Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.die Norden brechen los/ die Regenwolken fliessen mit gantzen Eimern aus/ die Bäche sich ergiessen/ so das in seiner Blüt das Blümlein wird ersäufft/ der Wind es wirft zur Erd/ der Regen es zerschleifft. So gieng es uns mit dir. O daß ich solte schreiben/ ein würdigs Lobgedicht von deiner Würde treiben. O daß ich zierlich könd abmalen deine Zier/ und selbst Apell hierzu den Pinsel gäbe mir/ Apollo Tuch und Farb. Zwar jener/ wann er solte ein schönes Ausbundbild entwerffen/ wie er wolte/ dörft die Vollkommenheit bey vielen suchen nicht; bey dieser jhm allein käm alles zu Gesicht. Sie zwar bleibt ungebildt. Kein Maler kan erreichen/ kein Dichter jhre Zier mit einer Zier vergleichen/ die unvergleichlich ist. Die treffliche Gestalt wird nur allein durch sich selbst selblich abgemahlt/ siht nur jhr selber gleich. Doch weil sie nicht im Leben. soll mein Gedicht von jhr noch einen Abriß geben. Ihr gleichet Rahel/ dort/ die auch von hohem Stamm; zwar Edel von Geblüt/ doch von Gemüt ein Lamm/ "das jhr den Namen gab. Sind/ Unschuld schöne Sinnen "bey Hoheit/ Seltenheit; untadelichs Beginnen "bey alles dörfen thun: bey jhr war es gemein/ zugleich rein an der Seel und hoch von Stande seyn. Ein sonst unpaarlichs Paar. Viel/ die Gott hoch erhaben "begabt mit Kron und Thron und andern Glückesga- bemakeln jhre Macht mit schnödem Lasterwust. (ben/ "und jhre Lust ist stäts unzugelassne Lust. Bey jhnen/ meynen sie/ sey Laster nit mehr Laster/ "und sie beliebt durch das/ wz andre macht verhasster. das ist Recht/ was sie dünkt; Recht ist fur sie nit recht; "Gesetze die sind ihr/ sie jhrer Lüste/ Knecht. Bey unsrer Käiserin kein Flecklein war zu sehen/ so wol als auch die Sonn pflegt Mackelfrey zu gehen dort üm die Sternenburg. Sie wuste/ daß ein Sinn/ "daselbst die Gotteslieb soll brennend werden inn/ müß
die Norden brechen los/ die Regenwolken flieſſen mit gantzen Eimern aus/ die Baͤche ſich ergieſſen/ ſo das in ſeiner Bluͤt das Bluͤmlein wird erſaͤufft/ der Wind es wirft zur Erd/ der Regen es zerſchleifft. So gieng es uns mit dir. O daß ich ſolte ſchreiben/ ein wuͤrdigs Lobgedicht von deiner Wuͤrde treiben. O daß ich zierlich koͤnd abmalen deine Zier/ und ſelbſt Apell hierzu den Pinſel gaͤbe mir/ Apollo Tuch und Farb. Zwar jener/ wann er ſolte ein ſchoͤnes Ausbundbild entwerffen/ wie er wolte/ doͤrft die Vollkommenheit bey vielen ſuchen nicht; bey dieſer jhm allein kaͤm alles zu Geſicht. Sie zwar bleibt ungebildt. Kein Maler kan erreichen/ kein Dichter jhre Zier mit einer Zier vergleichen/ die unvergleichlich iſt. Die treffliche Geſtalt wird nur allein durch ſich ſelbſt ſelblich abgemahlt/ ſiht nur jhr ſelber gleich. Doch weil ſie nicht im Leben. ſoll mein Gedicht von jhr noch einen Abriß geben. Ihr gleichet Rahel/ dort/ die auch von hohem