sie dadurch auch nicht ganz gehoben wer- den sollte. Und bey dem allen, bey sonst so richtigen Vorstellungen von göttlicher Erbarmung und Geduld, will man so man- chen Verirrungen, so mancher lasterhaften Handlung, die sich hier und da wohl noch entschuldigen ließe, wenn man, wie der Allwißende, den Grund der Herzen er- forschen könnte, eine Unglückseligkeit folgen laßen, die in dem strengsten Ver- stande unendlich seyn soll? Das verräth allzumenschliche Gesinnungen und eine Härte, die über alle Wahrscheinlichkeit ist. Man vermuthet eine falsche Politik des Ge- setzgebers. Die Drohung wird zu einem Popanz und verliert bald die Kraft, die man davon erwartet hatte. -- Und nun -- die Folgen, die das unausbleib- lich in Leben und Wandel hervorbringen muß? -- Die, denk' ich; fallen zu sehr
ſie dadurch auch nicht ganz gehoben wer- den ſollte. Und bey dem allen, bey ſonſt ſo richtigen Vorſtellungen von göttlicher Erbarmung und Geduld, will man ſo man- chen Verirrungen, ſo mancher laſterhaften Handlung, die ſich hier und da wohl noch entſchuldigen ließe, wenn man, wie der Allwißende, den Grund der Herzen er- forſchen könnte, eine Unglückſeligkeit folgen laßen, die in dem ſtrengſten Ver- ſtande unendlich ſeyn ſoll? Das verräth allzumenſchliche Geſinnungen und eine Härte, die über alle Wahrſcheinlichkeit iſt. Man vermuthet eine falſche Politik des Ge- ſetzgebers. Die Drohung wird zu einem Popanz und verliert bald die Kraft, die man davon erwartet hatte. — Und nun — die Folgen, die das unausbleib- lich in Leben und Wandel hervorbringen muß? — Die, denk’ ich; fallen zu ſehr
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ſie dadurch auch nicht ganz gehoben wer-
den ſollte. Und bey dem allen, bey ſonſt
ſo richtigen Vorſtellungen von göttlicher
Erbarmung und Geduld, will man ſo man-
chen Verirrungen, ſo mancher laſterhaften
Handlung, die ſich hier und da wohl noch
entſchuldigen ließe, wenn man, wie der
Allwißende, den Grund der Herzen er-
forſchen könnte, eine Unglückſeligkeit
folgen laßen, die in dem ſtrengſten Ver-
ſtande unendlich ſeyn ſoll? Das verräth
allzumenſchliche Geſinnungen und eine
Härte, die über alle Wahrſcheinlichkeit iſt.
Man vermuthet eine falſche Politik des Ge-
ſetzgebers. Die Drohung wird zu einem
Popanz und verliert bald die Kraft, die
man davon erwartet hatte. — Und
nun — die Folgen, die das unausbleib-
lich in Leben und Wandel hervorbringen
muß? — Die, denk’ ich; fallen zu ſehr
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/163>, abgerufen am 21.11.2024.
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