Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

schen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher schreibt
sich die gemischte Gesichtsbildung der Mulatten, da-
her die durch Vermischung mit den Kalmucken all-
mählig verunstaltete Nachkommenschaft der Kosacken
und Kirgisen123) und gegentheils die verschönerte
der nogayischen Tatarn durch Mischung mit Geor-
giern124).

Beyspiele von Veränderlichkeit der Gesichtszüge
bey Völkern, welche sich nicht durch Heyrathen mit
andern Nationen vermischt haben, gaben sonst die
alten Germanen125), jetzt aber die ächten Zigeuner (Cingari),
eingeborne Siebenbürgen126) und vor allen die jü-
dische Nation, die unter jedem Himmelsstriche ihre
ursprüngliche Gesichtsbildung127) beybehält und sich
durch den, diesem Volk fast durchgängig eigenen Na-
tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch
ohne Kenntniß der Physiognomik beym ersten Anblick

123) Von den Kosacken s. Erstes Zehnd von Hirn-
schädeln
, S. 18. Von den Kirgisen zweytes Zehnd, S. 8.
124) Peyssonel Sur le commerce de la mer noire. Th.
1. S. 177.
125) Tacitus de moribus Germanorum. C. 4.
126) Zweytes Zehnd der Hirnschädel, S. 3.
127) Deshalb hält man für den höchsten Beweis der
Kunst des holländischen Kupferstechers Bern Picart,
daß er in dem sehr bekannten Werke: Ceremonies et
coutumes religieuses
fast unzählbare Juden dargestellt
hat, welche, bey aller Verschiedenheit unter sich, doch
alle jenen Nationalcharakter an sich tragen, durch
welchen sie sich von den Nationen unterscheiden, deren
Abbildungen mit den ihrigen vermischt sind.

schen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher schreibt
sich die gemischte Gesichtsbildung der Mulatten, da-
her die durch Vermischung mit den Kalmucken all-
mählig verunstaltete Nachkommenschaft der Kosacken
und Kirgisen123) und gegentheils die verschönerte
der nogayischen Tatarn durch Mischung mit Geor-
giern124).

Beyspiele von Veränderlichkeit der Gesichtszüge
bey Völkern, welche sich nicht durch Heyrathen mit
andern Nationen vermischt haben, gaben sonst die
alten Germanen125), jetzt aber die ächten Zigeuner (Cingari),
eingeborne Siebenbürgen126) und vor allen die jü-
dische Nation, die unter jedem Himmelsstriche ihre
ursprüngliche Gesichtsbildung127) beybehält und sich
durch den, diesem Volk fast durchgängig eigenen Na-
tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch
ohne Kenntniß der Physiognomik beym ersten Anblick

