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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats etc. Das Land.
kennbar bemüht ist, das Eigenthum möglichst vollkommen
auszubilden.

Die Aufhebung des Eigenthums im Sinne der Commu-
nisten würde den Untergang jeglicher individuellen Freiheit,
die Zerstörung der Cultur, die Auflösung der Familie, mit
Einem Worte eine Barbarei zur Folge haben, wie sie selbst
in den rohesten Zuständen der menschlichen Gesellschaft nie
da gewesen ist. 2

Scheinbar gemäszigter und humaner ist die Lehre der
Socialisten, aber ebenso verkehrt und minder noch conse-
quent. Als Vertreter dieser Ansicht mag Fröbel gelten,
welcher das Eigenthum nur als "Lehen der Statsgesellschaft
in der Hand seines Besitzers" gelten lassen will und das
Recht der Individuen nur als "eine Folge eines Gesammt-
willens anerkennt von Vielen, die eine souveräne Gesellschaft
bilden." 3 Diese Lehre miszkennt die individuelle Natur und
Freiheit des Menschen nicht minder als der Communismus;
und indem sie blosz von abgeleitetem und vorübergehendem
Besitze weisz, bietet sie uns das übertriebene Zerrbild des
mittelalterlichen Lehenswesens als Ersatz an für das freie
Eigenthum, welches eine höhere Gesittung glücklich errungen
hat. Es ist das die nämliche, nur mit demokratischen Phra-
sen umhängte Theorie der Knechtschaft, welche in den dun-
kelsten Zeiten der Geschichte eine niederträchtige Schmeiche-
lei willkürlichen Despoten gelehrt hatte.

Dem State kommt somit keineswegs absolute Verfügung
zu über das Privateigenthum. Vielmehr liegt dieses als Pri-
vatrecht zunächst auszerhalb der Sphäre des Statsrechtes.
Der Stat schafft das Eigenthum nicht und erhält es nicht, er
darf es daher auch nicht nehmen. Er schützt es, wie er

2 Vgl. Thiers De la propriete Liv. II., der vortrefflich in der Kritik
der communistischen und socialistischen Systeme, aber nicht glücklich in
der philosophischen Herleitung des Eigenthumsbegriffes (aus der Arbeit) ist.
3 Fröbel, sociale Politik II. S. 392 u. 400.

Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats etc. Das Land.
kennbar bemüht ist, das Eigenthum möglichst vollkommen
auszubilden.

Die Aufhebung des Eigenthums im Sinne der Commu-
nisten würde den Untergang jeglicher individuellen Freiheit,
die Zerstörung der Cultur, die Auflösung der Familie, mit
Einem Worte eine Barbarei zur Folge haben, wie sie selbst
in den rohesten Zuständen der menschlichen Gesellschaft nie
da gewesen ist. 2

Scheinbar gemäszigter und humaner ist die Lehre der
Socialisten, aber ebenso verkehrt und minder noch conse-
quent. Als Vertreter dieser Ansicht mag Fröbel gelten,
welcher das Eigenthum nur als „Lehen der Statsgesellschaft
in der Hand seines Besitzers“ gelten lassen will und das
Recht der Individuen nur als „eine Folge eines Gesammt-
willens anerkennt von Vielen, die eine souveräne Gesellschaft
bilden.“ 3 Diese Lehre miszkennt die individuelle Natur und
Freiheit des Menschen nicht minder als der Communismus;
und indem sie blosz von abgeleitetem und vorübergehendem
Besitze weisz, bietet sie uns das übertriebene Zerrbild des
mittelalterlichen Lehenswesens als Ersatz an für das freie
Eigenthum, welches eine höhere Gesittung glücklich errungen
hat. Es ist das die nämliche, nur mit demokratischen Phra-
sen umhängte Theorie der Knechtschaft, welche in den dun-
kelsten Zeiten der Geschichte eine niederträchtige Schmeiche-
lei willkürlichen Despoten gelehrt hatte.

Dem State kommt somit keineswegs absolute Verfügung
zu über das Privateigenthum. Vielmehr liegt dieses als Pri-
vatrecht zunächst auszerhalb der Sphäre des Statsrechtes.
Der Stat schafft das Eigenthum nicht und erhält es nicht, er
darf es daher auch nicht nehmen. Er schützt es, wie er

2 Vgl. Thiers De la propriété Liv. II., der vortrefflich in der Kritik
der communistischen und socialistischen Systeme, aber nicht glücklich in
der philosophischen Herleitung des Eigenthumsbegriffes (aus der Arbeit) ist.
3 Fröbel, sociale Politik II. S. 392 u. 400.
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[288/0306] Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats etc. Das Land. kennbar bemüht ist, das Eigenthum möglichst vollkommen auszubilden. Die Aufhebung des Eigenthums im Sinne der Commu- nisten würde den Untergang jeglicher individuellen Freiheit, die Zerstörung der Cultur, die Auflösung der Familie, mit Einem Worte eine Barbarei zur Folge haben, wie sie selbst in den rohesten Zuständen der menschlichen Gesellschaft nie da gewesen ist. 2 Scheinbar gemäszigter und humaner ist die Lehre der Socialisten, aber ebenso verkehrt und minder noch conse- quent. Als Vertreter dieser Ansicht mag Fröbel gelten, welcher das Eigenthum nur als „Lehen der Statsgesellschaft in der Hand seines Besitzers“ gelten lassen will und das Recht der Individuen nur als „eine Folge eines Gesammt- willens anerkennt von Vielen, die eine souveräne Gesellschaft bilden.“ 3 Diese Lehre miszkennt die individuelle Natur und Freiheit des Menschen nicht minder als der Communismus; und indem sie blosz von abgeleitetem und vorübergehendem Besitze weisz, bietet sie uns das übertriebene Zerrbild des mittelalterlichen Lehenswesens als Ersatz an für das freie Eigenthum, welches eine höhere Gesittung glücklich errungen hat. Es ist das die nämliche, nur mit demokratischen Phra- sen umhängte Theorie der Knechtschaft, welche in den dun- kelsten Zeiten der Geschichte eine niederträchtige Schmeiche- lei willkürlichen Despoten gelehrt hatte. Dem State kommt somit keineswegs absolute Verfügung zu über das Privateigenthum. Vielmehr liegt dieses als Pri- vatrecht zunächst auszerhalb der Sphäre des Statsrechtes. Der Stat schafft das Eigenthum nicht und erhält es nicht, er darf es daher auch nicht nehmen. Er schützt es, wie er 2 Vgl. Thiers De la propriété Liv. II., der vortrefflich in der Kritik der communistischen und socialistischen Systeme, aber nicht glücklich in der philosophischen Herleitung des Eigenthumsbegriffes (aus der Arbeit) ist. 3 Fröbel, sociale Politik II. S. 392 u. 400.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/306>, abgerufen am 22.11.2024.