Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
Briefwechsel mit Ludwig von Baiern.

Kissingen, den 10. August 1874.

Allerdurchlauchtigster König,
Allergnädigster Herr,

Im Begriff, meine Cur zu beendigen, kann ich Kissingen nicht
verlassen, ohne Eurer Majestät für alle Gnade, welche Allerhöchst¬
dieselben mir hier erzeigt haben, nochmals ehrfurchtsvoll zu danken,
insbesondre auch für das huldreiche Schreiben vom 31. v. Mts.

Ich bin hoch beglückt durch das Vertrauen, welches Eure
Majestät mir darin aussprechen, und werde stets bestrebt sein, das¬
selbe zu verdienen; aber auch unabhängig von persönlichen Bürg¬
schaften, dürfen Eure Majestät mit voller Zuversicht auf diejenigen
rechnen, welche in der Reichsverfassung selbst liegen. Letztre beruht
auf der föderativen Grundlage, welche sie durch die Bundesverträge
erhalten hat, und kann nicht ohne Vertragsbruch verletzt werden.
Darin unterscheidet sich die Reichsverfassung von jeder Landes¬
verfassung. Die Rechte Eurer Majestät bilden einen unlöslichen
Theil der Reichsverfassung, und beruhn daher auf denselben sichern
Rechtsgrundlagen wie alle Institutionen des Reichs. Deutschland
hat gegenwärtig in der Institution seines Bundesrathes, und Baiern
in seiner würdigen und einsichtigen Vertretung im Bundesrathe,
eine feste Bürgschaft gegen jede Ausartung oder Uebertreibung der
einheitlichen Bestrebungen. Eure Majestät werden auf die Sicher¬
heit des vertragsmäßigen Verfassungsrechtes auch dann volles Ver¬
trauen haben können, wenn ich nicht mehr die Ehre habe, dem Reiche
als Kanzler zu dienen.

In tiefer Ehrfurcht verharre ich
Eurer Majestät
unterthänigster Diener
v. Bismarck.

Briefwechſel mit Ludwig von Baiern.

Kiſſingen, den 10. Auguſt 1874.

Allerdurchlauchtigſter König,
Allergnädigſter Herr,

Im Begriff, meine Cur zu beendigen, kann ich Kiſſingen nicht
verlaſſen, ohne Eurer Majeſtät für alle Gnade, welche Allerhöchſt¬
dieſelben mir hier erzeigt haben, nochmals ehrfurchtsvoll zu danken,
insbeſondre auch für das huldreiche Schreiben vom 31. v. Mts.

Ich bin hoch beglückt durch das Vertrauen, welches Eure
Majeſtät mir darin ausſprechen, und werde ſtets beſtrebt ſein, das¬
ſelbe zu verdienen; aber auch unabhängig von perſönlichen Bürg¬
ſchaften, dürfen Eure Majeſtät mit voller Zuverſicht auf diejenigen
rechnen, welche in der Reichsverfaſſung ſelbſt liegen. Letztre beruht
auf der föderativen Grundlage, welche ſie durch die Bundesverträge
erhalten hat, und kann nicht ohne Vertragsbruch verletzt werden.
Darin unterſcheidet ſich die Reichsverfaſſung von jeder Landes¬
verfaſſung. Die Rechte Eurer Majeſtät bilden einen unlöslichen
Theil der Reichsverfaſſung, und beruhn daher auf denſelben ſichern
Rechtsgrundlagen wie alle Inſtitutionen des Reichs. Deutſchland
hat gegenwärtig in der Inſtitution ſeines Bundesrathes, und Baiern
in ſeiner würdigen und einſichtigen Vertretung im Bundesrathe,
eine feſte Bürgſchaft gegen jede Ausartung oder Uebertreibung der
einheitlichen Beſtrebungen. Eure Majeſtät werden auf die Sicher¬
heit des vertragsmäßigen Verfaſſungsrechtes auch dann volles Ver¬
trauen haben können, wenn ich nicht mehr die Ehre habe, dem Reiche
als Kanzler zu dienen.

