Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.Die Natur hat den Menschen, wie wir gesehen Deshalb haben auch schon im höchsten Alterthu- Denn so, um vieles in wenigem zu fassen, ver- wie 35) Die Spitzfindigkeiten der alten und neuern Schola- stiker über die Sprachen der Thiere sind zahllos. Es wird genug seyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit dem Zunamen der Große, anführe, der außer dem Menschen, auch einem menschenähnlichen Affen, dem kleinen Gibbon nämlich, Sprache zuschreibt, jedoch nicht D 2
Die Natur hat den Menſchen, wie wir geſehen Deshalb haben auch ſchon im hoͤchſten Alterthu- Denn ſo, um vieles in wenigem zu faſſen, ver- wie 35) Die Spitzfindigkeiten der alten und neuern Schola- ſtiker uͤber die Sprachen der Thiere ſind zahllos. Es wird genug ſeyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit dem Zunamen der Große, anfuͤhre, der außer dem Menſchen, auch einem menſchenaͤhnlichen Affen, dem kleinen Gibbon naͤmlich, Sprache zuſchreibt, jedoch nicht D 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0085" n="51"/> <p>Die Natur hat den Menſchen, wie wir geſehen<lb/> haben, ſo eingerichtet, daß er alles eſſen und den<lb/> ganzen Erdkreis bewohnen kann. Dieſe unbegrenzte<lb/> Freyheit aber im Genuß der Nahrung, und in der<lb/> Wohnung, bringt nach den unendlich verſchiedenen<lb/> Klimaten, Boden und andern Umſtaͤnden eben ſo<lb/> mannichfaltige Beduͤrfniſſe in dem Menſchen hervor,<lb/> denen er auf einerley Art nicht abhelfen kann. Der<lb/> Schoͤpfer ſteuerte ihn alſo mit Vernunft und Erfin-<lb/> dungsgeiſt aus, durch welche er dieſen Bedingungen<lb/> gemaͤß ſich einrichten kann.</p><lb/> <p>Deshalb haben auch ſchon im hoͤchſten Alterthu-<lb/> me die weiſeſten Voͤlker, dieſem groͤßten Herrſchafts-<lb/> geber des Menſchen, dem Erfindungsgeiſte naͤmlich,<lb/> goͤttlichen Dienſt erwieſen. Thoth hies er bey den<lb/> Aegyptern, Hermes bey den Griechen.</p><lb/> <p>Denn ſo, um vieles in wenigem zu faſſen, ver-<lb/> fertigt ſich der Menſch Werkzeuge, weshalb ihn<lb/> Franklin ſcharfſinnig als ein Inſtrumentmachendes<lb/> Thier beſchreibt (<hi rendition="#aq">a tool-making animal</hi>); ſo hat er<lb/> Ruͤſtung und Pfeile ſich ſelbſt verfertiget, ſo hat er die<lb/> Arten Feuer hervorzulocken ſich ausgedacht, und ſo<lb/> hat er, damit einer ſich des Beyſtandes und der<lb/> Huͤlfe des andern bedienen koͤnne, ſich die Sprache<lb/> erfunden, welche ebenfalls unter die Eigenthuͤmlich-<lb/> keiten des Menſchen zu rechnen iſt <note xml:id="note-0085" next="#note-0086" place="foot" n="35)">Die Spitzfindigkeiten der alten und neuern Schola-<lb/> ſtiker uͤber die Sprachen der Thiere ſind zahllos. Es<lb/> wird genug ſeyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit<lb/> dem Zunamen der Große, anfuͤhre, der außer dem<lb/> Menſchen, auch einem menſchenaͤhnlichen Affen, dem<lb/> kleinen Gibbon naͤmlich, Sprache zuſchreibt, jedoch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nicht</fw></note>, da ſie nicht<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0085]
Die Natur hat den Menſchen, wie wir geſehen
haben, ſo eingerichtet, daß er alles eſſen und den
ganzen Erdkreis bewohnen kann. Dieſe unbegrenzte
Freyheit aber im Genuß der Nahrung, und in der
Wohnung, bringt nach den unendlich verſchiedenen
Klimaten, Boden und andern Umſtaͤnden eben ſo
mannichfaltige Beduͤrfniſſe in dem Menſchen hervor,
denen er auf einerley Art nicht abhelfen kann. Der
Schoͤpfer ſteuerte ihn alſo mit Vernunft und Erfin-
dungsgeiſt aus, durch welche er dieſen Bedingungen
gemaͤß ſich einrichten kann.
Deshalb haben auch ſchon im hoͤchſten Alterthu-
me die weiſeſten Voͤlker, dieſem groͤßten Herrſchafts-
geber des Menſchen, dem Erfindungsgeiſte naͤmlich,
goͤttlichen Dienſt erwieſen. Thoth hies er bey den
Aegyptern, Hermes bey den Griechen.
Denn ſo, um vieles in wenigem zu faſſen, ver-
fertigt ſich der Menſch Werkzeuge, weshalb ihn
Franklin ſcharfſinnig als ein Inſtrumentmachendes
Thier beſchreibt (a tool-making animal); ſo hat er
Ruͤſtung und Pfeile ſich ſelbſt verfertiget, ſo hat er die
Arten Feuer hervorzulocken ſich ausgedacht, und ſo
hat er, damit einer ſich des Beyſtandes und der
Huͤlfe des andern bedienen koͤnne, ſich die Sprache
erfunden, welche ebenfalls unter die Eigenthuͤmlich-
keiten des Menſchen zu rechnen iſt 35), da ſie nicht
wie
35) Die Spitzfindigkeiten der alten und neuern Schola-
ſtiker uͤber die Sprachen der Thiere ſind zahllos. Es
wird genug ſeyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit
dem Zunamen der Große, anfuͤhre, der außer dem
Menſchen, auch einem menſchenaͤhnlichen Affen, dem
kleinen Gibbon naͤmlich, Sprache zuſchreibt, jedoch
nicht
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