a) geistliche Fürsten mit ihrem Hofstate und be- sondern Hoheitsrechten, Bischöfe, Aebte;
2) die niedere Geistlichkeit in mannichfaltigen Ab- stufungen und Gliederungen;
3) weltliche Grosze von hohem Adel, z. B. könig- liche Grafen oder sonst hohe Barone, in Italien Capitanei, welche meistens, insofern sie nicht Burgen daselbst besaszen, nur vorübergehend in den Städten lebten und ihren eigent- lichen Stammsitz auf dem Lande hatten;
4) ritterliche Familien, häufig auch mit Lehens- besitz auf dem Lande ausgestattet;
5) Ministerialen der geistlichen und weltlichen Herren;
6) Mittelfreie, in den romanischen Städten von Italien und Frankreich häufig die Nachkommen der römischen Decu- rionenfamilien, welche in der Stadt Grundeigenthum besaszen, oder germanische Freie, die sich in der Stadt auf eigenem Boden niedergelassen hatten und durch Vermögen und poli- tische Stellung ausgezeichnet waren;
7) einfache Gemeinfreie, aber noch mit Grund- eigenthum in der Stadt;
8) persönliche Freie, die aber auf Herrengütern in der Stadt wohnten und um deszwillen dem Hofrechte, z. B. einer Abtei unterworfen waren;
9) eine Menge höriger Leute verschiedener Herren, und in den mannichfaltigsten Verhältnissen, die einen selb- ständig lebend, als Handwerker,
10) die andern in Familienabhängigkeit, als Dienstboten, Gesellen u. s. f.
Die Verbindung aller dieser Bruchstücke der mittelalter- lichen Stände in Einer Stadt muszte mit der Zeit die Son- derung derselben auflösen und eine neue Mischung hervor- bringen. Gemeinsames Leben, gemeinsame Interessen und Schicksale, oft auch die Kämpfe der Parteien brachten die einen Bestandtheile den anderen näher, oder bewirkten neue
Vierzehntes Capitel. 3. Der Bürgerstand.
a) geistliche Fürsten mit ihrem Hofstate und be- sondern Hoheitsrechten, Bischöfe, Aebte;
2) die niedere Geistlichkeit in mannichfaltigen Ab- stufungen und Gliederungen;
3) weltliche Grosze von hohem Adel, z. B. könig- liche Grafen oder sonst hohe Barone, in Italien Capitanei, welche meistens, insofern sie nicht Burgen daselbst besaszen, nur vorübergehend in den Städten lebten und ihren eigent- lichen Stammsitz auf dem Lande hatten;
4) ritterliche Familien, häufig auch mit Lehens- besitz auf dem Lande ausgestattet;
5) Ministerialen der geistlichen und weltlichen Herren;
6) Mittelfreie, in den romanischen Städten von Italien und Frankreich häufig die Nachkommen der römischen Decu- rionenfamilien, welche in der Stadt Grundeigenthum besaszen, oder germanische Freie, die sich in der Stadt auf eigenem Boden niedergelassen hatten und durch Vermögen und poli- tische Stellung ausgezeichnet waren;
7) einfache Gemeinfreie, aber noch mit Grund- eigenthum in der Stadt;
8) persönliche Freie, die aber auf Herrengütern in der Stadt wohnten und um deszwillen dem Hofrechte, z. B. einer Abtei unterworfen waren;
9) eine Menge höriger Leute verschiedener Herren, und in den mannichfaltigsten Verhältnissen, die einen selb- ständig lebend, als Handwerker,
10) die andern in Familienabhängigkeit, als Dienstboten, Gesellen u. s. f.
Die Verbindung aller dieser Bruchstücke der mittelalter- lichen Stände in Einer Stadt muszte mit der Zeit die Son- derung derselben auflösen und eine neue Mischung hervor- bringen. Gemeinsames Leben, gemeinsame Interessen und Schicksale, oft auch die Kämpfe der Parteien brachten die einen Bestandtheile den anderen näher, oder bewirkten neue
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Vierzehntes Capitel. 3. Der Bürgerstand.
a) geistliche Fürsten mit ihrem Hofstate und be-
sondern Hoheitsrechten, Bischöfe, Aebte;
2) die niedere Geistlichkeit in mannichfaltigen Ab-
stufungen und Gliederungen;
3) weltliche Grosze von hohem Adel, z. B. könig-
liche Grafen oder sonst hohe Barone, in Italien Capitanei,
welche meistens, insofern sie nicht Burgen daselbst besaszen,
nur vorübergehend in den Städten lebten und ihren eigent-
lichen Stammsitz auf dem Lande hatten;
4) ritterliche Familien, häufig auch mit Lehens-
besitz auf dem Lande ausgestattet;
5) Ministerialen der geistlichen und weltlichen Herren;
6) Mittelfreie, in den romanischen Städten von Italien
und Frankreich häufig die Nachkommen der römischen Decu-
rionenfamilien, welche in der Stadt Grundeigenthum besaszen,
oder germanische Freie, die sich in der Stadt auf eigenem
Boden niedergelassen hatten und durch Vermögen und poli-
tische Stellung ausgezeichnet waren;
7) einfache Gemeinfreie, aber noch mit Grund-
eigenthum in der Stadt;
8) persönliche Freie, die aber auf Herrengütern in
der Stadt wohnten und um deszwillen dem Hofrechte, z. B.
einer Abtei unterworfen waren;
9) eine Menge höriger Leute verschiedener Herren,
und in den mannichfaltigsten Verhältnissen, die einen selb-
ständig lebend, als Handwerker,
10) die andern in Familienabhängigkeit, als Dienstboten,
Gesellen u. s. f.
Die Verbindung aller dieser Bruchstücke der mittelalter-
lichen Stände in Einer Stadt muszte mit der Zeit die Son-
derung derselben auflösen und eine neue Mischung hervor-
bringen. Gemeinsames Leben, gemeinsame Interessen und
Schicksale, oft auch die Kämpfe der Parteien brachten die
einen Bestandtheile den anderen näher, oder bewirkten neue
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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