3. +. Hircus. die Ziege. C. mento barbato, cornibus arcuatis, carinatis. *
Ausser einigen unbedeutenden Verschiedenhei- ten im Körperbau, distinguirt sich die Ziege vorzüg- lich durch ihr lebhafteres Naturell vom Schaaf. Sie ist ein muthwilliges muntres Thier, was leicht menschlicher Gesellschaft gewohnt, aber auch eben so leicht wieder in Wildnis ausartet. Sie hält sich gern in bergichten Gegenden auf, frißt dürres Moos, Laub und Rinde der Bäu- me, dornichtes Gesträuch etc. auch den, dem Menschen und andern Thieren giftigen Schier- ling. Die Angorische Ziege hat einen kürzern Leib und längere Beine als die gemeine; und ihr langes Seiden, artiges Haar giebt das beste Kameelgarn, was dem von den Haaren des wahren Kameels bey weiten vorzuziehen ist.
3. +. Ibex. der Steinbock. C. mento barbato, cornibus lunatis maximis, supra nodosis, in dorsum reclinatis. *
Dieses merkwürdige, aber selbst in seiner Hei, mal seltne und wenig bekannte Thier, ist in den höchsten Schneegebirgen von Tyrol, Savoyen und der Schweiz zu Hause. Es bewohnt blos die steilsten und für Menschen fast unzugänglichen Felsen, und kommt nur, wenn es auf der Flucht nicht weiter klettern kan, oder wenn es von Schneelauwinnen ergriffen wird, in die Thäler herab. Es wirb grösser als unsere Ziege, und wiegt im Alter wol einige Center; und doch kan dieses schwerleibige Thier mit einer unbe- schreiblichen Leichtigkeit jähe Felsenwände hinan- laufen, und über tiefe Abgründe von einer Klip- pe zur andern setzen. Besonders sind seine Klauen dazu sehr bequem eingerichtet, lang, scharfge- spalten, fest und spitzig. Das Gehörn eines
3. †. Hircus. die Ziege. C. mento barbato, cornibus arcuatis, carinatis. *
Ausser einigen unbedeutenden Verschiedenhei- ten im Körperbau, distinguirt sich die Ziege vorzüg- lich durch ihr lebhafteres Naturell vom Schaaf. Sie ist ein muthwilliges muntres Thier, was leicht menschlicher Gesellschaft gewohnt, aber auch eben so leicht wieder in Wildnis ausartet. Sie hält sich gern in bergichten Gegenden auf, frißt dürres Moos, Laub und Rinde der Bäu- me, dornichtes Gesträuch ꝛc. auch den, dem Menschen und andern Thieren giftigen Schier- ling. Die Angorische Ziege hat einen kürzern Leib und längere Beine als die gemeine; und ihr langes Seiden, artiges Haar giebt das beste Kameelgarn, was dem von den Haaren des wahren Kameels bey weiten vorzuziehen ist.
3. †. Ibex. der Steinbock. C. mento barbato, cornibus lunatis maximis, supra nodosis, in dorsum reclinatis. *
Dieses merkwürdige, aber selbst in seiner Hei, mal seltne und wenig bekannte Thier, ist in den höchsten Schneegebirgen von Tyrol, Savoyen und der Schweiz zu Hause. Es bewohnt blos die steilsten und für Menschen fast unzugänglichen Felsen, und kommt nur, wenn es auf der Flucht nicht weiter klettern kan, oder wenn es von Schneelauwinnen ergriffen wird, in die Thäler herab. Es wirb grösser als unsere Ziege, und wiegt im Alter wol einige Center; und doch kan dieses schwerleibige Thier mit einer unbe- schreiblichen Leichtigkeit jähe Felsenwände hinan- laufen, und über tiefe Abgründe von einer Klip- pe zur andern setzen. Besonders sind seine Klauen dazu sehr bequem eingerichtet, lang, scharfge- spalten, fest und spitzig. Das Gehörn eines
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3. †. Hircus. die Ziege. C. mento barbato,
cornibus arcuatis, carinatis. *
Ausser einigen unbedeutenden Verschiedenhei-
ten im Körperbau, distinguirt sich die Ziege vorzüg-
lich durch ihr lebhafteres Naturell vom Schaaf.
Sie ist ein muthwilliges muntres Thier, was
leicht menschlicher Gesellschaft gewohnt, aber
auch eben so leicht wieder in Wildnis ausartet.
Sie hält sich gern in bergichten Gegenden auf,
frißt dürres Moos, Laub und Rinde der Bäu-
me, dornichtes Gesträuch ꝛc. auch den, dem
Menschen und andern Thieren giftigen Schier-
ling. Die Angorische Ziege hat einen kürzern
Leib und längere Beine als die gemeine; und
ihr langes Seiden, artiges Haar giebt das beste
Kameelgarn, was dem von den Haaren des
wahren Kameels bey weiten vorzuziehen ist.
3. †. Ibex. der Steinbock. C. mento barbato,
cornibus lunatis maximis, supra nodosis, in
dorsum reclinatis. *
Dieses merkwürdige, aber selbst in seiner Hei,
mal seltne und wenig bekannte Thier, ist in den
höchsten Schneegebirgen von Tyrol, Savoyen
und der Schweiz zu Hause. Es bewohnt blos
die steilsten und für Menschen fast unzugänglichen
Felsen, und kommt nur, wenn es auf der Flucht
nicht weiter klettern kan, oder wenn es von
Schneelauwinnen ergriffen wird, in die Thäler
herab. Es wirb grösser als unsere Ziege, und
wiegt im Alter wol einige Center; und doch
kan dieses schwerleibige Thier mit einer unbe-
schreiblichen Leichtigkeit jähe Felsenwände hinan-
laufen, und über tiefe Abgründe von einer Klip-
pe zur andern setzen. Besonders sind seine Klauen
dazu sehr bequem eingerichtet, lang, scharfge-
spalten, fest und spitzig. Das Gehörn eines
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/127>, abgerufen am 25.11.2024.
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