Haben sie nachgedacht, meine Chloe? -- Finden sie nicht, dass ihnen die Schön- heit allein, wohl für heute gefallen, in we- nigen Tagen aber etwas gleichgültiges seyn würde? Nicht wahr? sie gäben schon ei- nen Theil davon weg, um Munterkeit des Geistes, um gefällige Sitten, um Klugheit und Einsicht dafür zu erhalten? Freylich ist die Vereinigung vieler Vollkommenhei- ten eine Vergrößerung der Vollkommen- heit im Ganzen. Ich wollte, dass sich die reichste, edelste Zusammensetzung dieser Art ihrer Wahl anböte. Aber was für ein Recht haben sie, darauf zu warten? Sind sie eine Byron oder Bismarck? -- Opfern sie immer ein bischen körperlichen Reiz auf, um sich mit einer schönen Seele zu verbinden, um einen Mann zu gewin-
achten! Es giebt treffliche Leute in allen. —
Haben ſie nachgedacht, meine Chloe? — Finden ſie nicht, daſs ihnen die Schön- heit allein, wohl für heute gefallen, in we- nigen Tagen aber etwas gleichgültiges ſeyn würde? Nicht wahr? ſie gäben ſchon ei- nen Theil davon weg, um Munterkeit des Geiſtes, um gefällige Sitten, um Klugheit und Einſicht dafür zu erhalten? Freylich iſt die Vereinigung vieler Vollkommenhei- ten eine Vergrößerung der Vollkommen- heit im Ganzen. Ich wollte, daſs ſich die reichſte, edelſte Zuſammenſetzung dieſer Art ihrer Wahl anböte. Aber was für ein Recht haben ſie, darauf zu warten? Sind ſie eine Byron oder Bismarck? — Opfern ſie immer ein bischen körperlichen Reiz auf, um ſich mit einer ſchönen Seele zu verbinden, um einen Mann zu gewin-
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achten! Es giebt treffliche Leute in
allen. —
Haben ſie nachgedacht, meine Chloe?
— Finden ſie nicht, daſs ihnen die Schön-
heit allein, wohl für heute gefallen, in we-
nigen Tagen aber etwas gleichgültiges ſeyn
würde? Nicht wahr? ſie gäben ſchon ei-
nen Theil davon weg, um Munterkeit des
Geiſtes, um gefällige Sitten, um Klugheit
und Einſicht dafür zu erhalten? Freylich
iſt die Vereinigung vieler Vollkommenhei-
ten eine Vergrößerung der Vollkommen-
heit im Ganzen. Ich wollte, daſs ſich die
reichſte, edelſte Zuſammenſetzung dieſer
Art ihrer Wahl anböte. Aber was für
ein Recht haben ſie, darauf zu warten?
Sind ſie eine Byron oder Bismarck? —
Opfern ſie immer ein bischen körperlichen
Reiz auf, um ſich mit einer ſchönen Seele
zu verbinden, um einen Mann zu gewin-
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/181>, abgerufen am 21.11.2024.
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