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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter
für das, was sie sind*), richtig anerkennen und von
andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheiden-
den Merkzeichen ausfinden und angeben kann**). -
So sagte z. B. Linne: nullum characterem hacte-
"nus eruere potui, unde Homo a Simia internosca-
tur
."
Nun glaube ich zwar in diesem Buche solche
äußere Charaktere der Humanität angegeben zu ha-
ben, wodurch sich der Mensch von den noch so men-
schenähnlichen Affen (wie man sie nennt), so wie über-
haupt von allen andern Säugthieren unverkennbar
auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird doch hof-
fentlich nie ein Naturforscher in praxi in Verlegen-
heit gekommen seyn, Menschen und Affen etwa zu
verwechseln. - Außerdem aber können ferner Geschö-
pfe aus noch so verschiedenen Classen manche theils
auffallende und unerwartete Ähnlichkeit mit einander
haben, ohne daß dadurch die dessen ungeachtet unver-
kennbare Verschiedenheit zwischen diesen Classen selbst
wegfallen dürfte. Man theilt z. B. die Thiere sehr
natürlich in warmblütige und kaltblütige; und rechnet
eben so natürlicher Weise die Säugethiere zu jenen
und hingegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb
irre zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so
ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein Igel
während seines Winterschlafs. - So gibt es in der
Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B. die Se-
pien, die sich von den übrigen Thieren dieser Classe
sehr auszeichnen, und dagegen manche auffallende
Ähnlichkeit mit den Fischen haben Aber niemand
wird meinen, deßhalb müsse nun die Scheidewand
zwischen der Classe der Fische und der Classe der Ge-

*) "Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam
verbis exacte definire.
"
Gaubius."Allein der Fehler liegt nicht am Unterscheidungsgrunde,
welcher stets wahr bleibt, sondern nur an der Schwierigkeit
in manchen Fällen zu finden."
J. Aug. Unzer.
**) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir
im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der
Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. Videmus enim,
omnes rationes, quibus natura explicari solet, modos esse
tantummodo imaginandi, nec ullius rei naturam, sed tan-
tum imaginationis constitutionem indicare. Spinoza
.

der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter
für das, was sie sind*), richtig anerkennen und von
andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheiden-
den Merkzeichen ausfinden und angeben kann**). –
So sagte z. B. Linné: nullum characterem hacte-
nus eruere potui, unde Homo a Simia internosca-
tur
.“
Nun glaube ich zwar in diesem Buche solche
äußere Charaktere der Humanität angegeben zu ha-
ben, wodurch sich der Mensch von den noch so men-
schenähnlichen Affen (wie man sie nennt), so wie über-
haupt von allen andern Säugthieren unverkennbar
auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird doch hof-
fentlich nie ein Naturforscher in praxi in Verlegen-
heit gekommen seyn, Menschen und Affen etwa zu
verwechseln. – Außerdem aber können ferner Geschö-
pfe aus noch so verschiedenen Classen manche theils
auffallende und unerwartete Ähnlichkeit mit einander
haben, ohne daß dadurch die dessen ungeachtet unver-
kennbare Verschiedenheit zwischen diesen Classen selbst
wegfallen dürfte. Man theilt z. B. die Thiere sehr
natürlich in warmblütige und kaltblütige; und rechnet
eben so natürlicher Weise die Säugethiere zu jenen
und hingegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb
irre zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so
ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein Igel
während seines Winterschlafs. – So gibt es in der
Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B. die Se-
pien, die sich von den übrigen Thieren dieser Classe
sehr auszeichnen, und dagegen manche auffallende
Ähnlichkeit mit den Fischen haben Aber niemand
wird meinen, deßhalb müsse nun die Scheidewand
zwischen der Classe der Fische und der Classe der Ge-

*) Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam
verbis exacte definire.
Gaubius.„Allein der Fehler liegt nicht am Unterscheidungsgrunde,
welcher stets wahr bleibt, sondern nur an der Schwierigkeit
in manchen Fällen zu finden.“
J. Aug. Unzer.
**) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir
im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der
Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. Videmus enim,
omnes rationes, quibus natura explicari solet, modos esse
tantummodo imaginandi, nec ullius rei naturam, sed tan-
tum imaginationis constitutionem indicare. Spinoza
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[6/0025] der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter für das, was sie sind *), richtig anerkennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheiden- den Merkzeichen ausfinden und angeben kann **). – So sagte z. B. Linné: nullum characterem hacte- „nus eruere potui, unde Homo a Simia internosca- tur.“ Nun glaube ich zwar in diesem Buche solche äußere Charaktere der Humanität angegeben zu ha- ben, wodurch sich der Mensch von den noch so men- schenähnlichen Affen (wie man sie nennt), so wie über- haupt von allen andern Säugthieren unverkennbar auszeichnet. Aber auch ohne dieselben wird doch hof- fentlich nie ein Naturforscher in praxi in Verlegen- heit gekommen seyn, Menschen und Affen etwa zu verwechseln. – Außerdem aber können ferner Geschö- pfe aus noch so verschiedenen Classen manche theils auffallende und unerwartete Ähnlichkeit mit einander haben, ohne daß dadurch die dessen ungeachtet unver- kennbare Verschiedenheit zwischen diesen Classen selbst wegfallen dürfte. Man theilt z. B. die Thiere sehr natürlich in warmblütige und kaltblütige; und rechnet eben so natürlicher Weise die Säugethiere zu jenen und hingegen die Insecten zu diesen; ohne je deßhalb irre zu werden, daß die Bienen in ihrem Stocke so ganz ohne Vergleich wärmer sind, als etwa ein Igel während seines Winterschlafs. – So gibt es in der Classe der Gewürme Geschlechter, wie z. B. die Se- pien, die sich von den übrigen Thieren dieser Classe sehr auszeichnen, und dagegen manche auffallende Ähnlichkeit mit den Fischen haben Aber niemand wird meinen, deßhalb müsse nun die Scheidewand zwischen der Classe der Fische und der Classe der Ge- *) „Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam verbis exacte definire.“ Gaubius. „Allein der Fehler liegt nicht am Unterscheidungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern nur an der Schwierigkeit in manchen Fällen zu finden.“ J. Aug. Unzer. **) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. Videmus enim, omnes rationes, quibus natura explicari solet, modos esse tantummodo imaginandi, nec ullius rei naturam, sed tan- tum imaginationis constitutionem indicare. Spinoza.

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  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/25>, abgerufen am 23.11.2024.