wie-
der einbringen möge, ſo werden die Grade der Breite, die nach der Ei-
genſchaft einer (Sphaerae) oder Kugel überall gleich ſind; in denen Seechar-
ten in eben dem Verhältniß, als diejenige von der Länge hätten abneh-
men ſollen, zunehmen müſſen. Solchergeſtalt fällt die Ungleichheit, welche
in den Graden der Länge von verſchiedenen Parallelen ſeyn ſollte, auf
die Grade der Breite, auf Art und Weiſe, wie wir hernach ſagen wer-
den.

Die auf ſolche Manier conſtruirte Charten werden reducirt oder zu ei-
nem Puncte reduciret, benennet, deren man ſich insgemein als der beſten be-
dienet; die Erfahrung von verſchiedenen Jahrhunderten her, hat zu erkennen
gegeben, daß die Schiffleute zu ihrem Gebrauche ganz ſimple Charten haben
müſſen, auf denen die meridian, die Parallele mit dem Aequator, und die
Rhombi, der Winde durch gerade Linien, um deſto leichter die Beſtim-
mung des Schifflaufes zu finden, vorgeſtellet werden.

[Abbildung]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0334" n="312"/>
die zween er&#x017F;ten, die wir bemerket                                 haben, eine krumme lorodromi&#x017F;che Linie.<lb/>
Solche i&#x017F;t die                                 Hypothenus eines geradwinklichten &#x017F;phäri&#x017F;chen Triangels,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en                                 zwo Seiten der Weg des Schiffes nach der Länge und Breite &#x017F;ind. </p>
            <p>Man hat die (Latitudinem) oder Breite insgemein aus der Beobachtung<lb/>
man hat auch nach dem Compaß den Winkel der Lorodromiä, mit                                 einer oder<lb/>
der andern von den beyden Seiten; was man aber nach                                 der Trigonometri-<lb/>
&#x017F;chen Verechnung &#x017F;uchet, i&#x017F;t die&#x017F;es, daß man                                 wi&#x017F;&#x017F;e, wie groß die zuruckgeleg-<lb/>
te Länge, wie auch die                                 Lorodromia oder der Lauf des Schiffes &#x017F;eye. </p>
            <p>Dieweilen aber die&#x017F;e krumme Linie in den Berechnungen viele Händel<lb/>
machet, &#x017F;o hat man die Route oder den Lauf vielmehr in einer                                 geraden Linie<lb/>
haben wollen, und doch dabey die&#x017F;er geraden Linie                                 die Haupteigen&#x017F;chaft der<lb/>
Lorodromiä, welches i&#x017F;t die Meridianen                                 allezeit unter einem Winkel durch-<lb/>
zu&#x017F;chneiden, erhalten mü&#x017F;&#x017F;en.                                 Nun i&#x017F;t das in &#x017F;ofern ganz unmöglich, weil<lb/>
die Meridiani nicht                                 parallel untereinander laufen, gleichwie &#x017F;ie auch in der<lb/>
That                                 nicht &#x017F;ind. Dahero hat man die Meridianen parallel &#x017F;upponiren                                 mü&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, daraus dann erfolget i&#x017F;t, daß die Grade der Länge, die                                 von dem<lb/>
Aequator ungleich entfernet &#x017F;ind, von einerley Grö&#x017F;&#x017F;e                                 &#x017F;upponiret worden,<lb/>
obwolen &#x017F;ie &#x017F;chon allezeit von dem Aequator                                 an nach einem gewi&#x017F;&#x017F;en bekannten<lb/>
Verhältniß in der That kleiner                                 werden; damit man aber die&#x017F;en Fehler wie-<lb/>
der einbringen möge,                                 &#x017F;o werden die Grade der Breite, die nach der Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaft einer                                 (Sphaerae) oder Kugel überall gleich &#x017F;ind; in denen Seechar-<lb/>
ten                                 in eben dem Verhältniß, als diejenige von der Länge hätten                                 abneh-<lb/>
men &#x017F;ollen, zunehmen mü&#x017F;&#x017F;en. Solcherge&#x017F;talt fällt die                                 Ungleichheit, welche<lb/>
