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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Siebentes Capitel. VII. Verhältnisz des Stats zum Privateigenthum.
Besitz nehmen darf. An andern herrenlosen Sachen dagegen
erkennt auch das preuszische Landrecht die Occupationsfrei-
heit an. 8

b) Das englische Recht hält auch hierin die mittel-
alterliche Vorstellung strenger fest, indem es in der Regel
dem Könige das Eigenthum an herrenlosen Sachen zuschreibt. 9
Nur ausnahmsweise erkennt dasselbe an einzelnen beweg-
lichen
Sachen ein freies Occupationsrecht an. 10

c) Das französische Recht ist dem englischen ähnlich.
Es stellt ganz allgemein das Princip auf: "Die herrenlosen
Sachen gehören dem State." 11

d) Das österreichische Gesetz nähert sich dagegen
der römischen Ansicht. Es erkennt die umgekehrte Regel
an, dasz die herrenlosen Sachen (dort "freistehende Sachen"
genannt) der freien "Zueignung" anheimfallen. 12

5. In Folge der (politischen) Oberherrschaft des States
über Land und Leute, und aus seiner Verpflichtung, auch
das Nebeneinanderbestehen und das Nacheinander-
bestehen
der Individuen zu schützen. Dahin gehören die
Besteuerung und die sämmtlichen polizeilichen Be-
schränkungen des Privateigenthums.

6. In Folge des Rechtes der Enteignung (expropriatio).

Gewöhnlich nimmt man an, das Recht der Enteignung
sei von den Römern nicht anerkannt, vielmehr die Freiheit
des Eigenthums auch dann unbedingt geschützt worden, wenn
der Stat der Abtretung im Interesse allgemein nützlicher
Unternehmungen bedurft habe. Indessen steht nur so viel

8 Preusz. Ldr. II. 16. §. 1 ff.
9 Blackst. I. 8. führt eine Stelle von Bracton an:
"Haec quae
nullius in bonis sunt et olim fuerunt inventoris de jure naturali, jam
efficiuntur principis de jure gentium."
10 Blackst. II. 16. 26.
11 Code Civ. §. 713: " Les biens qui n'ont pas de ma<eitre appartiennent
a l'Etat." Vgl. §§. 539. 723. 768.
12 §. 381 ff.

Siebentes Capitel. VII. Verhältnisz des Stats zum Privateigenthum.
Besitz nehmen darf. An andern herrenlosen Sachen dagegen
erkennt auch das preuszische Landrecht die Occupationsfrei-
heit an. 8

b) Das englische Recht hält auch hierin die mittel-
alterliche Vorstellung strenger fest, indem es in der Regel
dem Könige das Eigenthum an herrenlosen Sachen zuschreibt. 9
Nur ausnahmsweise erkennt dasselbe an einzelnen beweg-
lichen
Sachen ein freies Occupationsrecht an. 10

c) Das französische Recht ist dem englischen ähnlich.
Es stellt ganz allgemein das Princip auf: „Die herrenlosen
Sachen gehören dem State.“ 11

d) Das österreichische Gesetz nähert sich dagegen
der römischen Ansicht. Es erkennt die umgekehrte Regel
an, dasz die herrenlosen Sachen (dort „freistehende Sachen“
genannt) der freien „Zueignung“ anheimfallen. 12

5. In Folge der (politischen) Oberherrschaft des States
über Land und Leute, und aus seiner Verpflichtung, auch
das Nebeneinanderbestehen und das Nacheinander-
bestehen
der Individuen zu schützen. Dahin gehören die
Besteuerung und die sämmtlichen polizeilichen Be-
schränkungen des Privateigenthums.

6. In Folge des Rechtes der Enteignung (expropriatio).

Gewöhnlich nimmt man an, das Recht der Enteignung
sei von den Römern nicht anerkannt, vielmehr die Freiheit
des Eigenthums auch dann unbedingt geschützt worden, wenn
der Stat der Abtretung im Interesse allgemein nützlicher
Unternehmungen bedurft habe. Indessen steht nur so viel

8 Preusz. Ldr. II. 16. §. 1 ff.
9 Blackst. I. 8. führt eine Stelle von Bracton an:
„Haec quae
nullius in bonis sunt et olim fuerunt inventoris de jure naturali, jam
efficiuntur principis de jure gentium.“
10 Blackst. II. 16. 26.
11 Code Civ. §. 713: „ Les biens qui n'ont pas de ma<ître appartiennent
à l'État.“ Vgl. §§. 539. 723. 768.
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[293/0311] Siebentes Capitel. VII. Verhältnisz des Stats zum Privateigenthum. Besitz nehmen darf. An andern herrenlosen Sachen dagegen erkennt auch das preuszische Landrecht die Occupationsfrei- heit an. 8 b) Das englische Recht hält auch hierin die mittel- alterliche Vorstellung strenger fest, indem es in der Regel dem Könige das Eigenthum an herrenlosen Sachen zuschreibt. 9 Nur ausnahmsweise erkennt dasselbe an einzelnen beweg- lichen Sachen ein freies Occupationsrecht an. 10 c) Das französische Recht ist dem englischen ähnlich. Es stellt ganz allgemein das Princip auf: „Die herrenlosen Sachen gehören dem State.“ 11 d) Das österreichische Gesetz nähert sich dagegen der römischen Ansicht. Es erkennt die umgekehrte Regel an, dasz die herrenlosen Sachen (dort „freistehende Sachen“ genannt) der freien „Zueignung“ anheimfallen. 12 5. In Folge der (politischen) Oberherrschaft des States über Land und Leute, und aus seiner Verpflichtung, auch das Nebeneinanderbestehen und das Nacheinander- bestehen der Individuen zu schützen. Dahin gehören die Besteuerung und die sämmtlichen polizeilichen Be- schränkungen des Privateigenthums. 6. In Folge des Rechtes der Enteignung (expropriatio). Gewöhnlich nimmt man an, das Recht der Enteignung sei von den Römern nicht anerkannt, vielmehr die Freiheit des Eigenthums auch dann unbedingt geschützt worden, wenn der Stat der Abtretung im Interesse allgemein nützlicher Unternehmungen bedurft habe. Indessen steht nur so viel 8 Preusz. Ldr. II. 16. §. 1 ff. 9 Blackst. I. 8. führt eine Stelle von Bracton an: „Haec quae nullius in bonis sunt et olim fuerunt inventoris de jure naturali, jam efficiuntur principis de jure gentium.“ 10 Blackst. II. 16. 26. 11 Code Civ. §. 713: „ Les biens qui n'ont pas de ma<ître appartiennent à l'État.“ Vgl. §§. 539. 723. 768. 12 §. 381 ff.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/311>, abgerufen am 22.11.2024.