Dingen in die Welt gekommen war, die Herzen der Menschen mit allgemeinem Wohlwollen zu erfüllen, und ohne Aus- nahme alle zu einer großen und glückli- chen Familie zu verbinden?
Doch ich höre auf zu erstaunen, wenn ich finde, dass es noch weit kleinere, ver- meynte Vorzüge giebt, als der Vorzug einer bessern Religion ist, um derentwillen sich die Menschen berechtigt glauben, andre geringer als sich halten, oft verachten und zuweilen wohl gar beschimpfen zu dürfen.
Unsre Iünglinge, die wir oft nur aus Stolz auf die Akademie schicken; statt dass wir sie nach Einsicht bey einem ehrlichen Handwerker hätten in die Lehre geben sol- len, dessen Geschäffte mehr Knochen als Geist erfodern; unsre aufgeblasenen Iüng- linge, sag ich, werden von frühen Iahren an schon mit so großer Einbildung von sich
Dingen in die Welt gekommen war, die Herzen der Menſchen mit allgemeinem Wohlwollen zu erfüllen, und ohne Aus- nahme alle zu einer großen und glückli- chen Familie zu verbinden?
Doch ich höre auf zu erſtaunen, wenn ich finde, daſs es noch weit kleinere, ver- meynte Vorzüge giebt, als der Vorzug einer beſſern Religion iſt, um derentwillen ſich die Menſchen berechtigt glauben, andre geringer als ſich halten, oft verachten und zuweilen wohl gar beſchimpfen zu dürfen.
Unſre Iünglinge, die wir oft nur aus Stolz auf die Akademie ſchicken; ſtatt daſs wir ſie nach Einſicht bey einem ehrlichen Handwerker hätten in die Lehre geben ſol- len, deſſen Geſchäffte mehr Knochen als Geiſt erfodern; unſre aufgeblaſenen Iüng- linge, ſag ich, werden von frühen Iahren an ſchon mit ſo großer Einbildung von ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0089"n="83"/>
Dingen in die Welt gekommen war, die<lb/>
Herzen der Menſchen mit allgemeinem<lb/>
Wohlwollen zu erfüllen, und ohne Aus-<lb/>
nahme alle zu einer großen und glückli-<lb/>
chen Familie zu verbinden?</p><lb/><p>Doch ich höre auf zu erſtaunen, wenn<lb/>
ich finde, daſs es noch weit kleinere, ver-<lb/>
meynte Vorzüge giebt, als der Vorzug einer<lb/>
beſſern Religion iſt, um derentwillen ſich<lb/>
die Menſchen berechtigt glauben, andre<lb/>
geringer als ſich halten, oft verachten und<lb/>
zuweilen wohl gar beſchimpfen zu dürfen.</p><lb/><p>Unſre Iünglinge, die wir oft nur aus<lb/>
Stolz auf die Akademie ſchicken; ſtatt daſs<lb/>
wir ſie nach Einſicht bey einem ehrlichen<lb/>
Handwerker hätten in die Lehre geben ſol-<lb/>
len, deſſen Geſchäffte mehr Knochen als<lb/>
Geiſt erfodern; unſre aufgeblaſenen Iüng-<lb/>
linge, ſag ich, werden von frühen Iahren<lb/>
an ſchon mit ſo großer Einbildung von ſich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[83/0089]
Dingen in die Welt gekommen war, die
Herzen der Menſchen mit allgemeinem
Wohlwollen zu erfüllen, und ohne Aus-
nahme alle zu einer großen und glückli-
chen Familie zu verbinden?
Doch ich höre auf zu erſtaunen, wenn
ich finde, daſs es noch weit kleinere, ver-
meynte Vorzüge giebt, als der Vorzug einer
beſſern Religion iſt, um derentwillen ſich
die Menſchen berechtigt glauben, andre
geringer als ſich halten, oft verachten und
zuweilen wohl gar beſchimpfen zu dürfen.
Unſre Iünglinge, die wir oft nur aus
Stolz auf die Akademie ſchicken; ſtatt daſs
wir ſie nach Einſicht bey einem ehrlichen
Handwerker hätten in die Lehre geben ſol-
len, deſſen Geſchäffte mehr Knochen als
Geiſt erfodern; unſre aufgeblaſenen Iüng-
linge, ſag ich, werden von frühen Iahren
an ſchon mit ſo großer Einbildung von ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/89>, abgerufen am 18.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.