in den Graden der Länge von ver&#x017F;chiedenen                                 Parallelen &#x017F;eyn &#x017F;ollte, auf<lb/>
die Grade der Breite, auf Art und                                 Wei&#x017F;e, wie wir hernach &#x017F;agen wer-<lb/>
den. </p>
            <p>Die auf &#x017F;olche Manier con&#x017F;truirte Charten werden reducirt oder zu                                 ei-<lb/>
nem Puncte reduciret, benennet, deren man &#x017F;ich insgemein als                                 der be&#x017F;ten be-<lb/>
dienet; die Erfahrung von ver&#x017F;chiedenen                                 Jahrhunderten her, hat zu erkennen<lb/>
gegeben, daß die Schiffleute                                 zu ihrem Gebrauche ganz &#x017F;imple Charten haben<lb/>&#x017F;&#x017F;en, auf denen                                 die meridian, die Parallele mit dem Aequator, und die<lb/>
Rhombi,                                 der Winde durch gerade Linien, um de&#x017F;to leichter die                                 Be&#x017F;tim-<lb/>
mung des Schifflaufes zu finden, vorge&#x017F;tellet werden. </p>
            <figure/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0334] die zween erſten, die wir bemerket haben, eine krumme lorodromiſche Linie. Solche iſt die Hypothenus eines geradwinklichten ſphäriſchen Triangels, deſſen zwo Seiten der Weg des Schiffes nach der Länge und Breite ſind. Man hat die (Latitudinem) oder Breite insgemein aus der Beobachtung man hat auch nach dem Compaß den Winkel der Lorodromiä, mit einer oder der andern von den beyden Seiten; was man aber nach der Trigonometri- ſchen Verechnung ſuchet, iſt dieſes, daß man wiſſe, wie groß die zuruckgeleg- te Länge, wie auch die Lorodromia oder der Lauf des Schiffes ſeye. Dieweilen aber dieſe krumme Linie in den Berechnungen viele Händel machet, ſo hat man die Route oder den Lauf vielmehr in einer geraden Linie haben wollen, und doch dabey dieſer geraden Linie die Haupteigenſchaft der Lorodromiä, welches iſt die Meridianen allezeit unter einem Winkel durch- zuſchneiden, erhalten müſſen. Nun iſt das in ſofern ganz unmöglich, weil die Meridiani nicht parallel untereinander laufen, gleichwie ſie auch in der That nicht ſind. Dahero hat man die Meridianen parallel ſupponiren müſ- ſen, daraus dann erfolget iſt, daß die Grade der Länge, die von dem Aequator ungleich entfernet ſind, von einerley Gröſſe ſupponiret worden, obwolen ſie ſchon allezeit von dem Aequator an nach einem gewiſſen bekannten Verhältniß in der That kleiner werden; damit man aber dieſen Fehler wie- der einbringen möge, ſo werden die Grade der Breite, die nach der Ei- genſchaft einer (Sphaerae) oder Kugel überall gleich ſind; in denen Seechar- ten in eben dem Verhältniß, als diejenige von der Länge hätten abneh- men ſollen, zunehmen müſſen. Solchergeſtalt fällt die Ungleichheit, welche in den Graden der Länge von verſchiedenen Parallelen ſeyn ſollte, auf die Grade der Breite, auf Art und Weiſe, wie wir hernach ſagen wer- den. Die auf ſolche Manier conſtruirte Charten werden reducirt oder zu ei- nem Puncte reduciret, benennet, deren man ſich insgemein als der beſten be- dienet; die Erfahrung von verſchiedenen Jahrhunderten her, hat zu erkennen gegeben, daß die Schiffleute zu ihrem Gebrauche ganz ſimple Charten haben müſſen, auf denen die meridian, die Parallele mit dem Aequator, und die Rhombi, der Winde durch gerade Linien, um deſto leichter die Beſtim- mung des Schifflaufes zu finden, vorgeſtellet werden. [Abbildung]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

ECHO: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-09T11:08:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-10-09T11:08:35Z)
ECHO: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-09T11:08:35Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen und Zeilen hinweg werden beibehalten.
  • Marginalien werden jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ausgezeichnet.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/334
Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/334>, abgerufen am 22.11.2024.