Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Daß zuweilen endemische, einem besondern Kli-
ma eigene, Ursachen, z. B. beständige Wolken von
Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthümli-
chen Gesichtsbildung der Einwohner beytragen kön-
nen, scheint Dampiers Beobachtung über die Be-
wohner des westlichen Neu-Holland, zu lehren 114).

Ob die Muthmaßung unsers Leibnitz von der
Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande
eingebornen Thieren, daß nämlich die Lappländer
in ihrer Physiognomie dem Bäre ähnelten, die
Neger den Affen, von welchen aber auch die äußer-
sten Morgenländer etwas hätten 115) u. s. w. ob die-

se
114) "Die Augenlieder sind immer halb ge-
schlossen, um zu verhindern, daß die
Mücken nicht in die Augen kommen. --
Daher kommt es, daß sie, weil sie von
Kindheit an von diesen Insekten beunru-
higt werden, die Augen niemals öfnen
wie andere Völker
." Th. 2. S. 169. Rr)
115) S. Fellers Otium Hannoveranum. S. 150. Der
Aehnlichkeit des Inhalts halber möchte ich dieser noch
einey Stelle aus Marsden History of sumatra S. 173.
beyfügen. "Einige Schriftsteller haben be-
merkt, daß gewöhnlich zwischen der Be-
schaffenheit und den Eigenschaften der
einem Lande eigenen Thiere und der ein-
gebornen Bewohner, wo eine Vermi-
schung mit Fremden ihren ächten Charak-
ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit
statt finde. Die Malayen können mit
dem Büffel und dem Tieger verglichen
werden. In seinem häuslichen Zustand
ist er fühllos, träg und wollüstig, wie
der erste, und auf seinen Abentheuern
hinterlistig, blutdürstig und räuberisch
wie der letztere. So soll der Araber sei-
nem Kamele, und der sanfte Gentoo sei-
nem Schaafe gleichen
." S s)

Daß zuweilen endemiſche, einem beſondern Kli-
ma eigene, Urſachen, z. B. beſtaͤndige Wolken von
Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthuͤmli-
chen Geſichtsbildung der Einwohner beytragen koͤn-
nen, ſcheint Dampiers Beobachtung uͤber die Be-
wohner des weſtlichen Neu-Holland, zu lehren 114).

Ob die Muthmaßung unſers Leibnitz von der
Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande
eingebornen Thieren, daß naͤmlich die Lapplaͤnder
in ihrer Phyſiognomie dem Baͤre aͤhnelten, die
Neger den Affen, von welchen aber auch die aͤußer-
ſten Morgenlaͤnder etwas haͤtten 115) u. ſ. w. ob die-

