Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

se auch von dem Einflusse des Klimas auf die Bil-
dung der Menschen und großen Landthiere erklärt
werden müsse, darüber ist meine Meinung noch
schwankend.

Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart
etwas zur Nationalgesichtsform beytragen könne,
wird aus dem Beyspiel der Neger behauptet, de-
ren dicke Nase und schwellende Lippen hin und wie-
der der Art und Weise zugeschrieben werden, auf
welche sie in ihrer zartesten Jugend von den säugen-
den Müttern, während diese Reis ausdreschen oder
andre harte und schwere Arbeiten verrichten, ge-
wöhnlich auf dem Rücken getragen werden 116).

Ja durch sehr häufige Beyspiele der glaubwür-
digsten Augenzeugen ist es außer Zweifel gesetzt, daß

bey
116) Vergl. z. B. außer so vielen andern, Barbot in
Churchills Collection of voyages, Theil 5. Seite 36.
"Man hat beobachtet, daß die Weiber
von der bessern Klasse, die nicht so harte
Arbeiten verrichten, Kinder haben, de-
ren Nasen nicht allgemein so platt sind,
als bey den andern; weshalb man muth-
maßen kann, daß die Nasen dieser armen
Kinder dadurch geplätscht werden, daß
sie, so lange sie von ihren Müttern auf
dem Rücken getragen werden, immer
von diesen beständig müssen gestoßen wer-
den, wenn die Bewegung ihrer Aerme
oder Körper einigermaßen heftig ist; be-
sonders wenn sie alle Morgen ihren Hir-
sen stoßen oder schlagen, welches der be-
ständige Gebrauch der Weiber aus dem
niedern Range ist
." T t)

ſe auch von dem Einfluſſe des Klimas auf die Bil-
dung der Menſchen und großen Landthiere erklaͤrt
werden muͤſſe, daruͤber iſt meine Meinung noch
ſchwankend.

Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart
etwas zur Nationalgeſichtsform beytragen koͤnne,
wird aus dem Beyſpiel der Neger behauptet, de-
ren dicke Naſe und ſchwellende Lippen hin und wie-
der der Art und Weiſe zugeſchrieben werden, auf
welche ſie in ihrer zarteſten Jugend von den ſaͤugen-
den Muͤttern, waͤhrend dieſe Reis ausdreſchen oder
andre harte und ſchwere Arbeiten verrichten, ge-
woͤhnlich auf dem Ruͤcken getragen werden 116).

Ja durch ſehr haͤufige Beyſpiele der glaubwuͤr-
digſten Augenzeugen iſt es außer Zweifel geſetzt, daß

