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Blacker, Carola: Einiges über Frauenstimmrecht. In: Frauen-Werke 1/3 (1894), S. 23-24; 1/4 (1894), S. 25-26; 1/5 (1894), S. 39-40; 1/6 (1894), S. 49-50.

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bekannte geistvolle Miss Fawcett. Heute kann
man sagen, dass tausende und hunderttausende
der besten und intellectuell hochstehendsten
Frauen Englands das Stimmrecht wünschen.
Die Zahl der Gleichgültigen hält sich noch in
den Kreisen, wo der alte Zopf nicht ausge-
storben ist, oder in denen der Fashion, wo egoi-
stische Genussucht das Lebensziel ist; in diesen
letzteren recrutiert sich auch noch die Zahl der
"Emancipierten" im schlimmen Sinne. - Keine
parlamentarischen Intriguen gegen das Lesen
der Bill, wie sie voriges Jahr Sir A. Rollet er-
fuhr, konnten die Frauen, noch ihre Freunde im
Unterhaus entmuthigen. Jahr für Jahr mehren
sich dort die Anhänger des Frauenstimmrechts
und stetig geht die tapfere Minorität der end-
lichen Majorität entgegen.

Als Basis des politischen Stimmrechtes der
Frauen schlägt man das schon seit Jahren von
ihnen ausgeübte Stimmrecht für die Localad-
ministration vor. Wer die bestimmte Summe
von Abgaben zahlt, welche zur Abstimmung
bei Localwahlen berechtigt, soll das gleiche Recht
bei den Parlamentswahlen haben. Dies ist mit
Weglassung einzelner Detailbestimmungen die
einfache Forderung. - Über den günstigen
Einfluss der Frauen bei diesen Wahlen nicht
nur, sondern über ihr segensreiches Wirken als
"Gewählte" in Ausübung wichtiger Ämter bei
der Armenpflege, Fabriksinspection und Sanitäts-
verwaltung ist hier nicht der Ort zu sprechen.
Es genügt zu bemerken, dass ihre eingehende
Kenntnis der Lebensbedingungen des Volkes,
verbunden mit den speciell weiblichen Charakter-
eigenschaften der Beobachtung, Geduld und
Menschenliebe, sie so sehr dazu befähigen, dass
im Parlament der Antrag gestellt wurde, sie
auch als Districtsfriedensrichter zu erwählen.

Die Erlangung des Stimmrechtes der Frauen
Neuseelands hat auch hier seine Wirkung nicht
verfehlt. Sie ist um so bedeutender als von
den etwa 5000 stimmberechtigten Frauen der
Provinz Auckland 4500, also nahezu alle, ihr
neuerlangtes Recht benutzten; und zwar, so viel
zu ermitteln war, in der Richtung der conser-
vativen Ordnung, der Religion, der Sittlichkeits-
und Mäßigkeits-Idee.

Als Zusammenfassung meiner Bemerkungen
möchte ich einen Satz des berühmten Natur-
forschers Russel Wallace, in der Wissenschaft
ein Bruder Darwin's, hier anführen1):

"Wenn Männer und Frauen die Freiheit
haben, ihren besten Impulsen zu folgen, wenn
beide die bestmöglichste Erziehung erhalten,
wenn keine falschen Beschränkungen einem
menschlichen Wesen wegen des Zufalls des Ge-
schlechtes auferlegt werden, und wenn die öffent-
liche Meinung von den Weisesten und den Besten
reguliert und der Jugend systematisch einge-
schärft werden wird, dann werden wir finden,[Spaltenumbruch] dass ein System der menschlichen Auswahl sich
geltend machen wird, welche eine reformierte
Menschheit zur Folge haben muss. Solange
Frauen gezwungen sind die Heirat als ein
Mittel anzusehen, vermöge dessen sie der Ar-
mut entgehen und der Verlassenheit sich ent-
ziehen können, sind und bleiben sie im Vergleich
mit den Männern im Nachtheil. Der erste
Schritt daher in der Emancipation der Frauen
ist die Hinwegräumung aller Beschränkungen,
welche sie verhindern, mit den Männern auf
allen Gebieten der Beschäftigungen zu concurrieren.
Aber wir müssen weiter gehen und den Frauen
die Ausübung ihrer politischen Rechte ge-
statten. Viele der Beschränkungen,
unter denen die Frauen bisher gelitten,
wären ihnen erspart worden, hätten
sie eine directe Vertretung im Parla-
ment gehabt
".

