cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organi- sirter Körper, so diese durch die allmähliche Ausar- tung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauem Sinne ein solcher durch Degeneration entstandener Charakter, der durch die Fortpflanzung unausbleiblich und noth- wendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen India- nern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den Spielarten keine nothwendige Folge ist; wie z B. wenn blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kinder zeugen*).
Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabseh- lichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen (Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Entscheidung in dergleichen Fällen keine andern in praxi anwendbare Regeln, als die, so aus des Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray, Büffon und andere angenommen haben, den Charakter von Species darnach zu bestimmen, wenn die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkommen- schaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und schwankend ist.
Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel ohnehin bei den unzähligen Thieren und Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fortpflanzen. (- s. unten §. 20. -), so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen un- überwindlicher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrika- nische Elephant zu einerlei Species gehören oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. E. bei der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Er-
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B. S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kautische Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.
cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organi- sirter Körper, so diese durch die allmähliche Ausar- tung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauem Sinne ein solcher durch Degeneration entstandener Charakter, der durch die Fortpflanzung unausbleiblich und noth- wendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern Mulatten, oder mit amerikanischen India- nern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den Spielarten keine nothwendige Folge ist; wie z B. wenn blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kinder zeugen*).
Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabseh- lichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen oder ursprünglich verschiedene Gattungen (Species) sind? Wenigstens gibt es dann zur Entscheidung in dergleichen Fällen keine andern in praxi anwendbare Regeln, als die, so aus des Analogie abstrahirt sind; da hingegen die, so Ray, Büffon und andere angenommen haben, den Charakter von Species darnach zu bestimmen, wenn die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkommen- schaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und schwankend ist.
Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel ohnehin bei den unzähligen Thieren und Pflanzen wegfällt, die sich ohne Paarung fortpflanzen. (– s. unten §. 20. –), so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen un- überwindlicher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrika- nische Elephant zu einerlei Species gehören oder nicht? Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. E. bei der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder, soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Er-
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B. S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kautische Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000034"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0040"xml:id="pb022_0001"n="22"/>
cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organi-<lb/>
sirter Körper, so diese durch die allmähliche Ausar-<lb/>
tung oder Degeneration erlitten haben.</p><p><hirendition="#g">Rasse</hi> heißt aber im genauem Sinne ein<lb/>
solcher durch Degeneration entstandener Charakter,<lb/>
der durch die Fortpflanzung unausbleiblich und noth-<lb/>
wendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den<lb/>
Negern Mulatten, oder mit amerikanischen India-<lb/>
nern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den<lb/><hirendition="#g">Spielarten</hi> keine nothwendige Folge ist; wie<lb/>
z B. wenn blauäugige Blonde mit braunäugigen<lb/>
Brünetten Kinder zeugen<noteanchored="true"place="foot"n="*)"><p>Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat<lb/>
zuerst <hirendition="#g">Kant</hi> genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B.<lb/>
S. 48. S. hiervon ausführlich <hirendition="#g">Girtanner</hi> über das Kautische<lb/>
Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.</p></note>.</p><prendition="#small"><hirendition="#g">Anm</hi>. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabseh-<lb/>
lichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so<lb/>
hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen<lb/>
oder ursprünglich verschiedene Gattungen (<hirendition="#aq">Species</hi>) sind?<lb/>
Wenigstens gibt es dann zur Entscheidung in dergleichen<lb/>
Fällen keine andern <hirendition="#aq">in praxi</hi> anwendbare Regeln, als<lb/>
die, so aus des Analogie abstrahirt sind; da hingegen<lb/>
die, so <hirendition="#g">Ray, Büffon</hi> und andere angenommen haben,<lb/>
den Charakter von <hirendition="#aq">Species</hi> darnach zu bestimmen, wenn<lb/>
die Geschöpfe mit einander <hirendition="#g">fruchtbare</hi> Nachkommen-<lb/>
schaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und<lb/>
schwankend ist.</p><p>Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel<lb/>
ohnehin bei den unzähligen Thieren und Pflanzen wegfällt, die<lb/>
sich ohne Paarung fortpflanzen. (– s. unten §. 20. –),<lb/>
so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen un-<lb/>
überwindlicher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei<lb/>
Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrika-<lb/>
nische Elephant zu einerlei <hirendition="#aq">Species</hi> gehören oder nicht?<lb/>
Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. E. bei<lb/>
der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder,<lb/>
soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Er-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[22/0040]
cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organi-
sirter Körper, so diese durch die allmähliche Ausar-
tung oder Degeneration erlitten haben.
Rasse heißt aber im genauem Sinne ein
solcher durch Degeneration entstandener Charakter,
der durch die Fortpflanzung unausbleiblich und noth-
wendig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den
Negern Mulatten, oder mit amerikanischen India-
nern Mestissen zeugen: welches hingegen bei den
Spielarten keine nothwendige Folge ist; wie
z B. wenn blauäugige Blonde mit braunäugigen
Brünetten Kinder zeugen *).
Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabseh-
lichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so
hält es oft schwer zu bestimmen, ob das bloße Rassen
oder ursprünglich verschiedene Gattungen (Species) sind?
Wenigstens gibt es dann zur Entscheidung in dergleichen
Fällen keine andern in praxi anwendbare Regeln, als
die, so aus des Analogie abstrahirt sind; da hingegen
die, so Ray, Büffon und andere angenommen haben,
den Charakter von Species darnach zu bestimmen, wenn
die Geschöpfe mit einander fruchtbare Nachkommen-
schaft zeugen, zu diesem Behuf sehr unzulänglich und
schwankend ist.
Denn abgerechnet, daß die Anwendung dieser Regel
ohnehin bei den unzähligen Thieren und Pflanzen wegfällt, die
sich ohne Paarung fortpflanzen. (– s. unten §. 20. –),
so findet sie auch in unzähligen andern Fällen wegen un-
überwindlicher Schwierigkeiten nicht Statt, wie z. B. bei
Entscheidung der Frage, ob der asiatische und der afrika-
nische Elephant zu einerlei Species gehören oder nicht?
Und selbst da, wo die Erfahrung Statt hat, wie z. E. bei
der Vermischung von Pferd und Esel, fragt sich wieder,
soll da der gewöhnliche oder aber der äußerst seltene Er-
*) Diesen Unterschied zwischen Rassen und Spielarten hat
zuerst Kant genau bestimmt, im deutschen Mercur 1788. I. B.
S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kautische
Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1797. 8.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/40>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.