Schildkröten weiß man, daß sie gegen anderthalb Jahre ohne alle Nahrung ausdauern können.
§. 88.
Die bei vielen Amphibien so ganz ausnehmende Leichtigkeit und Stärke ihrer Reproductionskraft (§. 19.), hat, wo ich nicht irre, in der obgedachten Stärke ihrer Nerven und hingegen respectiven Kleinheit ihres Gehirns (§. 29.) einen Grund: da folglich die erstern von letzterem minder abhängig sind; und überhaupt die ganze Maschine zwar schwächere Mo- bilität, weniger consensus zeigt, das ganze Leben der Am- phibien einfacher, und mehr bloß vegetativ scheint, als bei den warmblütigen Thieren, - aber dagegen die Glieder mehr mit eigenthümlicher, independenter Lebenskraft versehen sind. Und da folglich bei dieser mehr eigenthümlichen Lebenskraft der ein- zelnen Theile, nicht gleich jeder Stimulus, der auf Einen Theil, oder auf Ein System wirkt, sogleich, wie bei den warmblütigen Thieren, andere in Consensus zieht, so erklärt sich auch wohl überhaupt daher ihr zähes Leben, so daß Frösche, denen das Herz ausgerissen ist, doch noch umher hüpfen, und Schildkröten, denen das Gehirn aus dem Kopfe genommen worden, noch Monathe lang leben können; daher auch wohl die anhaltende Beweglichkeit der den Amphibien abgeschnittenen Thei- le, wie z. B. der Schwänze von Wassermolchen, Blindschlei- chen etc.*)
§. 89.
Zu Waffen und Vertheidigungsmitteln dient manchen Amphibien, zumal unter den Schlangen, ihr Gift; dem Salamander, der Feuerkröte etc. ihr milchichter Hautschaum den sie im Nothfall von sich geben: vielen auch wohl der speci- fike Geruch, den sie verbreiten; so zumal manche Schlangen, Kröten, Eidexen etc.
§. 90.
Die äußern Sinne scheinen bei den mehresten Amphibien von keiner sonderlichen Schärfe zu seyn. - Unter den innern zeichnet sich doch bei vielen das Gedächtniß aus, da man Bei- spiele selbst von Crocodilen und Kröten hat, die ihre Wohlthäter kennen gelernt und kirre geworden, und vollends viele Schlan- gen bekanntlich sich zu allerhand Gaukeleien abrichten lassen.
*) Ich habe diesen Gegenstand weiter ausgeführt im specimen physiol. comparatae inter animantia calidi et frigidi sanguinis; im VIII. B. der Commentat. Soc. reg. scientiar. Gotting.
Schildkröten weiß man, daß sie gegen anderthalb Jahre ohne alle Nahrung ausdauern können.
§. 88.
Die bei vielen Amphibien so ganz ausnehmende Leichtigkeit und Stärke ihrer Reproductionskraft (§. 19.), hat, wo ich nicht irre, in der obgedachten Stärke ihrer Nerven und hingegen respectiven Kleinheit ihres Gehirns (§. 29.) einen Grund: da folglich die erstern von letzterem minder abhängig sind; und überhaupt die ganze Maschine zwar schwächere Mo- bilität, weniger consensus zeigt, das ganze Leben der Am- phibien einfacher, und mehr bloß vegetativ scheint, als bei den warmblütigen Thieren, – aber dagegen die Glieder mehr mit eigenthümlicher, independenter Lebenskraft versehen sind. Und da folglich bei dieser mehr eigenthümlichen Lebenskraft der ein- zelnen Theile, nicht gleich jeder Stimulus, der auf Einen Theil, oder auf Ein System wirkt, sogleich, wie bei den warmblütigen Thieren, andere in Consensus zieht, so erklärt sich auch wohl überhaupt daher ihr zähes Leben, so daß Frösche, denen das Herz ausgerissen ist, doch noch umher hüpfen, und Schildkröten, denen das Gehirn aus dem Kopfe genommen worden, noch Monathe lang leben können; daher auch wohl die anhaltende Beweglichkeit der den Amphibien abgeschnittenen Thei- le, wie z. B. der Schwänze von Wassermolchen, Blindschlei- chen ꝛc.*)
§. 89.