Aber nicht nur der Mann der modernen
Wissenschaft, sondern auch der alte Riese Bis-
marck will für die Frauen eine bestimmende Stel-
lung in der Politik; und uns allen, die wir die
große Frage am Herzen haben, muss seine An-
rede an die Frauendeputation, bei Gelegenheit
seines 70. Geburtstages, mit Freude erfüllen.
Er nennt die Kundgebung der Damen eine
"große politische Genugthuung" für sich, denn
"in ihrer Begrüßung liegt ein volles und freies
Anerkenntnis für das deutsche Reich ... Hat
der Reichsgedanke einmal die Anerkennung der
deutschen Weiblichkeit gewonnen, dann ist er
unzerstörbar und wird da bleiben ... Mein
Vertrauen in die Zukunft beruht auf der
Stellung, welche die deutsche Frau genommen
hat ..."

"Ob zum Glück der Frau?" fragt Carola
Bruch-Sinn am Ende ihres Aufsatzes "Die Frauen-
emancipation als Weltgesetz",1) und meint, die
Antwort bleibe vorläufig eine Hypothese.

Ich möchte die Frage mit einem offenen,
entschiedenen Ja beantworten. Freiheit und
Gleichberechtigung auferlegen den Frauen höhere
Verantwortungen, weitere und größere Pflichten,
schwere Lebensarbeiten, wodurch manche Ein-
zelnen vielleicht das selbstische Glück der ver-
hältnismäßigen Sorgenlosigkeit einer engum-
grenzten Existenz entbehren würden. Dafür
aber würden sie das Bewusstsein voller Menschen-
würde in sich tragen; ihre uneingeschränkten
Menschenrechte würden sie bethätigen in den
höchsten Angelegenheiten ihrer Nation, in dem
edelsten Streben für ihre Mitmenschen, in der
Hebung ihrer geistig und materiell gedrückten
Schwestern; - sie würden, mit einem Wort,
das Recht und die Freiheit haben für jedes
ideale Gut, vom größten und allgemeinsten bis
zum kleinsten und individuellsten, ihre Stimme
zu erheben und zu wirken.

Und wäre das nicht zum Glück der Frau?

[Ende Spaltensatz]
1) Daily Chronical 4. December 1899.
1) Kewroit, Heft Nr. 2.

bekannte geistvolle Miss Fawcett. Heute kann
man sagen, dass tausende und hunderttausende
der besten und intellectuell hochstehendsten
Frauen Englands das Stimmrecht wünschen.
Die Zahl der Gleichgültigen hält sich noch in
den Kreisen, wo der alte Zopf nicht ausge-
storben ist, oder in denen der Fashion, wo egoi-
stische Genussucht das Lebensziel ist; in diesen
letzteren recrutiert sich auch noch die Zahl der
„Emancipierten‟ im schlimmen Sinne. – Keine
parlamentarischen Intriguen gegen das Lesen
der Bill, wie sie voriges Jahr Sir A. Rollet er-
fuhr, konnten die Frauen, noch ihre Freunde im
Unterhaus entmuthigen. Jahr für Jahr mehren
sich dort die Anhänger des Frauenstimmrechts
und stetig geht die tapfere Minorität der end-
lichen Majorität entgegen.

Als Basis des politischen Stimmrechtes der
Frauen schlägt man das schon seit Jahren von
ihnen ausgeübte Stimmrecht für die Localad-
ministration vor. Wer die bestimmte Summe
von Abgaben zahlt, welche zur Abstimmung
bei Localwahlen berechtigt, soll das gleiche Recht
bei den Parlamentswahlen haben. Dies ist mit
Weglassung einzelner Detailbestimmungen die
einfache Forderung. – Über den günstigen
Einfluss der Frauen bei diesen Wahlen nicht
nur, sondern über ihr segensreiches Wirken als
„Gewählte‟ in Ausübung wichtiger Ämter bei
der Armenpflege, Fabriksinspection und Sanitäts-
verwaltung ist hier nicht der Ort zu sprechen.
Es genügt zu bemerken, dass ihre eingehende
Kenntnis der Lebensbedingungen des Volkes,
verbunden mit den speciell weiblichen Charakter-
eigenschaften der Beobachtung, Geduld und
Menschenliebe, sie so sehr dazu befähigen, dass
im Parlament der Antrag gestellt wurde, sie
auch als Districtsfriedensrichter zu erwählen.

