Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

und da nun im freyen Naturzustande wohl
nur die Thiere von einer species sich mit
einander fruchtbar gatten, so versteht sich also
von selbst, daß das Wort species, in dem
Sinne wovon hier die Rede ist, durch kein
anderes deutsches Wort passender und bezeich-
nender und bestimmter ausgedrückt werden
konnte, als durch Gattung.

3. Daß aber die Homonymie des deutschen
Wortes Geschlecht, indem es sowohl genus
als sexus bedeutet, zu Irrung Anlaß geben
werde, ist wohl eben so wenig im Ernst zu
befürchten als bey dem lateinischen Worte
genus, das, wie wir in den Kinderjahren
in der Grammatik beym Unterschied der Worte
generis masculini oder feminini lernen,
auch statt sexus gebraucht wird.

4. Und wenn aber auch obbesagter Refor-
mator im Ernste so etwas befürchten zu
müssen meinte, so hätte er immerhin mögen
wer weiß was für ein Wort von eigener
Fabrik statt des ihm bedenklichen Geschlechts
vorschlagen; aber nichts konnte ihn berechti-
gen, die Landessprache - d. h. den bestimm-
ten einmahl festgesetzten Sinn der deutschen
Worte - (da man z. B. Menschenge-
schlecht etc. sagt so gut wie genus humanum)
zu verkehren! Denn, wie unser sel. Lich-

und da nun im freyen Naturzustande wohl
nur die Thiere von einer species sich mit
einander fruchtbar gatten, so versteht sich also
von selbst, daß das Wort species, in dem
Sinne wovon hier die Rede ist, durch kein
anderes deutsches Wort passender und bezeich-
nender und bestimmter ausgedrückt werden
konnte, als durch Gattung.

3. Daß aber die Homonymie des deutschen
Wortes Geschlecht, indem es sowohl genus
als sexus bedeutet, zu Irrung Anlaß geben
werde, ist wohl eben so wenig im Ernst zu
befürchten als bey dem lateinischen Worte
genus, das, wie wir in den Kinderjahren
in der Grammatik beym Unterschied der Worte
generis masculini oder feminini lernen,
auch statt sexus gebraucht wird.

4. Und wenn aber auch obbesagter Refor-
mator im Ernste so etwas befürchten zu
müssen meinte, so hätte er immerhin mögen
wer weiß was für ein Wort von eigener
Fabrik statt des ihm bedenklichen Geschlechts
vorschlagen; aber nichts konnte ihn berechti-
gen, die Landessprache – d. h. den bestimm-
ten einmahl festgesetzten Sinn der deutschen
Worte – (da man z. B. Menschenge-
schlecht ꝛc. sagt so gut wie genus humanum)
zu verkehren! Denn, wie unser sel. Lich-

<TEI>
  <text xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xml:id="blume_hbnatur_000032">
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <p><pb facs="#f0011" xml:id="pbVII_0001" n="VII"/>
und da nun im freyen Naturzustande wohl<lb/>
nur die Thiere von einer <hi rendition="#aq">species</hi> sich mit<lb/>
einander fruchtbar gatten, so versteht sich also<lb/>
von selbst, daß das Wort <hi rendition="#aq">species</hi>, in dem<lb/>
Sinne wovon hier die Rede ist, durch kein<lb/>
anderes deutsches Wort passender und bezeich-<lb/>
nender und bestimmter ausgedrückt werden<lb/>
konnte, als durch Gattung.</p>
        <p>3. Daß aber die Homonymie des deutschen<lb/>
Wortes Geschlecht, indem es sowohl <hi rendition="#aq">genus</hi><lb/>
als <hi rendition="#aq">sexus</hi> bedeutet, zu Irrung Anlaß geben<lb/>
werde, ist wohl eben so wenig im Ernst zu<lb/>
befürchten als bey dem lateinischen Worte<lb/><hi rendition="#aq">genus</hi>, das, wie wir in den Kinderjahren<lb/>
in der Grammatik beym Unterschied der Worte<lb/><hi rendition="#aq">generis masculini</hi> oder <hi rendition="#aq">feminini</hi> lernen,<lb/>
auch statt <hi rendition="#aq">sexus</hi> gebraucht wird.</p>
        <p>4. Und wenn aber auch obbesagter Refor-<lb/>
mator im Ernste so etwas befürchten zu<lb/>
müssen meinte, so hätte er immerhin mögen<lb/>
wer weiß was für ein Wort von eigener<lb/>
Fabrik statt des ihm bedenklichen Geschlechts<lb/>
vorschlagen; aber nichts konnte ihn berechti-<lb/>
gen, die Landessprache &#x2013; d. h. den bestimm-<lb/>
ten einmahl festgesetzten Sinn der deutschen<lb/>
Worte &#x2013; (da man z. B. Menschenge-<lb/>
schlecht &#xA75B;c. sagt so gut wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">genus</hi> humanum</hi>)<lb/>
zu verkehren! Denn, wie unser sel. Lich-<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VII/0011] und da nun im freyen Naturzustande wohl nur die Thiere von einer species sich mit einander fruchtbar gatten, so versteht sich also von selbst, daß das Wort species, in dem Sinne wovon hier die Rede ist, durch kein anderes deutsches Wort passender und bezeich- nender und bestimmter ausgedrückt werden konnte, als durch Gattung. 3. Daß aber die Homonymie des deutschen Wortes Geschlecht, indem es sowohl genus als sexus bedeutet, zu Irrung Anlaß geben werde, ist wohl eben so wenig im Ernst zu befürchten als bey dem lateinischen Worte genus, das, wie wir in den Kinderjahren in der Grammatik beym Unterschied der Worte generis masculini oder feminini lernen, auch statt sexus gebraucht wird. 4. Und wenn aber auch obbesagter Refor- mator im Ernste so etwas befürchten zu müssen meinte, so hätte er immerhin mögen wer weiß was für ein Wort von eigener Fabrik statt des ihm bedenklichen Geschlechts vorschlagen; aber nichts konnte ihn berechti- gen, die Landessprache – d. h. den bestimm- ten einmahl festgesetzten Sinn der deutschen Worte – (da man z. B. Menschenge- schlecht ꝛc. sagt so gut wie genus humanum) zu verkehren! Denn, wie unser sel. Lich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821/11
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 10. Aufl. Göttingen, 1821, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1821/11>, abgerufen am 23.11.2024.