Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite
müß ohne Schlacken seyn. Soll Gott gefällig rauchen
der Seelen Andachtsruch/ muß nicht mit unterschmau-
chen"
der Sünden Schandgestank. Beym Opfer zünden an"
wird alles Ingedärm zuvor davon gethan."
Leopoldina hat die Glut der heissen Jugend
gelöschet mit dem Thau der Perlenklaren Tugend:
wie etwan jene Blum/ Koraria genannt/
man in der grösten Hitz nie sonder Tropfen fand/
als mit Krystall besprengt. Der Freyheit Feuerfunken
die machten jhre Seel nicht von Begierden trunken;
Ihr gröstes Förchten war/ ohn Gottesforchte gehn/
mit deme gar nicht kond nicht in Versühnung stehn
Ihr zarter Unschuldsinn Aus diesem Wunderbrunnen
ist jhre Rosenscham und Liljenstirn gerunnen.
Ein stäter Früling ziert jhr Furstlichs Angesicht/
dem der Begierden Hitz hat nie geschadet nicht/
kein übertrettungsreif. Der Tugend zwo Fürstinnen
die Unschuld und die Scham/ das Zeugmiß guter Sinnen/
die Scham der Sitten Blüt/ der Leib- und Weiber Ehr/
des Hertzen Heiligthum/ der Redlichkeit Gewär/
die diese haben oft bepurpert jhre Wangen/
mit Jungfräulicher Röt/ im fall sie aufgefangen
ein Zucht vergessenes Wort: Ich weiß nicht/ sagte sie
die Seele voller Seel/ warüm doch nur und wie
die Menschen so entmenscht so thöricht sich versinnen/
und wider Gott und Ehr nach Wollust Lust gewinnen;
bey mir find ich das nicht. O schöner Tugendsaal!
Schad ists/ daß halten soll in dir Verwesungsmahl
der Zahn der Sterblichkeit. Ach freylich schönes Zimmer/
daß dich der Sarg verschluckt/ ist immer Schad und immer/
ist immer immer Schad. Ach tausend schöne Seel;
doch tausend schöner noch durch deine Leibeshöl/
die dir an Schönheit gleich. Was kan doch mehr vergnügen/
als sehen Seel und Leib auf gleicher Waage ligen/"
einander sehen gleich? Schön und voll Tugend seyn/"
das ist ein güldner King mit einem schönen Stein/"
ein
G
muͤß ohne Schlacken ſeyn. Soll Gott gefaͤllig rauchen
der Seelen Andachtsruch/ muß nicht mit unterſchmau-
chen„
der Suͤnden Schandgeſtank. Beym Opfer zuͤnden an„
wird alles Ingedaͤrm zuvor davon gethan.„
Leopoldina hat die Glut der heiſſen Jugend
geloͤſchet mit dem Thau der Perlenklaren Tugend:
wie etwan jene Blum/ Koraria genannt/
man in der groͤſten Hitz nie ſonder Tropfen fand/
als mit Kryſtall beſprengt. Der Freyheit Feuerfunken
die machten jhre Seel nicht von Begierden trunken;
Ihr groͤſtes Foͤrchten war/ ohn Gottesforchte gehn/
mit deme gar nicht kond nicht in Verſuͤhnung ſtehn
Ihr zarter Unſchuldſinn Aus dieſem Wunderbrunnen
iſt jhre Roſenſcham und Liljenſtirn gerunnen.
Ein ſtaͤter Fruͤling ziert jhr Furſtlichs Angeſicht/
dem der Begierden Hitz hat nie geſchadet nicht/
kein uͤbertrettungsreif. Der Tugend zwo Fuͤrſtinnen
die Unſchuld und die Scham/ das Zeugmiß guter Sinnen/
die Scham der Sitten Bluͤt/ der Leib- und Weiber Ehr/
des Hertzen Heiligthum/ der Redlichkeit Gewaͤr/
die dieſe haben oft bepurpert jhre Wangen/
mit Jungfraͤulicher Roͤt/ im fall ſie aufgefangen
ein Zucht vergeſſenes Wort: Ich weiß nicht/ ſagte ſie
die Seele voller Seel/ waruͤm doch nur und wie
die Menſchen ſo entmenſcht ſo thoͤricht ſich verſinnen/
und wider Gott und Ehr nach Wolluſt Luſt gewinnen;
bey mir find ich das nicht. O ſchoͤner Tugendſaal!