Zu Waffen und Vertheidigungsmitteln dient manchen Amphibien, zumal unter den Schlangen, ihr Gift; dem Salamander, der Feuerkröte ꝛc. ihr milchichter Hautschaum den sie im Nothfall von sich geben: vielen auch wohl der speci- fike Geruch, den sie verbreiten; so zumal manche Schlangen, Kröten, Eidexen ꝛc.
§. 90.
Die äußern Sinne scheinen bei den mehresten Amphibien von keiner sonderlichen Schärfe zu seyn. – Unter den innern zeichnet sich doch bei vielen das Gedächtniß aus, da man Bei- spiele selbst von Crocodilen und Kröten hat, die ihre Wohlthäter kennen gelernt und kirre geworden, und vollends viele Schlan- gen bekanntlich sich zu allerhand Gaukeleien abrichten lassen.
*) Ich habe diesen Gegenstand weiter ausgeführt im specimen physiol. comparatae inter animantia calidi et frigidi sanguinis; im VIII. B. der Commentat. Soc. reg. scientiar. Gotting.
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Schildkröten weiß man, daß sie gegen anderthalb Jahre ohne
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§. 88.
Die bei vielen Amphibien so ganz ausnehmende Leichtigkeit
und Stärke ihrer Reproductionskraft (§. 19.), hat,
wo ich nicht irre, in der obgedachten Stärke ihrer Nerven und
hingegen respectiven Kleinheit ihres Gehirns (§. 29.) einen
Grund: da folglich die erstern von letzterem minder abhängig
sind; und überhaupt die ganze Maschine zwar schwächere Mo-
bilität, weniger consensus zeigt, das ganze Leben der Am-
phibien einfacher, und mehr bloß vegetativ scheint, als bei den
warmblütigen Thieren, – aber dagegen die Glieder mehr mit
eigenthümlicher, independenter Lebenskraft versehen sind. Und
da folglich bei dieser mehr eigenthümlichen Lebenskraft der ein-
zelnen Theile, nicht gleich jeder Stimulus, der auf Einen
Theil, oder auf Ein System wirkt, sogleich, wie bei den
warmblütigen Thieren, andere in Consensus zieht, so erklärt
sich auch wohl überhaupt daher ihr zähes Leben, so daß Frösche,
denen das Herz ausgerissen ist, doch noch umher hüpfen, und
Schildkröten, denen das Gehirn aus dem Kopfe genommen
worden, noch Monathe lang leben können; daher auch wohl die
anhaltende Beweglichkeit der den Amphibien abgeschnittenen Thei-
le, wie z. B. der Schwänze von Wassermolchen, Blindschlei-
chen ꝛc. *)
§. 89.
Zu Waffen und Vertheidigungsmitteln dient
manchen Amphibien, zumal unter den Schlangen, ihr Gift;
dem Salamander, der Feuerkröte ꝛc. ihr milchichter Hautschaum
den sie im Nothfall von sich geben: vielen auch wohl der speci-
fike Geruch, den sie verbreiten; so zumal manche Schlangen,
Kröten, Eidexen ꝛc.
§. 90.
Die äußern Sinne scheinen bei den mehresten Amphibien
von keiner sonderlichen Schärfe zu seyn. – Unter den innern
zeichnet sich doch bei vielen das Gedächtniß aus, da man Bei-
spiele selbst von Crocodilen und Kröten hat, die ihre Wohlthäter
kennen gelernt und kirre geworden, und vollends viele Schlan-
gen bekanntlich sich zu allerhand Gaukeleien abrichten lassen.
*) Ich habe diesen Gegenstand weiter ausgeführt im specimen
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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