Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

bloß an den Sonnenblumen, sondern fast an allen
Gewächsen zu merken ist: zumahl in Treibhäusern,
wo sich oft die Blüthen so sehr nach der Hellung an
die Glasfenster drängen, als ob sie dawider gepreßt
wären*). Ferner bewegen sich manche Theile gewisser
Gewächse sehr lebhaft, wenn sie berührt werden; wie
z. B. die Blätter und Zweige des Fühlkrauts (mimo-
sa
pudica), oder der averrhoa carambola, oder die
vordern Blatt-Ansätze der Venus-Fliegenfalle (dio-
naea
muscipula), welche, wenn sich auch nur eine
Mücke darauf setzt, augenblücklich zusammenklappen
und das Insect zerdrücken.

§. 177.

Besonders merkwürdig ist aber die theils ausneh-
mend lebhafte Bewegung, die zur Befruchtungszeit
an den Geschlechtstheilen in vielen Zwitterblüthen be-
merkt wird; da z. B. die Staubfäden der gemeinen
Berberis, wenn sie auf ihrer innern Seite (wo sie
nach den Fruchtknoten hingerichtet sind) berührt werden,
(wenn sich z. B. ein Insect auf die Blüthe setzt, um
den Honigsaft aus dem Boden derselben zu ziehen)
einwärts schnellen und ihre männlichen Staubbeutel

*) Ein Beyspiel statt vieler von der Stärke dieses Zugs nach
dem Lichte: - In einem Keller, in welchem Wurzelwerk über
Winter aufbewahrt worden, und der nur oben an einer Seite
ein kleines Lichtloch hatte, war bey dem Ausräumen im Früh-
jahr unten in einem entgegengesetzten Winkel eine Kartossel
liegen geblieben, die nun einen Auslaufer getrieben hatte, der
erst 20 Fuß weit auf dem Boden hin, dann an der Wand in
die Höhe und so gerade nach dem Lichtloche fortgerankt war -
S. die Memoirs of the American Academy of arts and
scienses
zu Boston, Vol. II. P. I. p. 147.Vergl. auch Hrn. Legat. R. Bertuch's Beobachtungen an
der Indianischen Kresse im allgem. Deutschen Garten-Magaz.
1804. 5. St. S. 226 u. f.

bloß an den Sonnenblumen, sondern fast an allen
Gewächsen zu merken ist: zumahl in Treibhäusern,
wo sich oft die Blüthen so sehr nach der Hellung an
die Glasfenster drängen, als ob sie dawider gepreßt
wären*). Ferner bewegen sich manche Theile gewisser
Gewächse sehr lebhaft, wenn sie berührt werden; wie
z. B. die Blätter und Zweige des Fühlkrauts (mimo-
sa
pudica), oder der averrhoa carambola, oder die
vordern Blatt-Ansätze der Venus-Fliegenfalle (dio-
naea
muscipula), welche, wenn sich auch nur eine
Mücke darauf setzt, augenblücklich zusammenklappen
und das Insect zerdrücken.

§. 177.

Besonders merkwürdig ist aber die theils ausneh-
mend lebhafte Bewegung, die zur Befruchtungszeit
an den Geschlechtstheilen in vielen Zwitterblüthen be-
merkt wird; da z. B. die Staubfäden der gemeinen
Berberis, wenn sie auf ihrer innern Seite (wo sie
nach den Fruchtknoten hingerichtet sind) berührt werden,
(wenn sich z. B. ein Insect auf die Blüthe setzt, um
den Honigsaft aus dem Boden derselben zu ziehen)
einwärts schnellen und ihre männlichen Staubbeutel