Stamm; zwar Edel von Gebluͤt/ doch von Gemuͤt ein Lam̃/ „das jhr den Namen gab. Sind/ Unſchuld ſchoͤne Sinnen „bey Hoheit/ Seltenheit; untadelichs Beginnen „bey alles doͤrfen thun: bey jhr war es gemein/ zugleich rein an der Seel und hoch von Stande ſeyn. Ein ſonſt unpaarlichs Paar. Viel/ die Gott hoch erhaben „begabt mit Kron und Thron und andern Gluͤckesga- bemakeln jhre Macht mit ſchnoͤdem Laſterwuſt. (ben/ „und jhre Luſt iſt ſtaͤts unzugelaſſne Luſt. Bey jhnen/ meynen ſie/ ſey Laſter nit mehr Laſter/ „und ſie beliebt durch das/ wz andre macht verhaſſter. das iſt Recht/ was ſie duͤnkt; Recht iſt fůr ſie nit recht; „Geſetze die ſind ihr/ ſie jhrer Luͤſte/ Knecht. Bey unsrer Kaͤiſerin kein Flecklein war zu ſehen/ ſo wol als auch die Sonn pflegt Mackelfrey zu gehen dort uͤm die Sternenburg. Sie wuſte/ daß ein Sinn/ „daſelbſt die Gotteslieb ſoll brennend werden inn/ muͤß
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die Norden brechen los/ die Regenwolken flieſſen
mit gantzen Eimern aus/ die Baͤche ſich ergieſſen/
ſo das in ſeiner Bluͤt das Bluͤmlein wird erſaͤufft/
der Wind es wirft zur Erd/ der Regen es zerſchleifft.
So gieng es uns mit dir. O daß ich ſolte ſchreiben/
ein wuͤrdigs Lobgedicht von deiner Wuͤrde treiben.
O daß ich zierlich koͤnd abmalen deine Zier/
und ſelbſt Apell hierzu den Pinſel gaͤbe mir/
Apollo Tuch und Farb. Zwar jener/ wann er ſolte
ein ſchoͤnes Ausbundbild entwerffen/ wie er wolte/
doͤrft die Vollkommenheit bey vielen ſuchen nicht;
bey dieſer jhm allein kaͤm alles zu Geſicht.
Sie zwar bleibt ungebildt. Kein Maler kan erreichen/
kein Dichter jhre Zier mit einer Zier vergleichen/
die unvergleichlich iſt. Die treffliche Geſtalt
wird nur allein durch ſich ſelbſt ſelblich abgemahlt/
ſiht nur jhr ſelber gleich. Doch weil ſie nicht im Leben.
ſoll mein Gedicht von jhr noch einen Abriß geben.
Ihr gleichet Rahel/ dort/ die auch von hohem Stamm;
zwar Edel von Gebluͤt/ doch von Gemuͤt ein Lam̃/
„das jhr den Namen gab. Sind/ Unſchuld ſchoͤne Sinnen
„bey Hoheit/ Seltenheit; untadelichs Beginnen
„bey alles doͤrfen thun: bey jhr war es gemein/
zugleich rein an der Seel und hoch von Stande ſeyn.
Ein ſonſt unpaarlichs Paar. Viel/ die Gott hoch erhaben
„begabt mit Kron und Thron und andern Gluͤckesga-
bemakeln jhre Macht mit ſchnoͤdem Laſterwuſt. (ben/
„und jhre Luſt iſt ſtaͤts unzugelaſſne Luſt.
Bey jhnen/ meynen ſie/ ſey Laſter nit mehr Laſter/
„und ſie beliebt durch das/ wz andre macht verhaſſter.
das iſt Recht/ was ſie duͤnkt; Recht iſt fůr ſie nit recht;
„Geſetze die ſind ihr/ ſie jhrer Luͤſte/ Knecht.
Bey unsrer Kaͤiſerin kein Flecklein war zu ſehen/
ſo wol als auch die Sonn pflegt Mackelfrey zu gehen
dort uͤm die Sternenburg. Sie wuſte/ daß ein Sinn/
„daſelbſt die Gotteslieb ſoll brennend werden inn/
muͤß
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