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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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fällig ist Themire! Dafür, wie allgemein
geliebt, wie angebetet bey nahe! Das könn-
ten sie auch seyn, Chloe! wenn sie wollten.
Jch habe sie gefällig, ich habe sie herablas-
send gesehn. Es stand ihnen so wohl an;
es erhöhte so sehr ihre Schönheit; es zeug-
te so sehr von ihrem edlen Herzen und von
ihrem feinen Verstande; sie machten da-
durch so geschwinde und ausgebreitete Er-
oberungen. -- Chloe! warum standen sie
auf einem so schönen Wege stille; warum
versicherten sie sich ihre erworbenen Vor-
theile nicht? O! ihre Laune bringt sie um
alles. Sie entsagen den Vorzügen eines
Engels um nur nicht ihrem widerspänstigen
Herzen eine kleine Gewalt anthun zu dür-
fen. Noch vermisse ich bey ihnen die hö-
heren Grade des Wohlwollens, die zärtliche
Menschenliebe, das innige, thätige Mitlei-
den und überhaupt die gütige Theilneh-

fällig iſt Themire! Dafür, wie allgemein
geliebt, wie angebetet bey nahe! Das könn-
ten ſie auch ſeyn, Chloe! wenn ſie wollten.
Jch habe ſie gefällig, ich habe ſie herablaſ-
ſend geſehn. Es ſtand ihnen ſo wohl an;
es erhöhte ſo ſehr ihre Schönheit; es zeug-
te ſo ſehr von ihrem edlen Herzen und von
ihrem feinen Verſtande; ſie machten da-
durch ſo geſchwinde und ausgebreitete Er-
oberungen. — Chloe! warum ſtanden ſie
auf einem ſo ſchönen Wege ſtille; warum
verſicherten ſie ſich ihre erworbenen Vor-
theile nicht? O! ihre Laune bringt ſie um
alles. Sie entſagen den Vorzügen eines
Engels um nur nicht ihrem widerſpänſtigen
Herzen eine kleine Gewalt anthun zu dür-
fen. Noch vermiſse ich bey ihnen die hö-
heren Grade des Wohlwollens, die zärtliche
Menſchenliebe, das innige, thätige Mitlei-
den und überhaupt die gütige Theilneh-

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[184/0192] fällig iſt Themire! Dafür, wie allgemein geliebt, wie angebetet bey nahe! Das könn- ten ſie auch ſeyn, Chloe! wenn ſie wollten. Jch habe ſie gefällig, ich habe ſie herablaſ- ſend geſehn. Es ſtand ihnen ſo wohl an; es erhöhte ſo ſehr ihre Schönheit; es zeug- te ſo ſehr von ihrem edlen Herzen und von ihrem feinen Verſtande; ſie machten da- durch ſo geſchwinde und ausgebreitete Er- oberungen. — Chloe! warum ſtanden ſie auf einem ſo ſchönen Wege ſtille; warum verſicherten ſie ſich ihre erworbenen Vor- theile nicht? O! ihre Laune bringt ſie um alles. Sie entſagen den Vorzügen eines Engels um nur nicht ihrem widerſpänſtigen Herzen eine kleine Gewalt anthun zu dür- fen. Noch vermiſse ich bey ihnen die hö- heren Grade des Wohlwollens, die zärtliche Menſchenliebe, das innige, thätige Mitlei- den und überhaupt die gütige Theilneh-

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/192>, abgerufen am 21.11.2024.