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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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hutsamkeit vorgetragen werden, und man
hat auch gegenseitig nicht unrecht, den
Freunden derselben eine kleine Theologi-
sche Klugheit anzuempfehlen. Zwischen
einem in Lastern zugebrachten Leben von
siebenzig bis achtzig Iahren, welches ohne-
hin schon über die Gränzen unsers gewöhn-
lichen Lebens hinausreicht, und einer Be-
strafung von endloser Dauer, scheinet so
manchem, der darüber nachgedacht hat
und noch nachdenkt, kein Verhältniß statt
zu finden. Auch der Sünder hat die Ver-
sichrung für sich, dass ihm seine guten
Handlungen, sie mögen noch so klein seyn;
nicht ganz unvergolten bleiben sollen. Ei-
nem in guter Absicht gegebenen Wasser-
trunke ist seine Belohnung verheißen.
Nun ist auch der größte Bösewicht nicht
ohne moralische Güte. Dieß vermindert
wenigstens den Grad der Verdamniß, wenn

hutſamkeit vorgetragen werden, und man
hat auch gegenſeitig nicht unrecht, den
Freunden derſelben eine kleine Theologi-
ſche Klugheit anzuempfehlen. Zwiſchen
einem in Laſtern zugebrachten Leben von
ſiebenzig bis achtzig Iahren, welches ohne-
hin ſchon über die Gränzen unſers gewöhn-
lichen Lebens hinausreicht, und einer Be-
ſtrafung von endloſer Dauer, ſcheinet ſo
manchem, der darüber nachgedacht hat
und noch nachdenkt, kein Verhältniß ſtatt
zu finden. Auch der Sünder hat die Ver-
ſichrung für ſich, daſs ihm ſeine guten
Handlungen, ſie mögen noch ſo klein ſeyn;
nicht ganz unvergolten bleiben ſollen. Ei-
nem in guter Abſicht gegebenen Waſſer-
trunke iſt ſeine Belohnung verheißen.
Nun iſt auch der größte Böſewicht nicht
ohne moraliſche Güte. Dieß vermindert
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[156/0162] hutſamkeit vorgetragen werden, und man hat auch gegenſeitig nicht unrecht, den Freunden derſelben eine kleine Theologi- ſche Klugheit anzuempfehlen. Zwiſchen einem in Laſtern zugebrachten Leben von ſiebenzig bis achtzig Iahren, welches ohne- hin ſchon über die Gränzen unſers gewöhn- lichen Lebens hinausreicht, und einer Be- ſtrafung von endloſer Dauer, ſcheinet ſo manchem, der darüber nachgedacht hat und noch nachdenkt, kein Verhältniß ſtatt zu finden. Auch der Sünder hat die Ver- ſichrung für ſich, daſs ihm ſeine guten Handlungen, ſie mögen noch ſo klein ſeyn; nicht ganz unvergolten bleiben ſollen. Ei- nem in guter Abſicht gegebenen Waſſer- trunke iſt ſeine Belohnung verheißen. Nun iſt auch der größte Böſewicht nicht ohne moraliſche Güte. Dieß vermindert wenigſtens den Grad der Verdamniß, wenn

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/162>, abgerufen am 21.11.2024.