In tiefer Ehrfurcht verharre ich
Eurer Majeſtät
unterthänigſter Diener
v. Bismarck.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0384" n="357"/>
        <fw place="top" type="header">Briefwech&#x017F;el mit Ludwig von Baiern.<lb/></fw>
        <p> <hi rendition="#right">Ki&#x017F;&#x017F;ingen, den 10. Augu&#x017F;t 1874.</hi> </p><lb/>
        <p>Allerdurchlauchtig&#x017F;ter König,<lb/>
Allergnädig&#x017F;ter Herr,</p><lb/>
        <p>Im Begriff, meine Cur zu beendigen, kann ich Ki&#x017F;&#x017F;ingen nicht<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en, ohne Eurer Maje&#x017F;tät für alle Gnade, welche Allerhöch&#x017F;<lb/>
die&#x017F;elben mir hier erzeigt haben, nochmals ehrfurchtsvoll zu danken,<lb/>
insbe&#x017F;ondre auch für das huldreiche Schreiben vom 31. v. Mts.</p><lb/>
        <p>Ich bin hoch beglückt durch das Vertrauen, welches Eure<lb/>
Maje&#x017F;tät mir darin aus&#x017F;prechen, und werde &#x017F;tets be&#x017F;trebt &#x017F;ein, das¬<lb/>
&#x017F;elbe zu verdienen; aber auch unabhängig von per&#x017F;önlichen Bürg¬<lb/>
&#x017F;chaften, dürfen Eure Maje&#x017F;tät mit voller Zuver&#x017F;icht auf diejenigen<lb/>
rechnen, welche in der Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;elb&#x017F;t liegen. Letztre beruht<lb/>
auf der föderativen Grundlage, welche &#x017F;ie durch die Bundesverträge<lb/>
erhalten hat, und kann nicht ohne Vertragsbruch verletzt werden.<lb/>
Darin unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich die Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung von jeder Landes¬<lb/>
verfa&#x017F;&#x017F;ung. Die Rechte Eurer Maje&#x017F;tät bilden einen unlöslichen<lb/>
Theil der Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung, und beruhn daher auf den&#x017F;elben &#x017F;ichern<lb/>
Rechtsgrundlagen wie alle In&#x017F;titutionen des Reichs. Deut&#x017F;chland<lb/>
hat gegenwärtig in der In&#x017F;titution &#x017F;eines Bundesrathes, und Baiern<lb/>
in &#x017F;einer würdigen und ein&#x017F;ichtigen Vertretung im Bundesrathe,<lb/>
eine fe&#x017F;te Bürg&#x017F;chaft gegen jede Ausartung oder Uebertreibung der<lb/>
einheitlichen Be&#x017F;trebungen. Eure Maje&#x017F;tät werden auf die Sicher¬<lb/>
heit des vertragsmäßigen Verfa&#x017F;&#x017F;ungsrechtes auch dann volles Ver¬<lb/>
trauen haben können, wenn ich nicht mehr die Ehre habe, dem Reiche<lb/>
als Kanzler zu dienen.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#right">In tiefer Ehrfurcht verharre ich<lb/>
Eurer Maje&#x017F;tät<lb/>
unterthänig&#x017F;ter Diener<lb/>
v. Bismarck.</hi> </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0384] Briefwechſel mit Ludwig von Baiern. Kiſſingen, den 10. Auguſt 1874. Allerdurchlauchtigſter König, Allergnädigſter Herr, Im Begriff, meine Cur zu beendigen, kann ich Kiſſingen nicht verlaſſen, ohne Eurer Majeſtät für alle Gnade, welche Allerhöchſt¬ dieſelben mir hier erzeigt haben, nochmals ehrfurchtsvoll zu danken, insbeſondre auch für das huldreiche Schreiben vom 31. v. Mts. Ich bin hoch beglückt durch das Vertrauen, welches Eure Majeſtät mir darin ausſprechen, und werde ſtets beſtrebt ſein, das¬ ſelbe zu verdienen; aber auch unabhängig von perſönlichen Bürg¬ ſchaften, dürfen Eure Majeſtät mit voller Zuverſicht auf diejenigen rechnen, welche in der Reichsverfaſſung ſelbſt liegen. Letztre beruht auf der föderativen Grundlage, welche ſie durch die Bundesverträge erhalten hat, und kann nicht ohne Vertragsbruch verletzt werden. Darin unterſcheidet ſich die Reichsverfaſſung von jeder Landes¬ verfaſſung. Die Rechte Eurer Majeſtät bilden einen unlöslichen Theil der Reichsverfaſſung, und beruhn daher auf denſelben ſichern Rechtsgrundlagen wie alle Inſtitutionen des Reichs. Deutſchland hat gegenwärtig in der Inſtitution ſeines Bundesrathes, und Baiern in ſeiner würdigen und einſichtigen Vertretung im Bundesrathe, eine feſte Bürgſchaft gegen jede Ausartung oder Uebertreibung der einheitlichen Beſtrebungen. Eure Majeſtät werden auf die Sicher¬ heit des vertragsmäßigen Verfaſſungsrechtes auch dann volles Ver¬ trauen haben können, wenn ich nicht mehr die Ehre habe, dem Reiche als Kanzler zu dienen. In tiefer Ehrfurcht verharre ich Eurer Majeſtät unterthänigſter Diener v. Bismarck.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/384
Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/384>, abgerufen am 24.11.2024.