*) Ein Beyspiel statt vieler von der Stärke dieses Zugs nach
dem Lichte: – In einem Keller, in welchem Wurzelwerk über
Winter aufbewahrt worden, und der nur oben an einer Seite
ein kleines Lichtloch hatte, war bey dem Ausräumen im Früh-
jahr unten in einem entgegengesetzten Winkel eine Kartossel
liegen geblieben, die nun einen Auslaufer getrieben hatte, der
erst 20 Fuß weit auf dem Boden hin, dann an der Wand in
die Höhe und so gerade nach dem Lichtloche fortgerankt war –
S. die Memoirs of the American Academy of arts and
scienses
zu Boston, Vol. II. P. I. p. 147.Vergl. auch Hrn. Legat. R. Bertuch's Beobachtungen an
der Indianischen Kresse im allgem. Deutschen Garten-Magaz.
1804. 5. St. S. 226 u. f.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xml:id="blume_hbnatur_000041">
    <group>
      <text xml:id="blume_hbnatur_000041_2" n="2">
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0449" xml:id="pb076_02_0001" n="76"/>
bloß an den Sonnenblumen, sondern fast an allen<lb/>
Gewächsen zu merken ist: zumahl in Treibhäusern,<lb/>
wo sich oft die Blüthen so sehr nach der Hellung an<lb/>
die Glasfenster drängen, als ob sie dawider gepreßt<lb/>
wären<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Ein Beyspiel statt vieler von der Stärke dieses <hi rendition="#g">Zugs</hi> nach<lb/>
dem Lichte: &#x2013; In einem Keller, in welchem Wurzelwerk über<lb/>
Winter aufbewahrt worden, und der nur oben an einer Seite<lb/>
ein kleines Lichtloch hatte, war bey dem Ausräumen im Früh-<lb/>
jahr unten in einem entgegengesetzten Winkel eine Kartossel<lb/>
liegen geblieben, die nun einen Auslaufer getrieben hatte, der<lb/>
erst 20 Fuß weit auf dem Boden hin, dann an der Wand in<lb/>
die Höhe und so gerade nach dem Lichtloche fortgerankt war &#x2013;<lb/>
S. die <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Memoirs of the American Academy of arts and<lb/>
scienses</hi></hi> <hi rendition="#g">zu Boston</hi>, <hi rendition="#aq">Vol</hi>. II. <hi rendition="#aq">P</hi>. I. <hi rendition="#aq">p</hi>. 147.</p><p>Vergl. auch Hrn. Legat. R. <hi rendition="#g">Bertuch's</hi> Beobachtungen an<lb/>
der Indianischen Kresse im allgem. Deutschen Garten-Magaz.<lb/>
1804. 5. St. S. 226 u. f.</p></note>. Ferner bewegen sich manche Theile gewisser<lb/>
Gewächse sehr lebhaft, wenn sie berührt werden; wie<lb/>
z. B. die Blätter und Zweige des Fühlkrauts (<hi rendition="#aq">mimo-<lb/>
sa</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">pudica</hi></hi>), oder der <hi rendition="#aq">averrhoa</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">carambola</hi></hi>, oder die<lb/>
vordern Blatt-Ansätze der Venus-Fliegenfalle (<hi rendition="#aq">dio-<lb/>
naea</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">muscipula</hi></hi>), welche, wenn sich auch nur eine<lb/>
Mücke darauf setzt, augenblücklich zusammenklappen<lb/>
und das Insect zerdrücken.</p>
            </div>
            <div n="2">
              <head rendition="#c">§. 177.</head><lb/>
              <p>Besonders merkwürdig ist aber die theils ausneh-<lb/>
mend lebhafte Bewegung, die zur Befruchtungszeit<lb/>
an den Geschlechtstheilen in vielen Zwitterblüthen be-<lb/>
merkt wird; da z. B. die Staubfäden der gemeinen<lb/>
Berberis, wenn sie auf ihrer innern Seite (wo sie<lb/>
nach den Fruchtknoten hingerichtet sind) berührt werden,<lb/>
(wenn sich z. B. ein Insect auf die Blüthe setzt, um<lb/>
den Honigsaft aus dem Boden derselben zu ziehen)<lb/>
einwärts schnellen und ihre männlichen Staubbeutel<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </text>
    </group>
  </text>
</TEI>
[76/0449] bloß an den Sonnenblumen, sondern fast an allen Gewächsen zu merken ist: zumahl in Treibhäusern, wo sich oft die Blüthen so sehr nach der Hellung an die Glasfenster drängen, als ob sie dawider gepreßt wären *). Ferner bewegen sich manche Theile gewisser Gewächse sehr lebhaft, wenn sie berührt werden; wie z. B. die Blätter und Zweige des Fühlkrauts (mimo- sa pudica), oder der averrhoa carambola, oder die vordern Blatt-Ansätze der Venus-Fliegenfalle (dio- naea muscipula), welche, wenn sich auch nur eine Mücke darauf setzt, augenblücklich zusammenklappen und das Insect zerdrücken. §. 177. Besonders merkwürdig ist aber die theils ausneh- mend lebhafte Bewegung, die zur Befruchtungszeit an den Geschlechtstheilen in vielen Zwitterblüthen be- merkt wird; da z. B. die Staubfäden der gemeinen Berberis, wenn sie auf ihrer innern Seite (wo sie nach den Fruchtknoten hingerichtet sind) berührt werden, (wenn sich z. B. ein Insect auf die Blüthe setzt, um den Honigsaft aus dem Boden derselben zu ziehen) einwärts schnellen und ihre männlichen Staubbeutel *) Ein Beyspiel statt vieler von der Stärke dieses Zugs nach dem Lichte: – In einem Keller, in welchem Wurzelwerk über Winter aufbewahrt worden, und der nur oben an einer Seite ein kleines Lichtloch hatte, war bey dem Ausräumen im Früh- jahr unten in einem entgegengesetzten Winkel eine Kartossel liegen geblieben, die nun einen Auslaufer getrieben hatte, der erst 20 Fuß weit auf dem Boden hin, dann an der Wand in die Höhe und so gerade nach dem Lichtloche fortgerankt war – S. die Memoirs of the American Academy of arts and scienses zu Boston, Vol. II. P. I. p. 147. Vergl. auch Hrn. Legat. R. Bertuch's Beobachtungen an der Indianischen Kresse im allgem. Deutschen Garten-Magaz. 1804. 5. St. S. 226 u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/449
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/449>, abgerufen am 23.11.2024.