Die Erlangung des Stimmrechtes der Frauen
Neuseelands hat auch hier seine Wirkung nicht
verfehlt. Sie ist um so bedeutender als von
den etwa 5000 stimmberechtigten Frauen der
Provinz Auckland 4500, also nahezu alle, ihr
neuerlangtes Recht benutzten; und zwar, so viel
zu ermitteln war, in der Richtung der conser-
vativen Ordnung, der Religion, der Sittlichkeits-
und Mäßigkeits-Idee.

Als Zusammenfassung meiner Bemerkungen
möchte ich einen Satz des berühmten Natur-
forschers Russel Wallace, in der Wissenschaft
ein Bruder Darwin’s, hier anführen1):

„Wenn Männer und Frauen die Freiheit
haben, ihren besten Impulsen zu folgen, wenn
beide die bestmöglichste Erziehung erhalten,
wenn keine falschen Beschränkungen einem
menschlichen Wesen wegen des Zufalls des Ge-
schlechtes auferlegt werden, und wenn die öffent-
liche Meinung von den Weisesten und den Besten
reguliert und der Jugend systematisch einge-
schärft werden wird, dann werden wir finden,[Spaltenumbruch] dass ein System der menschlichen Auswahl sich
geltend machen wird, welche eine reformierte
Menschheit zur Folge haben muss. Solange
Frauen gezwungen sind die Heirat als ein
Mittel anzusehen, vermöge dessen sie der Ar-
mut entgehen und der Verlassenheit sich ent-
ziehen können, sind und bleiben sie im Vergleich
mit den Männern im Nachtheil. Der erste
Schritt daher in der Emancipation der Frauen
ist die Hinwegräumung aller Beschränkungen,
welche sie verhindern, mit den Männern auf
allen Gebieten der Beschäftigungen zu concurrieren.
Aber wir müssen weiter gehen und den Frauen
die Ausübung ihrer politischen Rechte ge-
statten. Viele der Beschränkungen,
unter denen die Frauen bisher gelitten,
wären ihnen erspart worden, hätten
sie eine directe Vertretung im Parla-
ment gehabt
‟.

Aber nicht nur der Mann der modernen
Wissenschaft, sondern auch der alte Riese Bis-
marck will für die Frauen eine bestimmende Stel-
lung in der Politik; und uns allen, die wir die
große Frage am Herzen haben, muss seine An-
rede an die Frauendeputation, bei Gelegenheit
seines 70. Geburtstages, mit Freude erfüllen.
Er nennt die Kundgebung der Damen eine
„große politische Genugthuung‟ für sich, denn
„in ihrer Begrüßung liegt ein volles und freies
Anerkenntnis für das deutsche Reich … Hat
der Reichsgedanke einmal die Anerkennung der
deutschen Weiblichkeit gewonnen, dann ist er
unzerstörbar und wird da bleiben … Mein
Vertrauen in die Zukunft beruht auf der
Stellung, welche die deutsche Frau genommen
hat …‟

„Ob zum Glück der Frau?‟ fragt Carola
Bruch-Sinn am Ende ihres Aufsatzes „Die Frauen-
emancipation als Weltgesetz‟,1) und meint, die
Antwort bleibe vorläufig eine Hypothese.

Ich möchte die Frage mit einem offenen,
entschiedenen Ja beantworten. Freiheit und
Gleichberechtigung auferlegen den Frauen höhere
Verantwortungen, weitere und größere Pflichten,
schwere Lebensarbeiten, wodurch manche Ein-
zelnen vielleicht das selbstische Glück der ver-
hältnismäßigen Sorgenlosigkeit einer engum-
grenzten Existenz entbehren würden. Dafür
aber würden sie das Bewusstsein voller Menschen-
würde in sich tragen; ihre uneingeschränkten
Menschenrechte würden sie bethätigen in den
höchsten Angelegenheiten ihrer Nation, in dem
edelsten Streben für ihre Mitmenschen, in der
Hebung ihrer geistig und materiell gedrückten
Schwestern; – sie würden, mit einem Wort,
das Recht und die Freiheit haben für jedes
ideale Gut, vom größten und allgemeinsten bis
zum kleinsten und individuellsten, ihre Stimme
zu erheben und zu wirken.

Und wäre das nicht zum Glück der Frau?

[Ende Spaltensatz]
1) Daily Chronical 4. December 1899.
1) Kewroit, Heft Nr. 2.
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Sie ist um so bedeutender als von den etwa 5000 stimmberechtigten Frauen der Provinz Auckland 4500, also nahezu alle, ihr neuerlangtes Recht benutzten; und zwar, so viel zu ermitteln war, in der Richtung der conser- vativen Ordnung, der Religion, der Sittlichkeits- und Mäßigkeits-Idee. Als Zusammenfassung meiner Bemerkungen möchte ich einen Satz des berühmten Natur- forschers Russel Wallace, in der Wissenschaft ein Bruder Darwin’s, hier anführen 1): „Wenn Männer und Frauen die Freiheit haben, ihren besten Impulsen zu folgen, wenn beide die bestmöglichste Erziehung erhalten, wenn keine falschen Beschränkungen einem menschlichen Wesen wegen des Zufalls des Ge- schlechtes auferlegt werden, und wenn die öffent- liche Meinung von den Weisesten und den Besten reguliert und der Jugend systematisch einge- schärft werden wird, dann werden wir finden, dass ein System der menschlichen Auswahl sich geltend machen wird, welche eine reformierte Menschheit zur Folge haben muss. 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Er nennt die Kundgebung der Damen eine „große politische Genugthuung‟ für sich, denn „in ihrer Begrüßung liegt ein volles und freies Anerkenntnis für das deutsche Reich … Hat der Reichsgedanke einmal die Anerkennung der deutschen Weiblichkeit gewonnen, dann ist er unzerstörbar und wird da bleiben … Mein Vertrauen in die Zukunft beruht auf der Stellung, welche die deutsche Frau genommen hat …‟ „Ob zum Glück der Frau?‟ fragt Carola Bruch-Sinn am Ende ihres Aufsatzes „Die Frauen- emancipation als Weltgesetz‟, 1) und meint, die Antwort bleibe vorläufig eine Hypothese. Ich möchte die Frage mit einem offenen, entschiedenen Ja beantworten. Freiheit und Gleichberechtigung auferlegen den Frauen höhere Verantwortungen, weitere und größere Pflichten, schwere Lebensarbeiten, wodurch manche Ein- zelnen vielleicht das selbstische Glück der ver- hältnismäßigen Sorgenlosigkeit einer engum- grenzten Existenz entbehren würden. Dafür aber würden sie das Bewusstsein voller Menschen- würde in sich tragen; ihre uneingeschränkten Menschenrechte würden sie bethätigen in den höchsten Angelegenheiten ihrer Nation, in dem edelsten Streben für ihre Mitmenschen, in der Hebung ihrer geistig und materiell gedrückten Schwestern; – sie würden, mit einem Wort, das Recht und die Freiheit haben für jedes ideale Gut, vom größten und allgemeinsten bis zum kleinsten und individuellsten, ihre Stimme zu erheben und zu wirken. Und wäre das nicht zum Glück der Frau? 1) Daily Chronical 4. December 1899. 1) Kewroit, Heft Nr. 2.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:42:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Blacker, Carola: Einiges über Frauenstimmrecht. In: Frauen-Werke 1/3 (1894), S. 23-24; 1/4 (1894), S. 25-26; 1/5 (1894), S. 39-40; 1/6 (1894), S. 49-50, hier S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blacker_frauenstimmrecht_1894/8>, abgerufen am 03.12.2024.