123) Von den Kosacken s. Erstes Zehnd von Hirn-
schädeln
, S. 18. Von den Kirgisen zweytes Zehnd, S. 8.
124) Peyssonel Sur le commerce de la mer noire. Th.
1. S. 177.
125) Tacitus de moribus Germanorum. C. 4.
126) Zweytes Zehnd der Hirnschädel, S. 3.
127) Deshalb hält man für den höchsten Beweis der
Kunst des holländischen Kupferstechers Bern Picart,
daß er in dem sehr bekannten Werke: Ceremonies et
coutumes religieuses
fast unzählbare Juden dargestellt
hat, welche, bey aller Verschiedenheit unter sich, doch
alle jenen Nationalcharakter an sich tragen, durch
welchen sie sich von den Nationen unterscheiden, deren
Abbildungen mit den ihrigen vermischt sind.
<TEI>
  <text xml:id="blume000008">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" xml:id="pb142_0001" n="142"/>
schen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher schreibt<lb/>
sich die gemischte Gesichtsbildung der Mulatten, da-<lb/>
her die durch Vermischung mit den Kalmucken all-<lb/>
mählig verunstaltete Nachkommenschaft der Kosacken<lb/>
und Kirgisen<note anchored="true" place="foot" n="123)"><p>Von den Kosacken s. <hi rendition="#g">Erstes Zehnd von Hirn-<lb/>
schädeln</hi>, S. 18.</p><p>Von den Kirgisen <hi rendition="#g">zweytes Zehnd</hi>, S. 8.</p></note> und gegentheils die verschönerte<lb/>
der nogayischen Tatarn durch Mischung mit Geor-<lb/>
giern<note anchored="true" place="foot" n="124)"><p>Peyssonel <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Sur le commerce de la mer noire</hi></hi>. Th.<lb/>
1. S. 177.</p></note>.</p>
          <p>Beyspiele von Veränderlichkeit der Gesichtszüge<lb/>
bey Völkern, welche sich nicht durch Heyrathen mit<lb/>
andern Nationen vermischt haben, gaben sonst die<lb/>
alten Germanen<note anchored="true" place="foot" n="125)"><p><hi rendition="#aq">Tacitus</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de moribus Germanorum</hi></hi>. C. 4.</p></note>, jetzt aber die ächten <choice><corr source="#pb292_0001" type="corrigenda">Zigeuner (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Cingari</hi></hi>)</corr><sic>Cingaren</sic></choice>,<lb/>
eingeborne Siebenbürgen<note anchored="true" place="foot" n="126)"><p><hi rendition="#g">Zweytes Zehnd der Hirnschädel</hi>, S. 3.</p></note> und vor allen die jü-<lb/>
dische Nation, die unter jedem Himmelsstriche ihre<lb/>
ursprüngliche Gesichtsbildung<note anchored="true" place="foot" n="127)"><p>Deshalb hält man für den höchsten Beweis der<lb/>
Kunst des holländischen Kupferstechers Bern Picart,<lb/>
daß er in dem sehr bekannten Werke: <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Ceremonies et<lb/>
coutumes religieuses</hi></hi> fast unzählbare Juden dargestellt<lb/>
hat, welche, bey aller Verschiedenheit unter sich, doch<lb/>
alle jenen Nationalcharakter an sich tragen, durch<lb/>
welchen sie sich von den Nationen unterscheiden, deren<lb/>
Abbildungen mit den ihrigen vermischt sind.</p></note> beybehält und sich<lb/>
durch den, diesem Volk fast durchgängig eigenen Na-<lb/>
tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch<lb/>
ohne Kenntniß der Physiognomik beym ersten Anblick<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0176] schen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher schreibt sich die gemischte Gesichtsbildung der Mulatten, da- her die durch Vermischung mit den Kalmucken all- mählig verunstaltete Nachkommenschaft der Kosacken und Kirgisen 123) und gegentheils die verschönerte der nogayischen Tatarn durch Mischung mit Geor- giern 124). Beyspiele von Veränderlichkeit der Gesichtszüge bey Völkern, welche sich nicht durch Heyrathen mit andern Nationen vermischt haben, gaben sonst die alten Germanen 125), jetzt aber die ächten Zigeuner (Cingari), eingeborne Siebenbürgen 126) und vor allen die jü- dische Nation, die unter jedem Himmelsstriche ihre ursprüngliche Gesichtsbildung 127) beybehält und sich durch den, diesem Volk fast durchgängig eigenen Na- tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch ohne Kenntniß der Physiognomik beym ersten Anblick 123) Von den Kosacken s. Erstes Zehnd von Hirn- schädeln, S. 18. Von den Kirgisen zweytes Zehnd, S. 8. 124) Peyssonel Sur le commerce de la mer noire. Th. 1. S. 177. 125) Tacitus de moribus Germanorum. C. 4. 126) Zweytes Zehnd der Hirnschädel, S. 3. 127) Deshalb hält man für den höchsten Beweis der Kunst des holländischen Kupferstechers Bern Picart, daß er in dem sehr bekannten Werke: Ceremonies et coutumes religieuses fast unzählbare Juden dargestellt hat, welche, bey aller Verschiedenheit unter sich, doch alle jenen Nationalcharakter an sich tragen, durch welchen sie sich von den Nationen unterscheiden, deren Abbildungen mit den ihrigen vermischt sind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/176
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/176>, abgerufen am 24.11.2024.