lich so gut, als ich mir es zu seyn scheine? Ein kleines Misstrauen gegen uns selbst, ei- ne kaltblütige Beleuchtung unsers eignen Werths, meine Julie! wird noch immer dem nachtheiligsten Urtheile, das über uns gefällt wird, etwas von seiner Schärfe be- nehmen. So belohnt es denn doch schon die Mühe, eine kleine Verleumdung über sich ergehen zu lassen, weil man dadurch zur nichtigen Schätzung seiner selbst zu- rückgebracht und noch vor der feinern Art von Eitelkeit in Sicherheit gesetzt wird!
Aber davon kann ich ihnen noch deut- lichere Versicherungen geben. Man beur- theilt uns nicht leicht ohne allen Schein. Mehrentheils haben wir durch unser Betra- gen, zu den schwerern Verleumdungen selbst Anlass gegeben. War es Mangel an Klugheit, so kömmts uns von nun an zu, keinen Schritt von der Art mehr, als mit
lich ſo gut, als ich mir es zu ſeyn ſcheine? Ein kleines Miſstrauen gegen uns ſelbſt, ei- ne kaltblütige Beleuchtung unſers eignen Werths, meine Julie! wird noch immer dem nachtheiligſten Urtheile, das über uns gefällt wird, etwas von ſeiner Schärfe be- nehmen. So belohnt es denn doch ſchon die Mühe, eine kleine Verleumdung über ſich ergehen zu laſsen, weil man dadurch zur nichtigen Schätzung ſeiner ſelbſt zu- rückgebracht und noch vor der feinern Art von Eitelkeit in Sicherheit geſetzt wird!
Aber davon kann ich ihnen noch deut- lichere Verſicherungen geben. Man beur- theilt uns nicht leicht ohne allen Schein. Mehrentheils haben wir durch unſer Betra- gen, zu den ſchwerern Verleumdungen ſelbſt Anlaſs gegeben. War es Mangel an Klugheit, ſo kömmts uns von nun an zu, keinen Schritt von der Art mehr, als mit
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lich ſo gut, als ich mir es zu ſeyn ſcheine?
Ein kleines Miſstrauen gegen uns ſelbſt, ei-
ne kaltblütige Beleuchtung unſers eignen
Werths, meine Julie! wird noch immer
dem nachtheiligſten Urtheile, das über uns
gefällt wird, etwas von ſeiner Schärfe be-
nehmen. So belohnt es denn doch ſchon
die Mühe, eine kleine Verleumdung über
ſich ergehen zu laſsen, weil man dadurch
zur nichtigen Schätzung ſeiner ſelbſt zu-
rückgebracht und noch vor der feinern Art
von Eitelkeit in Sicherheit geſetzt wird!
Aber davon kann ich ihnen noch deut-
lichere Verſicherungen geben. Man beur-
theilt uns nicht leicht ohne allen Schein.
Mehrentheils haben wir durch unſer Betra-
gen, zu den ſchwerern Verleumdungen
ſelbſt Anlaſs gegeben. War es Mangel an
Klugheit, ſo kömmts uns von nun an zu,
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/150>, abgerufen am 19.05.2024.
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