bey
116) Vergl. z. B. außer ſo vielen andern, Barbot in
Churchills Collection of voyages, Theil 5. Seite 36.
Man hat beobachtet, daß die Weiber
von der beſſern Klaſſe, die nicht ſo harte
Arbeiten verrichten, Kinder haben, de-
ren Naſen nicht allgemein ſo platt ſind,
als bey den andern; weshalb man muth-
maßen kann, daß die Naſen dieſer armen
Kinder dadurch geplaͤtſcht werden, daß
ſie, ſo lange ſie von ihren Muͤttern auf
dem Ruͤcken getragen werden, immer
von dieſen beſtaͤndig muͤſſen geſtoßen wer-
den, wenn die Bewegung ihrer Aerme
oder Koͤrper einigermaßen heftig iſt; be-
ſonders wenn ſie alle Morgen ihren Hir-
ſen ſtoßen oder ſchlagen, welches der be-
ſtaͤndige Gebrauch der Weiber aus dem
niedern Range iſt
.“ T t)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0174" n="140"/>
&#x017F;e auch von dem Einflu&#x017F;&#x017F;e des Klimas auf die Bil-<lb/>
dung der Men&#x017F;chen und großen Landthiere erkla&#x0364;rt<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, daru&#x0364;ber i&#x017F;t meine Meinung noch<lb/>
&#x017F;chwankend.</p><lb/>
          <p>Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart<lb/>
etwas zur Nationalge&#x017F;ichtsform beytragen ko&#x0364;nne,<lb/>
wird aus dem Bey&#x017F;piel der Neger behauptet, de-<lb/>
ren dicke Na&#x017F;e und &#x017F;chwellende Lippen hin und wie-<lb/>
der der Art und Wei&#x017F;e zuge&#x017F;chrieben werden, auf<lb/>
welche &#x017F;ie in ihrer zarte&#x017F;ten Jugend von den &#x017F;a&#x0364;ugen-<lb/>
den Mu&#x0364;ttern, wa&#x0364;hrend die&#x017F;e Reis ausdre&#x017F;chen oder<lb/>
andre harte und &#x017F;chwere Arbeiten verrichten, ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich auf dem Ru&#x0364;cken getragen werden <note place="foot" n="116)">Vergl. z. B. außer &#x017F;o vielen andern, Barbot in<lb/>
Churchills <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Collection of voyages</hi>,</hi> Theil 5. Seite 36.<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Man hat beobachtet, daß die Weiber<lb/>
von der be&#x017F;&#x017F;ern Kla&#x017F;&#x017F;e, die nicht &#x017F;o harte<lb/>
Arbeiten verrichten, Kinder haben, de-<lb/>
ren Na&#x017F;en nicht allgemein &#x017F;o platt &#x017F;ind,<lb/>
als bey den andern; weshalb man muth-<lb/>
maßen kann, daß die Na&#x017F;en die&#x017F;er armen<lb/>
Kinder dadurch gepla&#x0364;t&#x017F;cht werden, daß<lb/>
&#x017F;ie, &#x017F;o lange &#x017F;ie von ihren Mu&#x0364;ttern auf<lb/>
dem Ru&#x0364;cken getragen werden, immer<lb/>
von die&#x017F;en be&#x017F;ta&#x0364;ndig mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;toßen wer-<lb/>
den, wenn die Bewegung ihrer Aerme<lb/>
oder Ko&#x0364;rper einigermaßen heftig i&#x017F;t; be-<lb/>
&#x017F;onders wenn &#x017F;ie alle Morgen ihren Hir-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;toßen oder &#x017F;chlagen, welches der be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Gebrauch der Weiber aus dem<lb/>
niedern Range i&#x017F;t</hi>.&#x201C; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">T t</hi>)</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Ja durch &#x017F;ehr ha&#x0364;ufige Bey&#x017F;piele der glaubwu&#x0364;r-<lb/>
dig&#x017F;ten Augenzeugen i&#x017F;t es außer Zweifel ge&#x017F;etzt, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0174] ſe auch von dem Einfluſſe des Klimas auf die Bil- dung der Menſchen und großen Landthiere erklaͤrt werden muͤſſe, daruͤber iſt meine Meinung noch ſchwankend. Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart etwas zur Nationalgeſichtsform beytragen koͤnne, wird aus dem Beyſpiel der Neger behauptet, de- ren dicke Naſe und ſchwellende Lippen hin und wie- der der Art und Weiſe zugeſchrieben werden, auf welche ſie in ihrer zarteſten Jugend von den ſaͤugen- den Muͤttern, waͤhrend dieſe Reis ausdreſchen oder andre harte und ſchwere Arbeiten verrichten, ge- woͤhnlich auf dem Ruͤcken getragen werden 116). Ja durch ſehr haͤufige Beyſpiele der glaubwuͤr- digſten Augenzeugen iſt es außer Zweifel geſetzt, daß bey 116) Vergl. z. B. außer ſo vielen andern, Barbot in Churchills Collection of voyages, Theil 5. Seite 36. „Man hat beobachtet, daß die Weiber von der beſſern Klaſſe, die nicht ſo harte Arbeiten verrichten, Kinder haben, de- ren Naſen nicht allgemein ſo platt ſind, als bey den andern; weshalb man muth- maßen kann, daß die Naſen dieſer armen Kinder dadurch geplaͤtſcht werden, daß ſie, ſo lange ſie von ihren Muͤttern auf dem Ruͤcken getragen werden, immer von dieſen beſtaͤndig muͤſſen geſtoßen wer- den, wenn die Bewegung ihrer Aerme oder Koͤrper einigermaßen heftig iſt; be- ſonders wenn ſie alle Morgen ihren Hir- ſen ſtoßen oder ſchlagen, welches der be- ſtaͤndige Gebrauch der Weiber aus dem niedern Range iſt.“ T t)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/174
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/174>, abgerufen am 20.05.2024.