Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Neuntes Kapitel: Reisen, Regentschaft. Vielleicht haben Sie es noch nicht abgeschickt und können nochdaran ändern. Bedenken Sie, daß das gestern empfangene fast zärtliche Billet den Anspruch der Wahrhaftigkeit macht, sei es auch nicht mit voller Berechtigung. Es ist so geschrieben und mit dem Anspruch, nicht als falsche Münze betrachtet zu werden, sondern als gute und vollgültige, und erwägen Sie, daß das beigemischte unächte Gut nichts andres ist als das Kupfer der falschen Scham, die nicht eingestehen will und in Betracht der Stellung des Schreibers auch vielleicht nicht kann: ,Ich, ich habe sehr Unrecht gethan und will mich bessern.' Es ist ganz unzulässig, daß Sie die Schiffe verbrennen. Ihr Nachdem ich meinen Antrag auf Verabschiedung zurückge¬ "Berlin, den 26. Februar 1869. Als ich Ihnen am 22. in meiner Bestürzung über Wehrmanns Was nun die Hauptgründe betrifft, die Sie momentan an Neuntes Kapitel: Reiſen, Regentſchaft. Vielleicht haben Sie es noch nicht abgeſchickt und können nochdaran ändern. Bedenken Sie, daß das geſtern empfangene faſt zärtliche Billet den Anſpruch der Wahrhaftigkeit macht, ſei es auch nicht mit voller Berechtigung. Es iſt ſo geſchrieben und mit dem Anſpruch, nicht als falſche Münze betrachtet zu werden, ſondern als gute und vollgültige, und erwägen Sie, daß das beigemiſchte unächte Gut nichts andres iſt als das Kupfer der falſchen Scham, die nicht eingeſtehen will und in Betracht der Stellung des Schreibers auch vielleicht nicht kann: ‚Ich, ich habe ſehr Unrecht gethan und will mich beſſern.‘ Es iſt ganz unzuläſſig, daß Sie die Schiffe verbrennen. Ihr Nachdem ich meinen Antrag auf Verabſchiedung zurückge¬ „Berlin, den 26. Februar 1869. Als ich Ihnen am 22. in meiner Beſtürzung über Wehrmanns Was nun die Hauptgründe betrifft, die Sie momentan an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0233" n="206"/><fw place="top" type="header">Neuntes Kapitel: Reiſen, Regentſchaft.<lb/></fw> Vielleicht haben Sie es noch nicht abgeſchickt und können noch<lb/> daran ändern. Bedenken Sie, daß das geſtern empfangene faſt<lb/> zärtliche Billet den Anſpruch der Wahrhaftigkeit macht, ſei es auch<lb/> nicht mit voller Berechtigung. Es iſt ſo geſchrieben und mit dem<lb/> Anſpruch, nicht als falſche Münze betrachtet zu werden, ſondern<lb/> als gute und vollgültige, und erwägen Sie, daß das beigemiſchte<lb/> unächte Gut nichts andres iſt als das Kupfer der falſchen Scham,<lb/> die nicht eingeſtehen <hi rendition="#g">will</hi> und in Betracht der Stellung des<lb/> Schreibers auch vielleicht nicht <hi rendition="#g">kann</hi>: ‚Ich, ich habe ſehr Unrecht<lb/> gethan und will mich beſſern.‘</p><lb/> <p>Es iſt ganz unzuläſſig, daß Sie die Schiffe verbrennen.<lb/> Sie <hi rendition="#g">dürfen</hi> das nicht, Sie würden Sich damit vor dem Lande<lb/> ruiniren, und Europa würde lachen. Die Motive, die Sie leiten,<lb/> würden nicht gewürdigt werden; man würde ſagen: er verzweifelte<lb/> ſein Werk zu vollenden; deshalb ging er. Ich mag mich nicht<lb/> ferner wiederholen, höchſtens noch in dem Ausdruck meiner un¬<lb/> wandelbaren und treuen Anhänglichkeit.</p><lb/> <p> <hi rendition="#right">Ihr<lb/> von Roon.“</hi> </p><lb/> <p>Nachdem ich meinen Antrag auf Verabſchiedung zurückge¬<lb/> nommen hatte, erhielt ich folgenden Brief:</p><lb/> <p> <hi rendition="#right">„Berlin, den 26. Februar 1869.</hi> </p><lb/> <p>Als ich Ihnen am 22. in meiner Beſtürzung über Wehrmanns<lb/> Mittheilung ein ſehr flüchtiges aber deſto eindringlicheres Billet<lb/> ſchrieb, um Sie von Ihrem Verderben drohenden Vorhaben ab¬<lb/> zuhalten, konnte ich annehmen, daß Ihre Antwort in Ihrem End¬<lb/> reſultat meinen Vorſtellungen Gehör geben würde — und ich habe<lb/> mich nicht geirrt. Dank, herzlichſten Dank, daß Sie meine Er¬<lb/> wartung nicht täuſchten!</p><lb/> <p>Was nun die Hauptgründe betrifft, die Sie momentan an<lb/> Ihren Rücktritt denken ließen, ſo erkenne ich die Triftigkeit der¬<lb/> ſelben vollkommen an, und Sie werden Sich erinnern, in wie ein¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0233]
Neuntes Kapitel: Reiſen, Regentſchaft.
Vielleicht haben Sie es noch nicht abgeſchickt und können noch
daran ändern. Bedenken Sie, daß das geſtern empfangene faſt
zärtliche Billet den Anſpruch der Wahrhaftigkeit macht, ſei es auch
nicht mit voller Berechtigung. Es iſt ſo geſchrieben und mit dem
Anſpruch, nicht als falſche Münze betrachtet zu werden, ſondern
als gute und vollgültige, und erwägen Sie, daß das beigemiſchte
unächte Gut nichts andres iſt als das Kupfer der falſchen Scham,
die nicht eingeſtehen will und in Betracht der Stellung des
Schreibers auch vielleicht nicht kann: ‚Ich, ich habe ſehr Unrecht
gethan und will mich beſſern.‘
Es iſt ganz unzuläſſig, daß Sie die Schiffe verbrennen.
Sie dürfen das nicht, Sie würden Sich damit vor dem Lande
ruiniren, und Europa würde lachen. Die Motive, die Sie leiten,
würden nicht gewürdigt werden; man würde ſagen: er verzweifelte
ſein Werk zu vollenden; deshalb ging er. Ich mag mich nicht
ferner wiederholen, höchſtens noch in dem Ausdruck meiner un¬
wandelbaren und treuen Anhänglichkeit.
Ihr
von Roon.“
Nachdem ich meinen Antrag auf Verabſchiedung zurückge¬
nommen hatte, erhielt ich folgenden Brief:
„Berlin, den 26. Februar 1869.
Als ich Ihnen am 22. in meiner Beſtürzung über Wehrmanns
Mittheilung ein ſehr flüchtiges aber deſto eindringlicheres Billet
ſchrieb, um Sie von Ihrem Verderben drohenden Vorhaben ab¬
zuhalten, konnte ich annehmen, daß Ihre Antwort in Ihrem End¬
reſultat meinen Vorſtellungen Gehör geben würde — und ich habe
mich nicht geirrt. Dank, herzlichſten Dank, daß Sie meine Er¬
wartung nicht täuſchten!
Was nun die Hauptgründe betrifft, die Sie momentan an
Ihren Rücktritt denken ließen, ſo erkenne ich die Triftigkeit der¬
ſelben vollkommen an, und Sie werden Sich erinnern, in wie ein¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |