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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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in die Krone der Blüthe, zumal bei gefüllten Blumen etc.*);
auch daß man Bäume umgekehrt in die Erde pflanzen und da-
durch ihre Aeste in Wurzeln und diese hingegen in belaubte Ae-
ste umwandeln kann**).

§. 165.

Die aus jenen organischen Bestandtheilen zusammengesetz-
ten besondern Theile der Pflanzen, und ihre Geschäfte, las-
sen sich am füglichsten in die zur Selbsterhaltung, und in die
zur Fortpflanzung gehörigen, abtheilen. Von jenen zuerst.

§. 166.

Die Pflanzen ziehen die zu ihrer Selbsterhaltung nöthigen
Stoffe theils aus der Atmosphäre, theils aus dem Wasser oder
dem damit getränkten Boden. - Aus jener saugen sie Nah-
rung mittelst der unter ihrer Oberhaut, zumal auf den Blät-
tern, in unsäglicher Menge verbreiteten absorbirenden
Gefäße
: aus dem Wasser aber mittelst der Wurzelzasern,
womit die allermehrsten unmittelbar in der Erde; manche aber
(wie z. B. der Mistel, die Flachsseide, die Vanille etc.) als so
genannte Schmarotzer-Pflanzen (plantae parasiticae) an an-
dern Gewächsen***) festsitzen; da hingegen noch andere, wie
die Wasserlinsen (s. §. 3. Anm.) bloß auf dem Wasser
schwimmen.

§. 167.

Uebrigens scheint es bei aller dieser Verschiedenheit des Auf-
enthalts der Gewächse im Grunde doch immer darauf hinaus
zu kommen, daß ihnen das Wasser, sey es nun in tropfbar
flüssiger Form oder in Dünste aufgelöst, als Vehikel dient,
wodurch ihnen die Kohlensäure zugeführt wird, welche nach
Ingen-Housz's Untersuchungen+) wahrscheinlich einen

*) S. von Goethe Versuch die Metamorphose der Pflanzen
zu erklären
. Gotha, 1790. 8. Und besonders über die Identität der Knollen (z. B. der Kartof-
feln) und ihrer Stängel Dr. Westfeld in Voigt's neuem Maga-
zin VI. B. S. 371 u. f.
**) Ein Herr Marcellis hat auf seinem Landgute, Vogel-
sang, am Leidner Kanal bei Haarlem, eine ganze Linden-Allee auf
diese Weise gepflanzt.
***) Auch gibt es Pflanzen, die in der Erde eingewurzelt zu
seyn scheinen, und doch mit ihren Wurzelzasern immer an den Wur-
zeln gewisser andrer benachbarten Pflanzen ansitzen, und sich durch
dieselben nähren. So z. B. die hydnora africana an der euphor-
bia
mauritanica u. a. - S. schwed. Abhandl. XXXIX. B. S. 132.
+) s. Voigt's neues Magazin. I. B. 2tes St. 1798. S. 101. u. f.

in die Krone der Blüthe, zumal bei gefüllten Blumen ꝛc.*);
auch daß man Bäume umgekehrt in die Erde pflanzen und da-
durch ihre Aeste in Wurzeln und diese hingegen in belaubte Ae-
ste umwandeln kann**).

§. 165.

Die aus jenen organischen Bestandtheilen zusammengesetz-
ten besondern Theile der Pflanzen, und ihre Geschäfte, las-
sen sich am füglichsten in die zur Selbsterhaltung, und in die
zur Fortpflanzung gehörigen, abtheilen. Von jenen zuerst.

§. 166.

Die Pflanzen ziehen die zu ihrer Selbsterhaltung nöthigen
Stoffe theils aus der Atmosphäre, theils aus dem Wasser oder
dem damit getränkten Boden. – Aus jener saugen sie Nah-
rung mittelst der unter ihrer Oberhaut, zumal auf den Blät-
tern, in unsäglicher Menge verbreiteten absorbirenden
Gefäße
: aus dem Wasser aber mittelst der Wurzelzasern,
womit die allermehrsten unmittelbar in der Erde; manche aber
(wie z. B. der Mistel, die Flachsseide, die Vanille ꝛc.) als so
genannte Schmarotzer-Pflanzen (plantae parasiticae) an an-
dern Gewächsen***) festsitzen; da hingegen noch andere, wie
die Wasserlinsen (s. §. 3. Anm.) bloß auf dem Wasser
schwimmen.

