Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 91.

Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen
täglichen Erholungsschlaf zu halten; - dage-
gen aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Er-
starrung zubringen; und das zwar theils einzeln,
theils, wie unsere hieländischen Frösche und Sala-
mander, in Haufen. Doch können auch diese gar
leicht des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus
Jahr ein wachend im Zimmer erhalten werden.

§. 92.

Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphi-
bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paa-
rungstrieb ist bei vielen so heftig, daß man z. B.
Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weib-
chens andere männliche Frösche oder Kröten oder gar
todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehre-
sten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paa-
rung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern
schlängeln sich in der Paarung mit dem Hinterleibe
aufs innigste um einander, und züngeln dabei mit
gebogenem Halse auf einander los. Die Wasser-
molche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern
das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein
Weibchen herum und bespritzt die Eierchen, so wie es
dieselben von sich gibt, von der Ferne.

§. 93.

Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Aus-
nahmen, eierlegende Thiere. Aber manche, zu-
mal unter den Schlangen etc., geben die Eier nicht
eher von sich, als bis das darin befindliche Junge
schon meist seine völlige Ausbildung erhalten hat. Die
Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.

Anm. Ein Salamander, den ich wenigstens vom
Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang völlig

§. 91.

Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen
täglichen Erholungsschlaf zu halten; – dage-
gen aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Er-
starrung zubringen; und das zwar theils einzeln,
theils, wie unsere hieländischen Frösche und Sala-
mander, in Haufen. Doch können auch diese gar
leicht des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus
Jahr ein wachend im Zimmer erhalten werden.

§. 92.

Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphi-
bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paa-
rungstrieb ist bei vielen so heftig, daß man z. B.
Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weib-
chens andere männliche Frösche oder Kröten oder gar
todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehre-
sten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paa-
rung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern
schlängeln sich in der Paarung mit dem Hinterleibe
aufs innigste um einander, und züngeln dabei mit
gebogenem Halse auf einander los. Die Wasser-
molche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern
das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein
Weibchen herum und bespritzt die Eierchen, so wie es
dieselben von sich gibt, von der Ferne.

§. 93.

Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Aus-
nahmen, eierlegende Thiere. Aber manche, zu-
mal unter den Schlangen ꝛc., geben die Eier nicht
eher von sich, als bis das darin befindliche Junge
schon meist seine völlige Ausbildung erhalten hat. Die
Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.

Anm. Ein Salamander, den ich wenigstens vom
Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang völlig

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000034">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0214" xml:id="pb196_0001" n="196"/>
          <head rendition="#c">§. 91.</head><lb/>
          <p>Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen<lb/>
täglichen <hi rendition="#g">Erholungsschlaf</hi> zu halten; &#x2013; dage-<lb/>
gen aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Er-<lb/>
starrung zubringen; und das zwar theils einzeln,<lb/>
theils, wie unsere hieländischen Frösche und Sala-<lb/>
mander, in Haufen. Doch können auch diese gar<lb/>
leicht des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus<lb/>
Jahr ein wachend im Zimmer erhalten werden.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 92.</head><lb/>
          <p>Das <hi rendition="#g">Fortpflanzungsgeschäft</hi> der Amphi-<lb/>
bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paa-<lb/>
rungstrieb ist bei vielen so heftig, daß man z. B.<lb/>
Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weib-<lb/>
chens andere männliche Frösche oder Kröten oder gar<lb/>
todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehre-<lb/>
sten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paa-<lb/>
rung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern<lb/>
schlängeln sich in der Paarung mit dem Hinterleibe<lb/>
aufs innigste um einander, und züngeln dabei mit<lb/>
gebogenem Halse auf einander los. Die Wasser-<lb/>
molche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern<lb/>
das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein<lb/>
Weibchen herum und bespritzt die Eierchen, so wie es<lb/>
dieselben von sich gibt, von der Ferne.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 93.</head><lb/>
          <p>Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Aus-<lb/>
nahmen, <hi rendition="#g">eierlegende</hi> Thiere. Aber manche, zu-<lb/>
mal unter den Schlangen &#xA75B;c., geben die Eier nicht<lb/>
eher von sich, als bis das darin befindliche Junge<lb/>
schon meist seine völlige Ausbildung erhalten hat. Die<lb/>
Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.</p>
          <p rendition="#small"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Ein Salamander, den ich wenigstens vom<lb/>
Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang völlig<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0214] §. 91. Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täglichen Erholungsschlaf zu halten; – dage- gen aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Er- starrung zubringen; und das zwar theils einzeln, theils, wie unsere hieländischen Frösche und Sala- mander, in Haufen. Doch können auch diese gar leicht des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend im Zimmer erhalten werden. §. 92. Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphi- bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paa- rungstrieb ist bei vielen so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weib- chens andere männliche Frösche oder Kröten oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehre- sten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paa- rung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paarung mit dem Hinterleibe aufs innigste um einander, und züngeln dabei mit gebogenem Halse auf einander los. Die Wasser- molche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein Weibchen herum und bespritzt die Eierchen, so wie es dieselben von sich gibt, von der Ferne. §. 93. Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Aus- nahmen, eierlegende Thiere. Aber manche, zu- mal unter den Schlangen ꝛc., geben die Eier nicht eher von sich, als bis das darin befindliche Junge schon meist seine völlige Ausbildung erhalten hat. Die Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus. Anm. Ein Salamander, den ich wenigstens vom Ende des Sommers an ganzer vier Monathe lang völlig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/214
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/214>, abgerufen am 24.11.2024.