ordnen, die ähnlichen verbinden, die unähnli- chen von einander entfernen soll. Jedes natür- liche System sollte eigentlich eine Art Bonneti- scher Leiter seyn, und das ganze Studium der Naturgeschichte würde ungemein gewinnen, würde gar sehr erleichtert werden, wenn die Sy- stematiker nach diesem Plane arbeiteten, sich weniger willkürliche Charaktere abstrahirten, nach welchen sie die Naturalien rangiren etc. Aber alles dies herzlich gerne zugegeben, dürfen doch die Leitern und Ketten, der guten Sache der bestimmten Naturreiche, und der Classification der Naturalien, bey weitem keinen Eintrag thun. Die passendste Allegorie kann matt werden, kann in eine Spielerey ausarten, wenn sie zu weit getrieben wird. Und das ist in der That bey den eben angeführten zu befürchten. Es ist un- terhaltend, es ist, wie wir so eben selbst gesagt haben, nutzbar, wenn der Naturforscher die Creaturen nach ihrer nächsten Verwandschaft un- ter einander ordnet, an einander kettet u. s. w. Aber es scheint uns von der andern Seite eine schwache, und der Allweisheit des Schöpfers unanständige Behauptung, wenn man im Ernste annehmen wollte, daß auch Er bey der Schöpfung einen solchen allegorischen Plan be- folgt, und die Vollkommenheit seiner großen Handlung darein gesetzt hätte, daß er seinen Crea- turen alle ersinnliche Formen gäbe, und sie folg- lich vom obersten bis zum untersten ganz regel-
ordnen, die ähnlichen verbinden, die unähnli- chen von einander entfernen soll. Jedes natür- liche System sollte eigentlich eine Art Bonneti- scher Leiter seyn, und das ganze Studium der Naturgeschichte würde ungemein gewinnen, würde gar sehr erleichtert werden, wenn die Sy- stematiker nach diesem Plane arbeiteten, sich weniger willkürliche Charaktere abstrahirten, nach welchen sie die Naturalien rangiren ꝛc. Aber alles dies herzlich gerne zugegeben, dürfen doch die Leitern und Ketten, der guten Sache der bestimmten Naturreiche, und der Classification der Naturalien, bey weitem keinen Eintrag thun. Die passendste Allegorie kann matt werden, kann in eine Spielerey ausarten, wenn sie zu weit getrieben wird. Und das ist in der That bey den eben angeführten zu befürchten. Es ist un- terhaltend, es ist, wie wir so eben selbst gesagt haben, nutzbar, wenn der Naturforscher die Creaturen nach ihrer nächsten Verwandschaft un- ter einander ordnet, an einander kettet u. s. w. Aber es scheint uns von der andern Seite eine schwache, und der Allweisheit des Schöpfers unanständige Behauptung, wenn man im Ernste annehmen wollte, daß auch Er bey der Schöpfung einen solchen allegorischen Plan be- folgt, und die Vollkommenheit seiner großen Handlung darein gesetzt hätte, daß er seinen Crea- turen alle ersinnliche Formen gäbe, und sie folg- lich vom obersten bis zum untersten ganz regel-
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000021"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0034"xml:id="pb012_0001"n="12"/>
ordnen, die ähnlichen verbinden, die unähnli-<lb/>
chen von einander entfernen soll. Jedes natür-<lb/>
liche System sollte eigentlich eine Art Bonneti-<lb/>
scher Leiter seyn, und das ganze Studium der<lb/>
Naturgeschichte würde ungemein gewinnen,<lb/>
würde gar sehr erleichtert werden, wenn die Sy-<lb/>
stematiker nach diesem Plane arbeiteten, sich<lb/>
weniger willkürliche Charaktere abstrahirten, nach<lb/>
welchen sie die Naturalien rangiren ꝛc. Aber<lb/>
alles dies herzlich gerne zugegeben, dürfen<lb/>
doch die Leitern und Ketten, der guten Sache der<lb/>
bestimmten Naturreiche, und der Classification<lb/>
der Naturalien, bey weitem keinen Eintrag thun.<lb/>
Die passendste Allegorie kann matt werden, kann<lb/>
in eine Spielerey ausarten, wenn sie zu weit<lb/>
getrieben wird. Und das ist in der That bey<lb/>
den eben angeführten zu befürchten. Es ist un-<lb/>
terhaltend, es ist, wie wir so eben selbst gesagt<lb/>
haben, nutzbar, wenn der Naturforscher die<lb/>
Creaturen nach ihrer nächsten Verwandschaft un-<lb/>
ter einander ordnet, an einander kettet u. s. w.<lb/>
Aber es scheint uns von der andern Seite eine<lb/>
schwache, und der Allweisheit des Schöpfers<lb/>
unanständige Behauptung, wenn man im<lb/>
Ernste annehmen wollte, daß auch Er bey der<lb/>
Schöpfung einen solchen allegorischen Plan be-<lb/>
folgt, und die Vollkommenheit seiner großen<lb/>
Handlung darein gesetzt hätte, daß er seinen Crea-<lb/>
turen alle ersinnliche Formen gäbe, und sie folg-<lb/>
lich vom obersten bis zum untersten ganz regel-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[12/0034]
ordnen, die ähnlichen verbinden, die unähnli-
chen von einander entfernen soll. Jedes natür-
liche System sollte eigentlich eine Art Bonneti-
scher Leiter seyn, und das ganze Studium der
Naturgeschichte würde ungemein gewinnen,
würde gar sehr erleichtert werden, wenn die Sy-
stematiker nach diesem Plane arbeiteten, sich
weniger willkürliche Charaktere abstrahirten, nach
welchen sie die Naturalien rangiren ꝛc. Aber
alles dies herzlich gerne zugegeben, dürfen
doch die Leitern und Ketten, der guten Sache der
bestimmten Naturreiche, und der Classification
der Naturalien, bey weitem keinen Eintrag thun.
Die passendste Allegorie kann matt werden, kann
in eine Spielerey ausarten, wenn sie zu weit
getrieben wird. Und das ist in der That bey
den eben angeführten zu befürchten. Es ist un-
terhaltend, es ist, wie wir so eben selbst gesagt
haben, nutzbar, wenn der Naturforscher die
Creaturen nach ihrer nächsten Verwandschaft un-
ter einander ordnet, an einander kettet u. s. w.
Aber es scheint uns von der andern Seite eine
schwache, und der Allweisheit des Schöpfers
unanständige Behauptung, wenn man im
Ernste annehmen wollte, daß auch Er bey der
Schöpfung einen solchen allegorischen Plan be-
folgt, und die Vollkommenheit seiner großen
Handlung darein gesetzt hätte, daß er seinen Crea-
turen alle ersinnliche Formen gäbe, und sie folg-
lich vom obersten bis zum untersten ganz regel-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/34>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.