Schad iſts/ daß halten ſoll in dir Verweſungsmahl
der Zahn der Sterblichkeit. Ach freylich ſchoͤnes Zimmer/
daß dich der Sarg verſchluckt/ iſt immer Schad und immer/
iſt immer immer Schad. Ach tauſend ſchoͤne Seel;
doch tauſend ſchoͤner noch durch deine Leibeshoͤl/
die dir an Schoͤnheit gleich. Was kan doch mehr vergnuͤgen/
als ſehen Seel und Leib auf gleicher Waage ligen/„
einander ſehen gleich? Schoͤn und voll Tugend ſeyn/„
das iſt ein guͤldner King mit einem ſchoͤnen Stein/„
ein
G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0091" n="41"/>
            <l>mu&#x0364;ß ohne Schlacken &#x017F;eyn. <hi rendition="#fr">Soll Gott gefa&#x0364;llig rauchen</hi></l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">der Seelen Andachtsruch/ muß nicht mit unter&#x017F;chmau-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">chen&#x201E;</hi> </hi> </l><lb/>
            <l><hi rendition="#et">der Su&#x0364;nden Schandge&#x017F;tank.</hi> Beym Opfer zu&#x0364;nden an&#x201E;</l><lb/>
            <l>wird alles Ingeda&#x0364;rm zuvor davon gethan.&#x201E;</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Leopoldina</hi> hat die Glut der hei&#x017F;&#x017F;en Jugend</l><lb/>
            <l>gelo&#x0364;&#x017F;chet mit dem Thau der Perlenklaren Tugend:</l><lb/>
            <l>wie etwan jene Blum/ <hi rendition="#fr">Koraria</hi> genannt/</l><lb/>
            <l>man in der gro&#x0364;&#x017F;ten Hitz nie &#x017F;onder Tropfen fand/</l><lb/>
            <l>als mit Kry&#x017F;tall be&#x017F;prengt. Der Freyheit Feuerfunken</l><lb/>
            <l>die machten jhre Seel nicht von Begierden trunken;</l><lb/>
            <l>Ihr gro&#x0364;&#x017F;tes Fo&#x0364;rchten war/ ohn Gottesforchte gehn/</l><lb/>
            <l>mit deme gar nicht kond nicht in Ver&#x017F;u&#x0364;hnung &#x017F;tehn</l><lb/>
            <l>Ihr zarter Un&#x017F;chuld&#x017F;inn Aus die&#x017F;em Wunderbrunnen</l><lb/>
            <l>i&#x017F;t jhre Ro&#x017F;en&#x017F;cham und Liljen&#x017F;tirn gerunnen.</l><lb/>
            <l>Ein &#x017F;ta&#x0364;ter Fru&#x0364;ling ziert jhr Fur&#x017F;tlichs Ange&#x017F;icht/</l><lb/>
            <l>dem der Begierden Hitz hat nie ge&#x017F;chadet nicht/</l><lb/>
            <l>kein u&#x0364;bertrettungsreif. Der Tugend zwo Fu&#x0364;r&#x017F;tinnen</l><lb/>
            <l>die Un&#x017F;chuld und die Scham/ das Zeugmiß guter Sinnen/</l><lb/>
            <l>die Scham der Sitten Blu&#x0364;t/ der Leib- und Weiber Ehr/</l><lb/>
            <l>des Hertzen Heiligthum/ der Redlichkeit Gewa&#x0364;r/</l><lb/>
            <l>die die&#x017F;e haben oft bepurpert jhre Wangen/</l><lb/>
            <l>mit Jungfra&#x0364;ulicher Ro&#x0364;t/ im fall &#x017F;ie aufgefangen</l><lb/>
            <l>ein Zucht verge&#x017F;&#x017F;enes Wort: <hi rendition="#fr">Ich weiß nicht</hi>/ &#x017F;agte &#x017F;ie</l><lb/>
            <l>die Seele voller Seel/ <hi rendition="#fr">waru&#x0364;m doch nur und wie</hi></l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">die Men&#x017F;chen &#x017F;o entmen&#x017F;cht &#x017F;o tho&#x0364;richt &#x017F;ich ver&#x017F;innen/</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">und wider Gott und Ehr nach Wollu&#x017F;t Lu&#x017F;t gewinnen;</hi> </l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">bey mir find ich das nicht.</hi> O &#x017F;cho&#x0364;ner Tugend&#x017F;aal!</l><lb/>
