Erst war ich in dem großen Unsicht- baren. Schon damals ein einfaches We- sen, mit einem Körper verbunden. Doch klein über alle Vorstellung, dem bewaffne- ten Auge des geübtesten Beobachters un- erreichlich. Die Zeit kam, da ich zur Er- scheinung reifen sollte. Aber noch immer war ich ein Wurm, der einen Waßertro- pfen für ein Weltmeer gehalten haben würde. So haben alle Körper ihre wesent- lichen Grundtheile, ihren eigenthümlichen Stoff, der in eine unendlich kleine Masse zusammenfällt. Eine bewundernswürdige Veranstaltung machte, dass ich, durch tau- send Wege, zuletzt zu einem Theile der Materie gelangte, der vor allen übrigen geschickt war mit mir zu einem Ganzen zusammenzuwachsen. Eigenthümlicher auf- geschwollener Stoff, mit erworbenem neuen, mehr und minder zusammenhän-
Erſt war ich in dem großen Unſicht- baren. Schon damals ein einfaches We- ſen, mit einem Körper verbunden. Doch klein über alle Vorſtellung, dem bewaffne- ten Auge des geübteſten Beobachters un- erreichlich. Die Zeit kam, da ich zur Er- ſcheinung reifen ſollte. Aber noch immer war ich ein Wurm, der einen Waßertro- pfen für ein Weltmeer gehalten haben würde. So haben alle Körper ihre weſent- lichen Grundtheile, ihren eigenthümlichen Stoff, der in eine unendlich kleine Maſſe zuſammenfällt. Eine bewundernswürdige Veranſtaltung machte, daſs ich, durch tau- ſend Wege, zuletzt zu einem Theile der Materie gelangte, der vor allen übrigen geſchickt war mit mir zu einem Ganzen zuſammenzuwachſen. Eigenthümlicher auf- geſchwollener Stoff, mit erworbenem neuen, mehr und minder zuſammenhän-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0127"n="121"/><p>Erſt war ich in dem großen Unſicht-<lb/>
baren. Schon damals ein einfaches We-<lb/>ſen, mit einem Körper verbunden. Doch<lb/>
klein über alle Vorſtellung, dem bewaffne-<lb/>
ten Auge des geübteſten Beobachters un-<lb/>
erreichlich. Die Zeit kam, da ich zur Er-<lb/>ſcheinung reifen ſollte. Aber noch immer<lb/>
war ich ein Wurm, der einen Waßertro-<lb/>
pfen für ein Weltmeer gehalten haben<lb/>
würde. So haben alle Körper ihre weſent-<lb/>
lichen Grundtheile, ihren eigenthümlichen<lb/>
Stoff, der in eine unendlich kleine Maſſe<lb/>
zuſammenfällt. Eine bewundernswürdige<lb/>
Veranſtaltung machte, daſs ich, durch tau-<lb/>ſend Wege, zuletzt zu einem Theile der<lb/>
Materie gelangte, der vor allen übrigen<lb/>
geſchickt war mit mir zu einem Ganzen<lb/>
zuſammenzuwachſen. Eigenthümlicher auf-<lb/>
geſchwollener Stoff, mit erworbenem<lb/>
neuen, mehr und minder zuſammenhän-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[121/0127]
Erſt war ich in dem großen Unſicht-
baren. Schon damals ein einfaches We-
ſen, mit einem Körper verbunden. Doch
klein über alle Vorſtellung, dem bewaffne-
ten Auge des geübteſten Beobachters un-
erreichlich. Die Zeit kam, da ich zur Er-
ſcheinung reifen ſollte. Aber noch immer
war ich ein Wurm, der einen Waßertro-
pfen für ein Weltmeer gehalten haben
würde. So haben alle Körper ihre weſent-
lichen Grundtheile, ihren eigenthümlichen
Stoff, der in eine unendlich kleine Maſſe
zuſammenfällt. Eine bewundernswürdige
Veranſtaltung machte, daſs ich, durch tau-
ſend Wege, zuletzt zu einem Theile der
Materie gelangte, der vor allen übrigen
geſchickt war mit mir zu einem Ganzen
zuſammenzuwachſen. Eigenthümlicher auf-
geſchwollener Stoff, mit erworbenem
neuen, mehr und minder zuſammenhän-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/127>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.