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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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Hingegen finden sich bei den Thieren dieser Classe nur sehr we-
nige Spuren von wahren Kunsttrieben (§. 36.).

§. 91.

Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täglichen Er-
holungsschlaf
zu halten; - dagegen aber wohl alle die
kältern Wintermonathe in Erstarrung zuzubringen; und das
zwar theils einzeln, theils, wie unsere hieländischen Frösche und
Salamander, in Haufen. Doch können auch diese gar leicht
des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend
im Zimmer erhalten werden.

§. 92.

Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphibien hat
ungemein viel Sonderbares. Der Paarungstrieb ist bei vielen
so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermange-
lung eines Weibchens andere männliche Frösche oder Kröten
oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehresten
Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paarung mehrere
Tage, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der
Paarung mit dem Hinterleibe aufs innigste um einander, und
züngeln dabei mit gebogenem Halse auf einander los. Die
Wassermolche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern
das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein Weibchen
herum und bespritzt die Eierchen, so wie sie dieselben von sich
gibt, von der Ferne.

§. 93.

Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Ausnahmen,
eierlegende Thiere. Aber manche, zumal unter den Schlan-
gen etc. geben die Eier nicht eher von sich, als bis das darin
befindliche Junge schon meist seine völlige Ausbildung erhalten
hat. Die Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.

Anm. Ein Salamander, den ich wenigstens vom Ende des Som-
mers an ganzer vier Monathe lang völlig isolirt in einem Gla-
se gehalten, hat hierauf um Neujahr herum ganz unerwartet
binnen wenigen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier
eine ehemalige Befruchtung, auf eine noch weit längere Zeit
hinaus, als bei den Hühnern, ihre Wirksamkeit erhalten muß.

§. 94.

Die Frösche und Eidexen, die im Wasser jung werden,
kommen nicht gleich in ihrer vollkommnen Gestalt, sondern als
so genannte Larven zur Welt, und müssen sich erst noch einer
Art von Metamorphose unterziehen, ehe sie die Ausbildung
und den völligen Gebrauch aller ihrer Gliedmaßen erlangen.
Die kleinen Frösche z. B. (die so genannten Kaulquappen,

Hingegen finden sich bei den Thieren dieser Classe nur sehr we-
nige Spuren von wahren Kunsttrieben (§. 36.).

§. 91.

Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täglichen Er-
holungsschlaf
zu halten; – dagegen aber wohl alle die
kältern Wintermonathe in Erstarrung zuzubringen; und das
zwar theils einzeln, theils, wie unsere hieländischen Frösche und
Salamander, in Haufen. Doch können auch diese gar leicht
des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend
im Zimmer erhalten werden.

§. 92.

Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphibien hat
ungemein viel Sonderbares. Der Paarungstrieb ist bei vielen
so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermange-
lung eines Weibchens andere männliche Frösche oder Kröten
oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehresten
Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paarung mehrere
Tage, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der
Paarung mit dem Hinterleibe aufs innigste um einander, und
züngeln dabei mit gebogenem Halse auf einander los. Die
Wassermolche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern
das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein Weibchen
herum und bespritzt die Eierchen, so wie sie dieselben von sich
gibt, von der Ferne.

§. 93.

Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Ausnahmen,
eierlegende Thiere. Aber manche, zumal unter den Schlan-
gen ꝛc. geben die Eier nicht eher von sich, als bis das darin
befindliche Junge schon meist seine völlige Ausbildung erhalten
hat. Die Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus.

Anm. Ein Salamander, den ich wenigstens vom Ende des Som-
mers an ganzer vier Monathe lang völlig isolirt in einem Gla-
se gehalten, hat hierauf um Neujahr herum ganz unerwartet
binnen wenigen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier
eine ehemalige Befruchtung, auf eine noch weit längere Zeit
hinaus, als bei den Hühnern, ihre Wirksamkeit erhalten muß.

§. 94.

Die Frösche und Eidexen, die im Wasser jung werden,
kommen nicht gleich in ihrer vollkommnen Gestalt, sondern als
so genannte Larven zur Welt, und müssen sich erst noch einer
Art von Metamorphose unterziehen, ehe sie die Ausbildung
und den völligen Gebrauch aller ihrer Gliedmaßen erlangen.
Die kleinen Frösche z. B. (die so genannten Kaulquappen,

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[155/0165] Hingegen finden sich bei den Thieren dieser Classe nur sehr we- nige Spuren von wahren Kunsttrieben (§. 36.). §. 91. Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täglichen Er- holungsschlaf zu halten; – dagegen aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Erstarrung zuzubringen; und das zwar theils einzeln, theils, wie unsere hieländischen Frösche und Salamander, in Haufen. Doch können auch diese gar leicht des Winterschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend im Zimmer erhalten werden. §. 92. Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphibien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paarungstrieb ist bei vielen so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermange- lung eines Weibchens andere männliche Frösche oder Kröten oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bei den mehresten Fröschen und See-Schildkröten dauert die Paarung mehrere Tage, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paarung mit dem Hinterleibe aufs innigste um einander, und züngeln dabei mit gebogenem Halse auf einander los. Die Wassermolche hingegen umfassen einander gar nicht, sondern das Männchen schwimmt zur Brustzeit bloß um sein Weibchen herum und bespritzt die Eierchen, so wie sie dieselben von sich gibt, von der Ferne. §. 93. Die Amphibien sind, bis auf sehr wenige Ausnahmen, eierlegende Thiere. Aber manche, zumal unter den Schlan- gen ꝛc. geben die Eier nicht eher von sich, als bis das darin befindliche Junge schon meist seine völlige Ausbildung erhalten hat. Die Pipa heckt ihre Junge aus dem Rücken aus. Anm. Ein Salamander, den ich wenigstens vom Ende des Som- mers an ganzer vier Monathe lang völlig isolirt in einem Gla- se gehalten, hat hierauf um Neujahr herum ganz unerwartet binnen wenigen Tagen 34 Junge geheckt, so daß folglich hier eine ehemalige Befruchtung, auf eine noch weit längere Zeit hinaus, als bei den Hühnern, ihre Wirksamkeit erhalten muß. §. 94. Die Frösche und Eidexen, die im Wasser jung werden, kommen nicht gleich in ihrer vollkommnen Gestalt, sondern als so genannte Larven zur Welt, und müssen sich erst noch einer Art von Metamorphose unterziehen, ehe sie die Ausbildung und den völligen Gebrauch aller ihrer Gliedmaßen erlangen. Die kleinen Frösche z. B. (die so genannten Kaulquappen,

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/165>, abgerufen am 21.11.2024.