§. 167.

Uebrigens scheint es bei aller dieser Verschiedenheit des Auf-
enthalts der Gewächse im Grunde doch immer darauf hinaus
zu kommen, daß ihnen das Wasser, sey es nun in tropfbar
flüssiger Form oder in Dünste aufgelöst, als Vehikel dient,
wodurch ihnen die Kohlensäure zugeführt wird, welche nach
Ingen-Housz's Untersuchungen†) wahrscheinlich einen

*) S. von Goethe Versuch die Metamorphose der Pflanzen
zu erklären
. Gotha, 1790. 8. Und besonders über die Identität der Knollen (z. B. der Kartof-
feln) und ihrer Stängel Dr. Westfeld in Voigt's neuem Maga-
zin VI. B. S. 371 u. f.
**) Ein Herr Marcellis hat auf seinem Landgute, Vogel-
sang, am Leidner Kanal bei Haarlem, eine ganze Linden-Allee auf
diese Weise gepflanzt.
***) Auch gibt es Pflanzen, die in der Erde eingewurzelt zu
seyn scheinen, und doch mit ihren Wurzelzasern immer an den Wur-
zeln gewisser andrer benachbarten Pflanzen ansitzen, und sich durch
dieselben nähren. So z. B. die hydnora africana an der euphor-
bia
mauritanica u. a. – S. schwed. Abhandl. XXXIX. B. S. 132.
†) s. Voigt's neues Magazin. I. B. 2tes St. 1798. S. 101. u. f.
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[335/0345] in die Krone der Blüthe, zumal bei gefüllten Blumen ꝛc. *); auch daß man Bäume umgekehrt in die Erde pflanzen und da- durch ihre Aeste in Wurzeln und diese hingegen in belaubte Ae- ste umwandeln kann **). §. 165. Die aus jenen organischen Bestandtheilen zusammengesetz- ten besondern Theile der Pflanzen, und ihre Geschäfte, las- sen sich am füglichsten in die zur Selbsterhaltung, und in die zur Fortpflanzung gehörigen, abtheilen. Von jenen zuerst. §. 166. Die Pflanzen ziehen die zu ihrer Selbsterhaltung nöthigen Stoffe theils aus der Atmosphäre, theils aus dem Wasser oder dem damit getränkten Boden. – Aus jener saugen sie Nah- rung mittelst der unter ihrer Oberhaut, zumal auf den Blät- tern, in unsäglicher Menge verbreiteten absorbirenden Gefäße: aus dem Wasser aber mittelst der Wurzelzasern, womit die allermehrsten unmittelbar in der Erde; manche aber (wie z. B. der Mistel, die Flachsseide, die Vanille ꝛc.) als so genannte Schmarotzer-Pflanzen (plantae parasiticae) an an- dern Gewächsen ***) festsitzen; da hingegen noch andere, wie die Wasserlinsen (s. §. 3. Anm.) bloß auf dem Wasser schwimmen. §. 167. Uebrigens scheint es bei aller dieser Verschiedenheit des Auf- enthalts der Gewächse im Grunde doch immer darauf hinaus zu kommen, daß ihnen das Wasser, sey es nun in tropfbar flüssiger Form oder in Dünste aufgelöst, als Vehikel dient, wodurch ihnen die Kohlensäure zugeführt wird, welche nach Ingen-Housz's Untersuchungen †) wahrscheinlich einen *) S. von Goethe Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Gotha, 1790. 8. Und besonders über die Identität der Knollen (z. B. der Kartof- feln) und ihrer Stängel Dr. Westfeld in Voigt's neuem Maga- zin VI. B. S. 371 u. f. **) Ein Herr Marcellis hat auf seinem Landgute, Vogel- sang, am Leidner Kanal bei Haarlem, eine ganze Linden-Allee auf diese Weise gepflanzt. ***) Auch gibt es Pflanzen, die in der Erde eingewurzelt zu seyn scheinen, und doch mit ihren Wurzelzasern immer an den Wur- zeln gewisser andrer benachbarten Pflanzen ansitzen, und sich durch dieselben nähren. So z. B. die hydnora africana an der euphor- bia mauritanica u. a. – S. schwed. Abhandl. XXXIX. B. S. 132. †) s. Voigt's neues Magazin. I. B. 2tes St. 1798. S. 101. u. f.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/345>, abgerufen am 22.11.2024.