ſe
114)Die Augenlieder ſind immer halb ge-
ſchloſſen, um zu verhindern, daß die
Muͤcken nicht in die Augen kommen. —
Daher kommt es, daß ſie, weil ſie von
Kindheit an von dieſen Inſekten beunru-
higt werden, die Augen niemals oͤfnen
wie andere Voͤlker
.“ Th. 2. S. 169. Rr)
115) S. Fellers Otium Hannoveranum. S. 150. Der
Aehnlichkeit des Inhalts halber moͤchte ich dieſer noch
einey Stelle aus Marsden Hiſtory of sumatra S. 173.
beyfuͤgen. „Einige Schriftſteller haben be-
merkt, daß gewoͤhnlich zwiſchen der Be-
ſchaffenheit und den Eigenſchaften der
einem Lande eigenen Thiere und der ein-
gebornen Bewohner, wo eine Vermi-
ſchung mit Fremden ihren aͤchten Charak-
ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit
ſtatt finde. Die Malayen koͤnnen mit
dem Buͤffel und dem Tieger verglichen
werden. In ſeinem haͤuslichen Zuſtand
iſt er fuͤhllos, traͤg und wolluͤſtig, wie
der erſte, und auf ſeinen Abentheuern
hinterliſtig, blutduͤrſtig und raͤuberiſch
wie der letztere. So ſoll der Araber ſei-
nem Kamele, und der ſanfte Gentoo ſei-
nem Schaafe gleichen
.“ S s)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0173" n="139"/>
          <p>Daß zuweilen endemi&#x017F;che, einem be&#x017F;ondern Kli-<lb/>
ma eigene, Ur&#x017F;achen, z. B. be&#x017F;ta&#x0364;ndige Wolken von<lb/>
Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthu&#x0364;mli-<lb/>
chen Ge&#x017F;ichtsbildung der Einwohner beytragen ko&#x0364;n-<lb/>
nen, &#x017F;cheint Dampiers Beobachtung u&#x0364;ber die Be-<lb/>
wohner des we&#x017F;tlichen Neu-Holland, zu lehren <note place="foot" n="114)">&#x201E;<hi rendition="#g">Die Augenlieder &#x017F;ind immer halb ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, um zu verhindern, daß die<lb/>
Mu&#x0364;cken nicht in die Augen kommen. &#x2014;<lb/>
Daher kommt es, daß &#x017F;ie, weil &#x017F;ie von<lb/>
Kindheit an von die&#x017F;en In&#x017F;ekten beunru-<lb/>
higt werden, die Augen niemals o&#x0364;fnen<lb/>
wie andere Vo&#x0364;lker</hi>.&#x201C; Th. 2. S. 169. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rr</hi>)</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Ob die Muthmaßung un&#x017F;ers Leibnitz von der<lb/>
Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande<lb/>
eingebornen Thieren, daß na&#x0364;mlich die Lappla&#x0364;nder<lb/>
in ihrer Phy&#x017F;iognomie dem Ba&#x0364;re a&#x0364;hnelten, die<lb/>
Neger den Affen, von welchen aber auch die a&#x0364;ußer-<lb/>
&#x017F;ten Morgenla&#x0364;nder etwas ha&#x0364;tten <note place="foot" n="115)">S. Fellers <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Otium Hannoveranum</hi>.</hi> S. 150. Der<lb/>
Aehnlichkeit des Inhalts halber mo&#x0364;chte ich die&#x017F;er noch<lb/>
einey Stelle aus Marsden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hi&#x017F;tory of sumatra</hi></hi> S. 173.<lb/>
beyfu&#x0364;gen. &#x201E;<hi rendition="#g">Einige Schrift&#x017F;teller haben be-<lb/>
merkt, daß gewo&#x0364;hnlich zwi&#x017F;chen der Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit und den Eigen&#x017F;chaften der<lb/>
einem Lande eigenen Thiere und der ein-<lb/>
gebornen Bewohner, wo eine Vermi-<lb/>
&#x017F;chung mit Fremden ihren a&#x0364;chten Charak-<lb/>
ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit<lb/>
&#x017F;tatt finde. Die Malayen ko&#x0364;nnen mit<lb/>
dem Bu&#x0364;ffel und dem Tieger verglichen<lb/>
werden. In &#x017F;einem ha&#x0364;uslichen Zu&#x017F;tand<lb/>
i&#x017F;t er fu&#x0364;hllos, tra&#x0364;g und wollu&#x0364;&#x017F;tig, wie<lb/>
der er&#x017F;te, und auf &#x017F;einen Abentheuern<lb/>
hinterli&#x017F;tig, blutdu&#x0364;r&#x017F;tig und ra&#x0364;uberi&#x017F;ch<lb/>
wie der letztere. So &#x017F;oll der Araber &#x017F;ei-<lb/>
nem Kamele, und der &#x017F;anfte Gentoo &#x017F;ei-<lb/>
nem Schaafe gleichen</hi>.&#x201C; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">S s</hi>)</hi></note> u. &#x017F;. w. ob die-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;e</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0173] Daß zuweilen endemiſche, einem beſondern Kli- ma eigene, Urſachen, z. B. beſtaͤndige Wolken von Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthuͤmli- chen Geſichtsbildung der Einwohner beytragen koͤn- nen, ſcheint Dampiers Beobachtung uͤber die Be- wohner des weſtlichen Neu-Holland, zu lehren 114). Ob die Muthmaßung unſers Leibnitz von der Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande eingebornen Thieren, daß naͤmlich die Lapplaͤnder in ihrer Phyſiognomie dem Baͤre aͤhnelten, die Neger den Affen, von welchen aber auch die aͤußer- ſten Morgenlaͤnder etwas haͤtten 115) u. ſ. w. ob die- ſe 114) „Die Augenlieder ſind immer halb ge- ſchloſſen, um zu verhindern, daß die Muͤcken nicht in die Augen kommen. — Daher kommt es, daß ſie, weil ſie von Kindheit an von dieſen Inſekten beunru- higt werden, die Augen niemals oͤfnen wie andere Voͤlker.“ Th. 2. S. 169. Rr) 115) S. Fellers Otium Hannoveranum. S. 150. Der Aehnlichkeit des Inhalts halber moͤchte ich dieſer noch einey Stelle aus Marsden Hiſtory of sumatra S. 173. beyfuͤgen. „Einige Schriftſteller haben be- merkt, daß gewoͤhnlich zwiſchen der Be- ſchaffenheit und den Eigenſchaften der einem Lande eigenen Thiere und der ein- gebornen Bewohner, wo eine Vermi- ſchung mit Fremden ihren aͤchten Charak- ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit ſtatt finde. Die Malayen koͤnnen mit dem Buͤffel und dem Tieger verglichen werden. In ſeinem haͤuslichen Zuſtand iſt er fuͤhllos, traͤg und wolluͤſtig, wie der erſte, und auf ſeinen Abentheuern hinterliſtig, blutduͤrſtig und raͤuberiſch wie der letztere. So ſoll der Araber ſei- nem Kamele, und der ſanfte Gentoo ſei- nem Schaafe gleichen.“ S s)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/173
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/173>, abgerufen am 20.05.2024.