Sich die Entstehung der organisirten Kör- per zu erklären, hat man, zumahl neuerlich, die so genannte Evolutions-Hypothese bequem gefunden, und gemeint, es werde gar kein Mensch, und kein anderes Thier, und keine Pflanze er- zeugt, - sondern sie lägen alle schon seit der ersten Schöpfung als völlig präformirte Keime*) bey ihren Aeltern und Vorfahren längstens vorräthig; die verschiedenen Generatio- nen steckten, gleichsam wie eingepackte Schachteln, in einander, und würden nur nach und nach, so wie die Reihe an sie käme, durch die Befruch- tung entwickelt, und ans Licht gebracht. - Eine Meinung, die doch schon sowohl durch den da- bey erforderlichen Aufwand von übernatürli- chen (hyperphysischen) Anstalten*), als durch die, allen Gesetzen einer philosophischen
*)"Denn" (so sagt Haller, das Haupt der neueren Evolutionisten -), "alle Eingeweide und die Kno- chen selbst waren schon im unsichtbaren Keim vor- her gebaut, gegenwärtig, obgleich in einem fast flüssigen Zustande."Und das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolu- tionshypothese mit der Lehre von der allmählichen Bildung zu vereinbaren, zwar zugeben, daß der Zeugungsstoff nicht präformirt sey, aber doch mei- nen, daß er dessen ungeachtet einen Keim enthalte, der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu- gungsstoff etc., so sind das unbestimmte, leere Aus- drücke. Wenigstens geht mir es dann mit solchen Quasi-Keimen, wie dem Cicero mit dem quasi corpus des Gottes der Epicuräer, wovon er sagt: "corpusquid sit, intelligo: quasi corpusquid sit, nullo prorsus modo intelligo."
*) S. Kant a. a. O. S. 372.
§. 7.
Sich die Entstehung der organisirten Kör- per zu erklären, hat man, zumahl neuerlich, die so genannte Evolutions-Hypothese bequem gefunden, und gemeint, es werde gar kein Mensch, und kein anderes Thier, und keine Pflanze er- zeugt, – sondern sie lägen alle schon seit der ersten Schöpfung als völlig präformirte Keime*) bey ihren Aeltern und Vorfahren längstens vorräthig; die verschiedenen Generatio- nen steckten, gleichsam wie eingepackte Schachteln, in einander, und würden nur nach und nach, so wie die Reihe an sie käme, durch die Befruch- tung entwickelt, und ans Licht gebracht. – Eine Meinung, die doch schon sowohl durch den da- bey erforderlichen Aufwand von übernatürli- chen (hyperphysischen) Anstalten*), als durch die, allen Gesetzen einer philosophischen
*)„Denn“ (so sagt Haller, das Haupt der neueren Evolutionisten –), „alle Eingeweide und die Kno- chen selbst waren schon im unsichtbaren Keim vor- her gebaut, gegenwärtig, obgleich in einem fast flüssigen Zustande.“Und das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolu- tionshypothese mit der Lehre von der allmählichen Bildung zu vereinbaren, zwar zugeben, daß der Zeugungsstoff nicht präformirt sey, aber doch mei- nen, daß er dessen ungeachtet einen Keim enthalte, der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu- gungsstoff ꝛc., so sind das unbestimmte, leere Aus- drücke. Wenigstens geht mir es dann mit solchen Quasi-Keimen, wie dem Cicero mit dem quasi corpus des Gottes der Epicuräer, wovon er sagt: "corpusquid sit, intelligo: quasi corpusquid sit, nullo prorsus modo intelligo.“
*) S. Kant a. a. O. S. 372.
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§. 7.
Sich die Entstehung der organisirten Kör-
per zu erklären, hat man, zumahl neuerlich, die
so genannte Evolutions-Hypothese bequem
gefunden, und gemeint, es werde gar kein Mensch,
und kein anderes Thier, und keine Pflanze er-
zeugt, – sondern sie lägen alle schon seit der
ersten Schöpfung als völlig präformirte
Keime *) bey ihren Aeltern und Vorfahren
längstens vorräthig; die verschiedenen Generatio-
nen steckten, gleichsam wie eingepackte Schachteln,
in einander, und würden nur nach und nach, so
wie die Reihe an sie käme, durch die Befruch-
tung entwickelt, und ans Licht gebracht. – Eine
Meinung, die doch schon sowohl durch den da-
bey erforderlichen Aufwand von übernatürli-
chen (hyperphysischen) Anstalten *), als
durch die, allen Gesetzen einer philosophischen
*) „Denn“ (so sagt Haller, das Haupt der neueren
Evolutionisten –), „alle Eingeweide und die Kno-
chen selbst waren schon im unsichtbaren Keim vor-
her gebaut, gegenwärtig, obgleich in einem fast
flüssigen Zustande.“
Und das ist doch wenigstens bestimmte Sprache.
Wenn hingegen einige Neuere, um die Evolu-
tionshypothese mit der Lehre von der allmählichen
Bildung zu vereinbaren, zwar zugeben, daß der
Zeugungsstoff nicht präformirt sey, aber doch mei-
nen, daß er dessen ungeachtet einen Keim enthalte,
der dennoch was anders sey, als ungeformter Zeu-
gungsstoff ꝛc., so sind das unbestimmte, leere Aus-
drücke. Wenigstens geht mir es dann mit solchen
Quasi-Keimen, wie dem Cicero mit dem quasi
corpus des Gottes der Epicuräer, wovon er sagt:
"corpus quid sit, intelligo: quasi corpus quid sit,
nullo prorsus modo intelligo.“
*) S. Kant a. a. O. S. 372.
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Ausg. Göttingen, 1815, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1815/28>, abgerufen am 21.11.2024.
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