Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

spiel auch seine Person mit vertretten/ und nach soviel frö-
lichen abermals einen traurigen Aufzug einfuhren/ in dem
es durch die gewaltsame Hand deß Todes der edelsten Glie-
der eines von dem Leibe dieser wehrten Versamlung hinge-
rissen/ nemlich den Fursten Lidiwugan von Buschalza/ ei-
nen Herrn/ dessen hohes Gemut jhn über alle seines Stan-
des hobe/ und von dessen vielgeprobter Dapferkeit man
wol sagen konde/ daß sie in der Blüte gestorben/ und daß die
Verhängnisse ihn allein der Erden gewiesen/ aber nicht lan-
ge gönnen wollen.

67.

Er ward mit gewöhnlichem Fürstl. Leichgepränge
von einer hochansehlichen Traurfolge aus der Stadt/ von
dem Prinzen Vagusto aber/ als seinem Anverwandten/
bis in sein Erbbegräbnuß etliche Meilen/ begleitet/ auch vor
dem Tohr mit zweytausend Musqueten/ zweymal besalvet
und beschossen. Die Prinzessin Teutonie/ die das vorige
Leid noch nicht gar verschmertzet/ fühlete hieruber einen
neuen Unmut/ und wurde jhre kaum noch zugewachsene
Wunde durch diese frische widerumb aufgerissen. Ihren
Kummer zu besänftigen/ begabe sie sich hinaus in das Grü-
ne/ welches zwar gleichsam wegen dieses Todsfals/ auch zu
falben und zu verwelken schiene. In dem sie sich nun eines
Tags in einem lustigen Wäldlein etwas erspazirt/ hörte sie
den Tohn einer Schalmeye. Sie konde leicht erachten/ daß
daselbst Schäfer seyn würden/ deren Lieder anzuhören/ und
damit jhre Gegenwart sie nicht abschreckete/ Sie sich mit
denen bey sich habenden in einen Busch verkroche. Sie hö-
rete aber jhrer zweene folgender massen von dem Tode hoch-
besagten Prinzen miteinander sprechen und anstimmen:

Falindor. Wie daß wir/ die wir gut/ ich in der Kunst zu singen/Ist deß
Virg. V. Eclo.
hieher ver-
teutscht.

du in dem Pfeiffen spiel/ wo sich die Ulmen schwingen
an Haselbüschen auf/ nicht beyde sitzen gehn/
wir beyde/ die wir uns jetzt so beysammen sehn.
Hylas.

ſpiel auch ſeine Perſon mit vertretten/ und nach ſoviel froͤ-
lichen abermals einen traurigen Aufzug einfůhren/ in dem
es durch die gewaltſame Hand deß Todes der edelſten Glie-
der eines von dem Leibe dieſer wehrten Verſamlung hinge-
riſſen/ nemlich den Fůrſten Lidiwugan von Buſchalza/ ei-
nen Herrn/ deſſen hohes Gemůt jhn über alle ſeines Stan-
des hobe/ und von deſſen vielgeprobter Dapferkeit man
wol ſagen konde/ daß ſie in der Blüte geſtorben/ und daß die
Verhaͤngniſſe ihn allein der Erden gewieſen/ aber nicht lan-
ge goͤnnen wollen.

67.

Er ward mit gewoͤhnlichem Fürſtl. Leichgepraͤnge
von einer hochanſehlichen Traurfolge aus der Stadt/ von
dem Prinzen Vaguſto aber/ als ſeinem Anverwandten/
bis in ſein Erbbegraͤbnuß etliche Meilen/ begleitet/ auch vor
dem Tohr mit zweytauſend Muſqueten/ zweymal beſalvet
und beſchoſſen. Die Prinzeſſin Teutonie/ die das vorige
Leid noch nicht gar verſchmertzet/ fuͤhlete hierůber einen
neuen Unmut/ und wurde jhre kaum noch zugewachſene
Wunde durch dieſe friſche widerumb aufgeriſſen. Ihren
Kummer zu beſaͤnftigen/ begabe ſie ſich hinaus in das Grü-
ne/ welches zwar gleichſam wegen dieſes Todsfals/ auch zu
falben und zu verwelken ſchiene. In dem ſie ſich nun eines
Tags in einem luſtigen Waͤldlein etwas erſpazirt/ hoͤrte ſie
den Tohn einer Schalmeye. Sie konde leicht erachten/ daß
daſelbſt Schaͤfer ſeyn wuͤrden/ deren Lieder anzuhoͤren/ und
damit jhre Gegenwart ſie nicht abſchreckete/ Sie ſich mit
denen bey ſich habenden in einen Buſch verkroche. Sie hoͤ-
rete aber jhrer zweene folgender maſſen von dem Tode hoch-
beſagten Prinzen miteinander ſprechen und anſtimmen:

