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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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von deinen Tönen erweicht, schmilzt in
süsser Wehmuth. Jezt schweigst du; ich hö-
re das sanfte Geschwätz eines nahen Bachs,
der über entblöste Wurzeln dahinfliesst,
ich höre den lispelnden West, der sich auf
schlanken Zweigen wiegt. Und ist es nicht
ein ungemeiner Gewinn, so vieles nicht zu
hören: das Getöse der Spieltische nicht,
wo Ausrufungen und Flüche sich unauf-
hörlich begegnen; das ungeräumte Ge-
wäsch so vieler schamlosen Zungen nicht,
die ohne Leben und Bewegung sind, wenn
sie nicht der mächtige Weingott regiert?

Phanor! ich bin dein Gast nie wieder. Jch
entsage deinen Festen und dir; oder wenn ich
ja komme, so ist es um dir einen deiner
Gäste zu entführen, der ein bessres Schick-
sal verdient, als den nichts würdigen Haufen
vollzählich zu machen, der von dem Schweis-
se deines rechtschaffenen Vaters lebt.

(I. Theil.) B

von deinen Tönen erweicht, ſchmilzt in
ſüſser Wehmuth. Jezt ſchweigſt du; ich hö-
re das ſanfte Geſchwätz eines nahen Bachs,
der über entblöſte Wurzeln dahinflieſst,
ich höre den liſpelnden Weſt, der ſich auf
ſchlanken Zweigen wiegt. Und iſt es nicht
ein ungemeiner Gewinn, ſo vieles nicht zu
hören: das Getöſe der Spieltiſche nicht,
wo Ausrufungen und Flüche ſich unauf-
hörlich begegnen; das ungeräumte Ge-
wäſch ſo vieler ſchamloſen Zungen nicht,
die ohne Leben und Bewegung ſind, wenn
ſie nicht der mächtige Weingott regiert?

Phanor! ich bin dein Gaſt nie wieder. Jch
entſage deinen Feſten und dir; oder wenn ich
ja komme, ſo iſt es um dir einen deiner
Gäſte zu entführen, der ein beſsres Schick-
ſal verdient, als den nichts würdigen Haufen
vollzählich zu machen, der von dem Schweiſ-
ſe deines rechtſchaffenen Vaters lebt.

(I. Theil.) B
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[15/0023] von deinen Tönen erweicht, ſchmilzt in ſüſser Wehmuth. Jezt ſchweigſt du; ich hö- re das ſanfte Geſchwätz eines nahen Bachs, der über entblöſte Wurzeln dahinflieſst, ich höre den liſpelnden Weſt, der ſich auf ſchlanken Zweigen wiegt. Und iſt es nicht ein ungemeiner Gewinn, ſo vieles nicht zu hören: das Getöſe der Spieltiſche nicht, wo Ausrufungen und Flüche ſich unauf- hörlich begegnen; das ungeräumte Ge- wäſch ſo vieler ſchamloſen Zungen nicht, die ohne Leben und Bewegung ſind, wenn ſie nicht der mächtige Weingott regiert? Phanor! ich bin dein Gaſt nie wieder. Jch entſage deinen Feſten und dir; oder wenn ich ja komme, ſo iſt es um dir einen deiner Gäſte zu entführen, der ein beſsres Schick- ſal verdient, als den nichts würdigen Haufen vollzählich zu machen, der von dem Schweiſ- ſe deines rechtſchaffenen Vaters lebt. (I. Theil.) B

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/23>, abgerufen am 21.11.2024.