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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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Aus einem reichen Vorrathe nehmen,
ist keine Kunst; aber klaftertief graben
nach Gold und köstlichen Steinen, ist
Kunst, ist Verdienst. Mittelmäßige Kö-
pfe suchen in Schriftstellern von bekann-
ter Güte und reichem Gehalte Futter für
den Geist. Leibnitze hingegen und Mil-
tons wagen Zeit und Arbeit an einen Bru-
nus und an Ritterbücher. Jener bringt
köstliche Wahrheit und dieser herrliche
Bilder zur Ausbeute an den Tag. Die
rasendsten Köpfe haben ihre guten Stun-
den, in welchen sie den gescheutesten zu-
vordenken.

Die Flecken des Dichters sollen seyn
wie die Flecken der Sonne, die das
bloße Auge nicht wahrnimmt und nur
das bewaffnete des Kunstverständigen be-
merkt.

Aus einem reichen Vorrathe nehmen,
iſt keine Kunſt; aber klaftertief graben
nach Gold und köſtlichen Steinen, iſt
Kunſt, iſt Verdienſt. Mittelmäßige Kö-
pfe ſuchen in Schriftſtellern von bekann-
ter Güte und reichem Gehalte Futter für
den Geiſt. Leibnitze hingegen und Mil-
tons wagen Zeit und Arbeit an einen Bru-
nus und an Ritterbücher. Jener bringt
köſtliche Wahrheit und dieſer herrliche
Bilder zur Ausbeute an den Tag. Die
raſendſten Köpfe haben ihre guten Stun-
den, in welchen ſie den geſcheuteſten zu-
vordenken.

Die Flecken des Dichters ſollen ſeyn
wie die Flecken der Sonne, die das
bloße Auge nicht wahrnimmt und nur
das bewaffnete des Kunſtverſtändigen be-
merkt.

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[251/0257] Aus einem reichen Vorrathe nehmen, iſt keine Kunſt; aber klaftertief graben nach Gold und köſtlichen Steinen, iſt Kunſt, iſt Verdienſt. Mittelmäßige Kö- pfe ſuchen in Schriftſtellern von bekann- ter Güte und reichem Gehalte Futter für den Geiſt. Leibnitze hingegen und Mil- tons wagen Zeit und Arbeit an einen Bru- nus und an Ritterbücher. Jener bringt köſtliche Wahrheit und dieſer herrliche Bilder zur Ausbeute an den Tag. Die raſendſten Köpfe haben ihre guten Stun- den, in welchen ſie den geſcheuteſten zu- vordenken. Die Flecken des Dichters ſollen ſeyn wie die Flecken der Sonne, die das bloße Auge nicht wahrnimmt und nur das bewaffnete des Kunſtverſtändigen be- merkt.

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/257>, abgerufen am 21.11.2024.