Falindor. Wie daß wir/ die wir gut/ ich in der Kunſt zu ſingen/Iſt deß
Virg. V. Eclo.
hieher ver-
teutſcht.

du in dem Pfeiffen ſpiel/ wo ſich die Ulmen ſchwingen
an Haſelbuͤſchen auf/ nicht beyde ſitzen gehn/
wir beyde/ die wir uns jetzt ſo beyſammen ſehn.
Hylas.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0123" n="71"/>
&#x017F;piel auch &#x017F;eine Per&#x017F;on mit vertretten/ und nach &#x017F;oviel fro&#x0364;-<lb/>
lichen abermals einen traurigen Aufzug einf&#x016F;hren/ in dem<lb/>
es durch die gewalt&#x017F;ame Hand deß Todes der edel&#x017F;ten Glie-<lb/>
der eines von dem Leibe die&#x017F;er wehrten Ver&#x017F;amlung hinge-<lb/>
ri&#x017F;&#x017F;en/ nemlich den F&#x016F;r&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Lidiwugan</hi> von <hi rendition="#fr">Bu&#x017F;chalza/</hi> ei-<lb/>
nen Herrn/ de&#x017F;&#x017F;en hohes Gem&#x016F;t jhn über alle &#x017F;eines Stan-<lb/>
des hobe/ und von de&#x017F;&#x017F;en vielgeprobter Dapferkeit man<lb/>
wol &#x017F;agen konde/ daß &#x017F;ie in der Blüte ge&#x017F;torben/ und daß die<lb/>
Verha&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e ihn allein der Erden gewie&#x017F;en/ aber nicht lan-<lb/>
ge go&#x0364;nnen wollen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>67.</head><lb/>
          <p>Er ward mit gewo&#x0364;hnlichem Für&#x017F;tl. Leichgepra&#x0364;nge<lb/>
von einer hochan&#x017F;ehlichen Traurfolge aus der Stadt/ von<lb/>
dem Prinzen <hi rendition="#fr">Vagu&#x017F;to</hi> aber/ als &#x017F;einem Anverwandten/<lb/>
bis in &#x017F;ein Erbbegra&#x0364;bnuß etliche Meilen/ begleitet/ auch vor<lb/>
dem Tohr mit zweytau&#x017F;end Mu&#x017F;queten/ zweymal be&#x017F;alvet<lb/>
und be&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en. Die Prinze&#x017F;&#x017F;in <hi rendition="#fr">Teutonie/</hi> die das vorige<lb/>
Leid noch nicht gar ver&#x017F;chmertzet/ fu&#x0364;hlete hier&#x016F;ber einen<lb/>
neuen <hi rendition="#aq">U</hi>nmut/ und wurde jhre kaum noch zugewach&#x017F;ene<lb/>
Wunde durch die&#x017F;e fri&#x017F;che widerumb aufgeri&#x017F;&#x017F;en. Ihren<lb/>
Kummer zu be&#x017F;a&#x0364;nftigen/ begabe &#x017F;ie &#x017F;ich hinaus in das Grü-<lb/>
ne/ welches zwar gleich&#x017F;am wegen die&#x017F;es Todsfals/ auch zu<lb/>
falben und zu verwelken &#x017F;chiene. In dem &#x017F;ie &#x017F;ich nun eines<lb/>
Tags in einem lu&#x017F;tigen Wa&#x0364;ldlein etwas er&#x017F;pazirt/ ho&#x0364;rte &#x017F;ie<lb/>
den Tohn einer Schalmeye. Sie konde leicht erachten/ daß<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t Scha&#x0364;fer &#x017F;eyn wu&#x0364;rden/ deren Lieder anzuho&#x0364;ren/ und<lb/>
damit jhre Gegenwart &#x017F;ie nicht ab&#x017F;chreckete/ Sie &#x017F;ich mit<lb/>
denen bey &#x017F;ich habenden in einen Bu&#x017F;ch verkroche. Sie ho&#x0364;-<lb/>
