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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

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also durch diese sonderbare Umstempelung nicht irre
führen lassen. - Und warum auch ich für meine
Person es hierin lieber beim Alten lasse, als mich
an jene Nachahmer anschließe, dafür habe ich fol-
gende Gründe:

1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache
kundige, deutsche Naturforscher (- und wer es
nicht weiß, der kann es aus Adelung's Wörter-
buch lernen -) was die ersts und Fundamental-
bedeutung des Wortes Geschlecht ist:

"Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gat-
tungen
der Dinge:"

Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wor-
tes Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an,
selbst aus des seiner Sprache höchst kundigen Lu-
ther's Bibel-Uebersetzung lernen.

Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung
auf Methodologie in der Naturgeschichte:

Die Gattungen schafft die Natur: der Sy-
stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaft-
lichen Aehnlichkeiten unter Geschlechter.

2. Eben so ausgemacht und bekannt ist aber
auch, daß hingegen das Wort Gattung von dem
Zeitworte sich gatten, abstammt; und da nun
im freien Naturzustande wohl nur die Thiere von
einer specie, sich mit einander fruchtbar gatten,

also durch diese sonderbare Umstempelung nicht irre
führen lassen. – Und warum auch ich für meine
Person es hierin lieber beim Alten lasse, als mich
an jene Nachahmer anschließe, dafür habe ich fol-
gende Gründe:

1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache
kundige, deutsche Naturforscher (– und wer es
nicht weiß, der kann es aus Adelung's Wörter-
buch lernen –) was die ersts und Fundamental-
bedeutung des Wortes Geschlecht ist:

„Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gat-
tungen
der Dinge:"

Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wor-
tes Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an,
selbst aus des seiner Sprache höchst kundigen Lu-
ther's Bibel-Uebersetzung lernen.

Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung
auf Methodologie in der Naturgeschichte:

Die Gattungen schafft die Natur: der Sy-
stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaft-
lichen Aehnlichkeiten unter Geschlechter.

2. Eben so ausgemacht und bekannt ist aber
auch, daß hingegen das Wort Gattung von dem
Zeitworte sich gatten, abstammt; und da nun
im freien Naturzustande wohl nur die Thiere von
einer specie, sich mit einander fruchtbar gatten,

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[V/0011] also durch diese sonderbare Umstempelung nicht irre führen lassen. – Und warum auch ich für meine Person es hierin lieber beim Alten lasse, als mich an jene Nachahmer anschließe, dafür habe ich fol- gende Gründe: 1. Hoffentlich weiß doch ein jeder, seiner Sprache kundige, deutsche Naturforscher (– und wer es nicht weiß, der kann es aus Adelung's Wörter- buch lernen –) was die ersts und Fundamental- bedeutung des Wortes Geschlecht ist: „Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gat- tungen der Dinge:" Dieß ist der wahre eigentliche Sinn des Wor- tes Geschlecht, wie wir ihn von Kindesbeinen an, selbst aus des seiner Sprache höchst kundigen Lu- ther's Bibel-Uebersetzung lernen. Dem zu Folge wissen wir also in Anwendung auf Methodologie in der Naturgeschichte: Die Gattungen schafft die Natur: der Sy- stematiker bringt sie nach ihren gemeinschaft- lichen Aehnlichkeiten unter Geschlechter. 2. Eben so ausgemacht und bekannt ist aber auch, daß hingegen das Wort Gattung von dem Zeitworte sich gatten, abstammt; und da nun im freien Naturzustande wohl nur die Thiere von einer specie, sich mit einander fruchtbar gatten,

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/11>, abgerufen am 30.04.2024.