            <l>Schad i&#x017F;ts/ daß halten &#x017F;oll in dir Verwe&#x017F;ungsmahl</l><lb/>
            <l>der Zahn der Sterblichkeit. Ach freylich &#x017F;cho&#x0364;nes Zimmer/</l><lb/>
            <l>daß dich der Sarg ver&#x017F;chluckt/ i&#x017F;t immer Schad und immer/</l><lb/>
            <l>i&#x017F;t immer immer Schad. Ach tau&#x017F;end &#x017F;cho&#x0364;ne Seel;</l><lb/>
            <l>doch tau&#x017F;end &#x017F;cho&#x0364;ner noch durch deine Leibesho&#x0364;l/</l><lb/>
            <l>die dir an Scho&#x0364;nheit gleich. Was kan doch mehr vergnu&#x0364;gen/</l><lb/>
            <l>als &#x017F;ehen Seel und Leib auf gleicher Waage ligen/&#x201E;</l><lb/>
            <l>einander &#x017F;ehen gleich? <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;n und voll Tugend &#x017F;eyn/&#x201E;</hi></l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">das i&#x017F;t ein gu&#x0364;ldner King mit einem &#x017F;cho&#x0364;nen Stein/&#x201E;</hi> </l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">G</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0091] muͤß ohne Schlacken ſeyn. Soll Gott gefaͤllig rauchen der Seelen Andachtsruch/ muß nicht mit unterſchmau- chen„ der Suͤnden Schandgeſtank. Beym Opfer zuͤnden an„ wird alles Ingedaͤrm zuvor davon gethan.„ Leopoldina hat die Glut der heiſſen Jugend geloͤſchet mit dem Thau der Perlenklaren Tugend: wie etwan jene Blum/ Koraria genannt/ man in der groͤſten Hitz nie ſonder Tropfen fand/ als mit Kryſtall beſprengt. Der Freyheit Feuerfunken die machten jhre Seel nicht von Begierden trunken; Ihr groͤſtes Foͤrchten war/ ohn Gottesforchte gehn/ mit deme gar nicht kond nicht in Verſuͤhnung ſtehn Ihr zarter Unſchuldſinn Aus dieſem Wunderbrunnen iſt jhre Roſenſcham und Liljenſtirn gerunnen. Ein ſtaͤter Fruͤling ziert jhr Furſtlichs Angeſicht/ dem der Begierden Hitz hat nie geſchadet nicht/ kein uͤbertrettungsreif. Der Tugend zwo Fuͤrſtinnen die Unſchuld und die Scham/ das Zeugmiß guter Sinnen/ die Scham der Sitten Bluͤt/ der Leib- und Weiber Ehr/ des Hertzen Heiligthum/ der Redlichkeit Gewaͤr/ die dieſe haben oft bepurpert jhre Wangen/ mit Jungfraͤulicher Roͤt/ im fall ſie aufgefangen ein Zucht vergeſſenes Wort: Ich weiß nicht/ ſagte ſie die Seele voller Seel/ waruͤm doch nur und wie die Menſchen ſo entmenſcht ſo thoͤricht ſich verſinnen/ und wider Gott und Ehr nach Wolluſt Luſt gewinnen; bey mir find ich das nicht. O ſchoͤner Tugendſaal! Schad iſts/ daß halten ſoll in dir Verweſungsmahl der Zahn der Sterblichkeit. Ach freylich ſchoͤnes Zimmer/ daß dich der Sarg verſchluckt/ iſt immer Schad und immer/ iſt immer immer Schad. Ach tauſend ſchoͤne Seel; doch tauſend ſchoͤner noch durch deine Leibeshoͤl/ die dir an Schoͤnheit gleich. Was kan doch mehr vergnuͤgen/ als ſehen Seel und Leib auf gleicher Waage ligen/„ einander ſehen gleich? Schoͤn und voll Tugend ſeyn/„ das iſt ein guͤldner King mit einem ſchoͤnen Stein/„ ein G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/91
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/91>, abgerufen am 10.05.2024.