Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.Schlechte Gelegenheitsgedichte sind Die Beyspiele schlechter Ehen sollten Schlechte Gelegenheitsgedichte ſind Die Beyſpiele ſchlechter Ehen ſollten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0258" n="252"/> <p>Schlechte Gelegenheitsgedichte ſind<lb/> wie ſchlechte Bildniße, die nach dem To-<lb/> de ihrer Originale für ſechs Dreyer auf<lb/> dem Trödel verkauft werden. Gute Ge-<lb/> legenheitsgedichte gleichen guten Fami-<lb/> lienſtücken, die in den Kabinetten der<lb/> Kenner immer noch ihren guten Werth<lb/> behalten, wenn gleich ihre unwichtigen<lb/> Originale lange nicht mehr vorhanden<lb/> ſind.</p><lb/> <p>Die Beyſpiele ſchlechter Ehen ſollten<lb/> keinen vom Heyrathen abhalten. Sie<lb/> ſind ſeltner, als man zugeſtehen will.<lb/> Was man immer vor Augen hat, be-<lb/> merkt man nicht; das Außerordentliche<lb/> rührt nur. Ich gebe zu, daſs die mei-<lb/> ſten Ehen von dem Ideal einer voll-<lb/> kommnen weit genug abſtehen und daſs<lb/> keine das Ideal erreicht. Aber wer will<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0258]
Schlechte Gelegenheitsgedichte ſind
wie ſchlechte Bildniße, die nach dem To-
de ihrer Originale für ſechs Dreyer auf
dem Trödel verkauft werden. Gute Ge-
legenheitsgedichte gleichen guten Fami-
lienſtücken, die in den Kabinetten der
Kenner immer noch ihren guten Werth
behalten, wenn gleich ihre unwichtigen
Originale lange nicht mehr vorhanden
ſind.
Die Beyſpiele ſchlechter Ehen ſollten
keinen vom Heyrathen abhalten. Sie
ſind ſeltner, als man zugeſtehen will.
Was man immer vor Augen hat, be-
merkt man nicht; das Außerordentliche
rührt nur. Ich gebe zu, daſs die mei-
ſten Ehen von dem Ideal einer voll-
kommnen weit genug abſtehen und daſs
keine das Ideal erreicht. Aber wer will
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