rete aber jhrer zweene folgender ma&#x017F;&#x017F;en von dem Tode hoch-<lb/>
be&#x017F;agten Prinzen miteinander &#x017F;prechen und an&#x017F;timmen:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#fr">Falindor</hi>. Wie daß wir/ die wir gut/ ich in der Kun&#x017F;t zu &#x017F;ingen/<note place="right">I&#x017F;t deß<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Virg. V. Eclo.</hi></hi><lb/><hi rendition="#aq">hieher ver-<lb/>
teut&#x017F;cht.</hi></note></l><lb/>
            <l>du in dem Pfeiffen &#x017F;piel/ wo &#x017F;ich die <hi rendition="#aq">U</hi>lmen &#x017F;chwingen</l><lb/>
            <l>an Ha&#x017F;elbu&#x0364;&#x017F;chen auf/ nicht beyde &#x017F;itzen gehn/</l><lb/>
            <l>wir beyde/ die wir uns jetzt &#x017F;o bey&#x017F;ammen &#x017F;ehn.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Hylas</hi>.</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0123] ſpiel auch ſeine Perſon mit vertretten/ und nach ſoviel froͤ- lichen abermals einen traurigen Aufzug einfůhren/ in dem es durch die gewaltſame Hand deß Todes der edelſten Glie- der eines von dem Leibe dieſer wehrten Verſamlung hinge- riſſen/ nemlich den Fůrſten Lidiwugan von Buſchalza/ ei- nen Herrn/ deſſen hohes Gemůt jhn über alle ſeines Stan- des hobe/ und von deſſen vielgeprobter Dapferkeit man wol ſagen konde/ daß ſie in der Blüte geſtorben/ und daß die Verhaͤngniſſe ihn allein der Erden gewieſen/ aber nicht lan- ge goͤnnen wollen. 67. Er ward mit gewoͤhnlichem Fürſtl. Leichgepraͤnge von einer hochanſehlichen Traurfolge aus der Stadt/ von dem Prinzen Vaguſto aber/ als ſeinem Anverwandten/ bis in ſein Erbbegraͤbnuß etliche Meilen/ begleitet/ auch vor dem Tohr mit zweytauſend Muſqueten/ zweymal beſalvet und beſchoſſen. Die Prinzeſſin Teutonie/ die das vorige Leid noch nicht gar verſchmertzet/ fuͤhlete hierůber einen neuen Unmut/ und wurde jhre kaum noch zugewachſene Wunde durch dieſe friſche widerumb aufgeriſſen. Ihren Kummer zu beſaͤnftigen/ begabe ſie ſich hinaus in das Grü- ne/ welches zwar gleichſam wegen dieſes Todsfals/ auch zu falben und zu verwelken ſchiene. In dem ſie ſich nun eines Tags in einem luſtigen Waͤldlein etwas erſpazirt/ hoͤrte ſie den Tohn einer Schalmeye. Sie konde leicht erachten/ daß daſelbſt Schaͤfer ſeyn wuͤrden/ deren Lieder anzuhoͤren/ und damit jhre Gegenwart ſie nicht abſchreckete/ Sie ſich mit denen bey ſich habenden in einen Buſch verkroche. Sie hoͤ- rete aber jhrer zweene folgender maſſen von dem Tode hoch- beſagten Prinzen miteinander ſprechen und anſtimmen: Falindor. Wie daß wir/ die wir gut/ ich in der Kunſt zu ſingen/ du in dem Pfeiffen ſpiel/ wo ſich die Ulmen ſchwingen an Haſelbuͤſchen auf/ nicht beyde ſitzen gehn/ wir beyde/ die wir uns jetzt ſo beyſammen ſehn. Hylas.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/123
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/123>, abgerufen am 26.11.2024.