Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
Mein Schicksal ist nur angefangen,
Hier, wo das Leben mir in Dämmrung
aufgegangen;
Mein Geist-bereitet sich zu lichtern Ta-
gen vor. --

Hier war ich gut und böse; aber eins von
beyden überwiegend. Das werd' ich
dort auch seyn. So will es die Natur ei-
nes freyen Wesens. Glückselig oder un-
glückselig zu seyn, ist meine immerwähren-
de Bestimmung. -- Hier fand ich Un-
glück in dem Hause des Rechtschaffenen;
hier sah ich den sorglosen Bösewicht in ei-
nem ununterbrochnen Wohlergehn seine
Tage verleben. Dieß Verhältniß kann
nicht fortdauern. Gott ist gut und gerecht.
Er muß den Tugendfreund wie den Skla-
ven der Laster zu einem künftigen Leben
aufbehalten; er muß sich an beyden recht-
fertigen.

Mein Schickſal iſt nur angefangen,
Hier, wo das Leben mir in Dämmrung
aufgegangen;
Mein Geiſt-bereitet ſich zu lichtern Ta-
gen vor. —

Hier war ich gut und böſe; aber eins von
beyden überwiegend. Das werd’ ich
dort auch ſeyn. So will es die Natur ei-
nes freyen Weſens. Glückſelig oder un-
glückſelig zu ſeyn, iſt meine immerwähren-
de Beſtimmung. — Hier fand ich Un-
glück in dem Hauſe des Rechtſchaffenen;
hier ſah ich den ſorgloſen Böſewicht in ei-
nem ununterbrochnen Wohlergehn ſeine
Tage verleben. Dieß Verhältniß kann
nicht fortdauern. Gott iſt gut und gerecht.
Er muß den Tugendfreund wie den Skla-
ven der Laſter zu einem künftigen Leben
aufbehalten; er muß ſich an beyden recht-
fertigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0137" n="131"/>
          <lg type="poem">
            <l>Mein Schick&#x017F;al i&#x017F;t nur angefangen,</l><lb/>
            <l>Hier, wo das Leben mir in Dämmrung</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">aufgegangen;</hi> </l><lb/>
            <l>Mein Gei&#x017F;t-bereitet &#x017F;ich zu lichtern Ta-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">gen vor. &#x2014;</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Hier war ich gut und bö&#x017F;e; aber eins von<lb/>
beyden überwiegend. Das werd&#x2019; ich<lb/>
dort auch &#x017F;eyn. So will es die Natur ei-<lb/>
nes freyen We&#x017F;ens. Glück&#x017F;elig oder un-<lb/>
glück&#x017F;elig zu &#x017F;eyn, i&#x017F;t meine immerwähren-<lb/>
de Be&#x017F;timmung. &#x2014; Hier fand ich Un-<lb/>
glück in dem Hau&#x017F;e des Recht&#x017F;chaffenen;<lb/>
hier &#x017F;ah ich den &#x017F;orglo&#x017F;en Bö&#x017F;ewicht in ei-<lb/>
nem ununterbrochnen Wohlergehn &#x017F;eine<lb/>
Tage verleben. Dieß Verhältniß kann<lb/>
nicht fortdauern. Gott i&#x017F;t gut und gerecht.<lb/>
Er muß den Tugendfreund wie den Skla-<lb/>
ven der La&#x017F;ter zu einem künftigen Leben<lb/>
aufbehalten; er muß &#x017F;ich an beyden recht-<lb/>
fertigen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0137] Mein Schickſal iſt nur angefangen, Hier, wo das Leben mir in Dämmrung aufgegangen; Mein Geiſt-bereitet ſich zu lichtern Ta- gen vor. — Hier war ich gut und böſe; aber eins von beyden überwiegend. Das werd’ ich dort auch ſeyn. So will es die Natur ei- nes freyen Weſens. Glückſelig oder un- glückſelig zu ſeyn, iſt meine immerwähren- de Beſtimmung. — Hier fand ich Un- glück in dem Hauſe des Rechtſchaffenen; hier ſah ich den ſorgloſen Böſewicht in ei- nem ununterbrochnen Wohlergehn ſeine Tage verleben. Dieß Verhältniß kann nicht fortdauern. Gott iſt gut und gerecht. Er muß den Tugendfreund wie den Skla- ven der Laſter zu einem künftigen Leben aufbehalten; er muß ſich an beyden recht- fertigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/137
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/137>, abgerufen am 21.11.2024.